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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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"großen Feldopcrationen" unterwiesen. Da die Anstalt keine Akademie, sondern
eine Schule sein sollte, so mußten auch die Zöglinge stets von dem Gelernten
Rechenschaft abgeben. Wenn auch das Hauptgewicht, und zwar mit vollem
Rechte, ans den theoretischen Unterricht gelegt wurde, so wurde doch auch die
Praktische Ausbildung der Artilleristen nicht im mindesten vernachlässigt: drei
Monate in jedem Jahr waren rein praktischen Übungen gewidmet, und die
Zöglinge wurden zu diesem Zwecke in ein Artillerieregiment gesteckt.

"Vielleicht, daß Scharnhorst bereits an der Einrichtung der Schule einen
Anteil hatte, welchen die triimmerhafte Überlieferung nicht mehr erkennen läßt;
jedenfalls billigte er das Grundprinzip der Schule aus vollster Überzeugung."
In ihrem Interesse war er mich literarisch thätig. Der Unterricht war dadurch
sehr erschwert, daß die Zöglinge kein Nachschlagebuch hatten; es mußte viele
Zeit, die besser hätte verwandt werden können, mit Diktircn vergeudet werden.
Diesem Mißstände half Scharnhorst >durch Abfassung eines ..Handbuches für
Offiziere in den anwendbaren Teilen der Kriegswissenschaften" (Hannover 1787)
ab. Es war auf sechs Teile angelegt, aber nnr die drei ersten erschienen, in
welchen die Artillerie, die Verschanzuugslunst und die Taktik behandelt waren.
An Stelle der übrigen drei Teile, welche der Einrichtung und Verteidigung der
Festungen, den Lagern, den Anordnungen der Märsche, den Schlachtordnungen und
Winterquartieren gewidmet sein sollten, trat einige Jahre später (1794), freilich
uicht ganz damit sich deckend, das sehr instruktive Buch: "Der Unterricht des
Königs von Preußen an die Generale seiner Armee." Darin befand sich eine
neue Ausgabe der von den Österreichern auf Grund einer in ihre Hände ge-
fallenen Abschrift bereits im Jahre 1760 publizirten "General-Principia vom
Kriege" des großen Königs. Scharnhorst war der Ansicht, daß dieselben weit
besser als sonst ein Werk zu einem Leitfaden für den Unterricht in der Kriegs¬
kunst geeignet wären. Nein praktischen Zwecken diente dagegen das nicht gerade
zum Unterricht bestimmte..Militärische Taschenbuch zu", Gebrauch im Felde."
welches Scharnhorst zuerst im Jahre 1792 veröffentlichte; man findet darin
Belehrung über den Patrouillen- und Fcldwachendienst, über das Verhalten
während des Marsches und bei Überfällen, über den Bau. den Angriff und die
Verteidigung von feste" Plätzen und andres mehr. Das kleine Buch wurde fo
beifällig aufgenommen, daß es bereits nach einem Jahre eine zweite Auflage
erlebte, der später noch einige teils von dem Verfasser, teils von einem Freunde
desselben neubecirbcitete folgten.

Zu dieser didaktischen Zwecken dienenden literarischen Thätigkeit kam bald
auch eine reiche journalistische. Scharnhvsts Aufsätze finden sich größtenteils
in der von ihm selbst herausgegebenen Zeitschrift: "Die Militär.Bibliothek."
deren Titel später in "Bibliothek für Offiziere" geändert wurde. Ju dieser
Zeitschrift trat er mit aller Entschiedenheit schon für die großen Reformen ein,
welche ein Jahrzehnt später eine völlige Umwälzung in dem ganz veralteten


„großen Feldopcrationen" unterwiesen. Da die Anstalt keine Akademie, sondern
eine Schule sein sollte, so mußten auch die Zöglinge stets von dem Gelernten
Rechenschaft abgeben. Wenn auch das Hauptgewicht, und zwar mit vollem
Rechte, ans den theoretischen Unterricht gelegt wurde, so wurde doch auch die
Praktische Ausbildung der Artilleristen nicht im mindesten vernachlässigt: drei
Monate in jedem Jahr waren rein praktischen Übungen gewidmet, und die
Zöglinge wurden zu diesem Zwecke in ein Artillerieregiment gesteckt.

