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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Die Verwaltung der Grtspolizei in den Städten.

Bestimmung auch die weitere enthalte, daß "über die Beteiligung der Gemeinden
bei Verwaltung der Ortspolizei" das Gesetz entscheiden solle. Denn so gut das
Gesetz in allen Landesteilen die Polizeiverwaltung in erster Linie den Gemeinden,
wenigstens den Städte" übertragen hat, ebenso kann es ihnen dieselbe auch wieder
nehmen; es wird sogar nach den bestehenden Gesetzen regelmäßig nur der Be¬
willigung der betreffenden Geldmittel an die Negierung bedürfen, damit diese
auf dem Wege eines Ministerialbeschlnsses die Polizeiverwaltung, soweit sie auf
dieselbe verzichtet hat, wieder an sich ziehen kann.' Es wäre also auch auf dem
Boden der jetzigen Gesetzgebung vollkommen zulässig, daß der Staat die Polizei¬
verwaltung in den Städten selbst in die Hand nähme; es ließe sich aber auch,
falls es für nötig befunden werden sollte, nichts dagegen einwenden, daß man
zur Erreichung dieses Zweckes die Gesetzgebung abänderte; der eben erwähnte
Absatz des Artikels 105 der Verfassungsurkunde könnte dabei doch zur Ver¬
wirklichung gelangen, indem ein Teil dessen, was man zur Polizei rechnen kann,
von der Thätigkeit der Polizeiverwaltung abgetrennt und den Stadtverwaltungen
übertragen würde, damit die Auseinandersetzung zwischen Gemeindeverwaltung
und Polizei endlich einmal vollständig stattfände. Damit kommen wir zum
Schlüsse dieser Betrachtungen, nämlich zur Beantwortung der gewiß begründeten
Frage, was dann an Stelle der als falsch bezeichneten jetzigen Einrichtungen
treten solle.

Zunächst scheide man von der Polizei alles das aus, was, wenn auch von
der Wissenschaft zur Polizei gerechnet, doch mehr mit der örtlichen Verwaltung
zusammenhängt und deshalb ohne Mangel an Folgerichtigkeit besser der Ver¬
waltung des wirtschaftlichen Genieinwesens überlassen wird; dies lasse man auf
die Stadtverwaltung als einen integrirenden Bestandteil übergehen, alles andre
behalte man der Polizeiverwaltung vor. Man hat eine solche Trennung auf
dem Wege versucht, daß der Polizciverwaltung die Sicherheitspolizei, alles übrige
der Stadtverwaltung übertragen werden sollte; dies ist aber undurchführbar,
weil der Begriff der Sicherheitspolizei ein sehr bestrittener ist und weil es
Dinge giebt, welche sowohl in das Gebiet der Sicherheits- als auch in das der
Wvhlfcchrts- oder Ordnuugspolizei fallen, wie die Entscheidung des Ministers
des Innern zur Schlichtung des bekannten Streites über die Polizcivervrdnung
des Berliner Polizeipräsidiums bezüglich des Mährens mit Velocipeden beweist.

So weise man denn der Stadtverwaltung die Armenpolizei, die Beaufsichti¬
gung der Kost- (Halte-) Kinder, das Schulwesen und die Sorge für den richtigen
Schulbesuch, die Beaufsichtigung der Medizinalpersonen und -Anstalten einschlie߬
lich des Jmpfwesens zu, ferner das Feuerlöschwesen, die Herstellung und Instand-
haltung von Kirchhöfen, Straßen und Brücken, die Sorge für die Straßen¬
beleuchtung, die Beaufsichtigung der städtischen Anlagen und der Landwirtschaft,
den Forst- und Feldschütz, die Instandhaltung und Herstellung der Flußläufe,
Flußufer, Kanäle und Brunnen, die gewerblichen Konzessionen, soweit diese nicht


Die Verwaltung der Grtspolizei in den Städten.

Bestimmung auch die weitere enthalte, daß „über die Beteiligung der Gemeinden
bei Verwaltung der Ortspolizei" das Gesetz entscheiden solle. Denn so gut das
Gesetz in allen Landesteilen die Polizeiverwaltung in erster Linie den Gemeinden,
wenigstens den Städte» übertragen hat, ebenso kann es ihnen dieselbe auch wieder
nehmen; es wird sogar nach den bestehenden Gesetzen regelmäßig nur der Be¬
willigung der betreffenden Geldmittel an die Negierung bedürfen, damit diese
auf dem Wege eines Ministerialbeschlnsses die Polizeiverwaltung, soweit sie auf
dieselbe verzichtet hat, wieder an sich ziehen kann.' Es wäre also auch auf dem
Boden der jetzigen Gesetzgebung vollkommen zulässig, daß der Staat die Polizei¬
verwaltung in den Städten selbst in die Hand nähme; es ließe sich aber auch,
falls es für nötig befunden werden sollte, nichts dagegen einwenden, daß man
zur Erreichung dieses Zweckes die Gesetzgebung abänderte; der eben erwähnte
Absatz des Artikels 105 der Verfassungsurkunde könnte dabei doch zur Ver¬
wirklichung gelangen, indem ein Teil dessen, was man zur Polizei rechnen kann,
von der Thätigkeit der Polizeiverwaltung abgetrennt und den Stadtverwaltungen
übertragen würde, damit die Auseinandersetzung zwischen Gemeindeverwaltung
und Polizei endlich einmal vollständig stattfände. Damit kommen wir zum
Schlüsse dieser Betrachtungen, nämlich zur Beantwortung der gewiß begründeten
Frage, was dann an Stelle der als falsch bezeichneten jetzigen Einrichtungen
treten solle.

Zunächst scheide man von der Polizei alles das aus, was, wenn auch von
der Wissenschaft zur Polizei gerechnet, doch mehr mit der örtlichen Verwaltung
zusammenhängt und deshalb ohne Mangel an Folgerichtigkeit besser der Ver¬
waltung des wirtschaftlichen Genieinwesens überlassen wird; dies lasse man auf
die Stadtverwaltung als einen integrirenden Bestandteil übergehen, alles andre
behalte man der Polizeiverwaltung vor. Man hat eine solche Trennung auf
dem Wege versucht, daß der Polizciverwaltung die Sicherheitspolizei, alles übrige
der Stadtverwaltung übertragen werden sollte; dies ist aber undurchführbar,
weil der Begriff der Sicherheitspolizei ein sehr bestrittener ist und weil es
Dinge giebt, welche sowohl in das Gebiet der Sicherheits- als auch in das der
Wvhlfcchrts- oder Ordnuugspolizei fallen, wie die Entscheidung des Ministers
des Innern zur Schlichtung des bekannten Streites über die Polizcivervrdnung
des Berliner Polizeipräsidiums bezüglich des Mährens mit Velocipeden beweist.

So weise man denn der Stadtverwaltung die Armenpolizei, die Beaufsichti¬
gung der Kost- (Halte-) Kinder, das Schulwesen und die Sorge für den richtigen
Schulbesuch, die Beaufsichtigung der Medizinalpersonen und -Anstalten einschlie߬
lich des Jmpfwesens zu, ferner das Feuerlöschwesen, die Herstellung und Instand-
haltung von Kirchhöfen, Straßen und Brücken, die Sorge für die Straßen¬
beleuchtung, die Beaufsichtigung der städtischen Anlagen und der Landwirtschaft,
den Forst- und Feldschütz, die Instandhaltung und Herstellung der Flußläufe,
Flußufer, Kanäle und Brunnen, die gewerblichen Konzessionen, soweit diese nicht


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[0256] Die Verwaltung der Grtspolizei in den Städten. Bestimmung auch die weitere enthalte, daß „über die Beteiligung der Gemeinden bei Verwaltung der Ortspolizei" das Gesetz entscheiden solle. Denn so gut das Gesetz in allen Landesteilen die Polizeiverwaltung in erster Linie den Gemeinden, wenigstens den Städte» übertragen hat, ebenso kann es ihnen dieselbe auch wieder nehmen; es wird sogar nach den bestehenden Gesetzen regelmäßig nur der Be¬ willigung der betreffenden Geldmittel an die Negierung bedürfen, damit diese auf dem Wege eines Ministerialbeschlnsses die Polizeiverwaltung, soweit sie auf dieselbe verzichtet hat, wieder an sich ziehen kann.' Es wäre also auch auf dem Boden der jetzigen Gesetzgebung vollkommen zulässig, daß der Staat die Polizei¬ verwaltung in den Städten selbst in die Hand nähme; es ließe sich aber auch, falls es für nötig befunden werden sollte, nichts dagegen einwenden, daß man zur Erreichung dieses Zweckes die Gesetzgebung abänderte; der eben erwähnte Absatz des Artikels 105 der Verfassungsurkunde könnte dabei doch zur Ver¬ wirklichung gelangen, indem ein Teil dessen, was man zur Polizei rechnen kann, von der Thätigkeit der Polizeiverwaltung abgetrennt und den Stadtverwaltungen übertragen würde, damit die Auseinandersetzung zwischen Gemeindeverwaltung und Polizei endlich einmal vollständig stattfände. Damit kommen wir zum Schlüsse dieser Betrachtungen, nämlich zur Beantwortung der gewiß begründeten Frage, was dann an Stelle der als falsch bezeichneten jetzigen Einrichtungen treten solle. Zunächst scheide man von der Polizei alles das aus, was, wenn auch von der Wissenschaft zur Polizei gerechnet, doch mehr mit der örtlichen Verwaltung zusammenhängt und deshalb ohne Mangel an Folgerichtigkeit besser der Ver¬ waltung des wirtschaftlichen Genieinwesens überlassen wird; dies lasse man auf die Stadtverwaltung als einen integrirenden Bestandteil übergehen, alles andre behalte man der Polizeiverwaltung vor. Man hat eine solche Trennung auf dem Wege versucht, daß der Polizciverwaltung die Sicherheitspolizei, alles übrige der Stadtverwaltung übertragen werden sollte; dies ist aber undurchführbar, weil der Begriff der Sicherheitspolizei ein sehr bestrittener ist und weil es Dinge giebt, welche sowohl in das Gebiet der Sicherheits- als auch in das der Wvhlfcchrts- oder Ordnuugspolizei fallen, wie die Entscheidung des Ministers des Innern zur Schlichtung des bekannten Streites über die Polizcivervrdnung des Berliner Polizeipräsidiums bezüglich des Mährens mit Velocipeden beweist. So weise man denn der Stadtverwaltung die Armenpolizei, die Beaufsichti¬ gung der Kost- (Halte-) Kinder, das Schulwesen und die Sorge für den richtigen Schulbesuch, die Beaufsichtigung der Medizinalpersonen und -Anstalten einschlie߬ lich des Jmpfwesens zu, ferner das Feuerlöschwesen, die Herstellung und Instand- haltung von Kirchhöfen, Straßen und Brücken, die Sorge für die Straßen¬ beleuchtung, die Beaufsichtigung der städtischen Anlagen und der Landwirtschaft, den Forst- und Feldschütz, die Instandhaltung und Herstellung der Flußläufe, Flußufer, Kanäle und Brunnen, die gewerblichen Konzessionen, soweit diese nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/256>, abgerufen am 25.08.2024.