„Vielleicht, daß Scharnhorst bereits an der Einrichtung der Schule einen
Anteil hatte, welchen die triimmerhafte Überlieferung nicht mehr erkennen läßt;
jedenfalls billigte er das Grundprinzip der Schule aus vollster Überzeugung."
In ihrem Interesse war er mich literarisch thätig. Der Unterricht war dadurch
sehr erschwert, daß die Zöglinge kein Nachschlagebuch hatten; es mußte viele
Zeit, die besser hätte verwandt werden können, mit Diktircn vergeudet werden.
Diesem Mißstände half Scharnhorst >durch Abfassung eines ..Handbuches für
Offiziere in den anwendbaren Teilen der Kriegswissenschaften" (Hannover 1787)
ab. Es war auf sechs Teile angelegt, aber nnr die drei ersten erschienen, in
welchen die Artillerie, die Verschanzuugslunst und die Taktik behandelt waren.
An Stelle der übrigen drei Teile, welche der Einrichtung und Verteidigung der
Festungen, den Lagern, den Anordnungen der Märsche, den Schlachtordnungen und
Winterquartieren gewidmet sein sollten, trat einige Jahre später (1794), freilich
uicht ganz damit sich deckend, das sehr instruktive Buch: „Der Unterricht des
Königs von Preußen an die Generale seiner Armee." Darin befand sich eine
neue Ausgabe der von den Österreichern auf Grund einer in ihre Hände ge-
fallenen Abschrift bereits im Jahre 1760 publizirten „General-Principia vom
Kriege" des großen Königs. Scharnhorst war der Ansicht, daß dieselben weit
besser als sonst ein Werk zu einem Leitfaden für den Unterricht in der Kriegs¬
kunst geeignet wären. Nein praktischen Zwecken diente dagegen das nicht gerade
zum Unterricht bestimmte..Militärische Taschenbuch zu», Gebrauch im Felde."
welches Scharnhorst zuerst im Jahre 1792 veröffentlichte; man findet darin
Belehrung über den Patrouillen- und Fcldwachendienst, über das Verhalten
während des Marsches und bei Überfällen, über den Bau. den Angriff und die
Verteidigung von feste» Plätzen und andres mehr. Das kleine Buch wurde fo
beifällig aufgenommen, daß es bereits nach einem Jahre eine zweite Auflage
erlebte, der später noch einige teils von dem Verfasser, teils von einem Freunde
desselben neubecirbcitete folgten.

Zu dieser didaktischen Zwecken dienenden literarischen Thätigkeit kam bald
auch eine reiche journalistische. Scharnhvsts Aufsätze finden sich größtenteils
in der von ihm selbst herausgegebenen Zeitschrift: „Die Militär.Bibliothek."
deren Titel später in „Bibliothek für Offiziere" geändert wurde. Ju dieser
Zeitschrift trat er mit aller Entschiedenheit schon für die großen Reformen ein,
welche ein Jahrzehnt später eine völlige Umwälzung in dem ganz veralteten


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[0019] „großen Feldopcrationen" unterwiesen. Da die Anstalt keine Akademie, sondern eine Schule sein sollte, so mußten auch die Zöglinge stets von dem Gelernten Rechenschaft abgeben. Wenn auch das Hauptgewicht, und zwar mit vollem Rechte, ans den theoretischen Unterricht gelegt wurde, so wurde doch auch die Praktische Ausbildung der Artilleristen nicht im mindesten vernachlässigt: drei Monate in jedem Jahr waren rein praktischen Übungen gewidmet, und die Zöglinge wurden zu diesem Zwecke in ein Artillerieregiment gesteckt. „Vielleicht, daß Scharnhorst bereits an der Einrichtung der Schule einen Anteil hatte, welchen die triimmerhafte Überlieferung nicht mehr erkennen läßt; jedenfalls billigte er das Grundprinzip der Schule aus vollster Überzeugung." In ihrem Interesse war er mich literarisch thätig. Der Unterricht war dadurch sehr erschwert, daß die Zöglinge kein Nachschlagebuch hatten; es mußte viele Zeit, die besser hätte verwandt werden können, mit Diktircn vergeudet werden. Diesem Mißstände half Scharnhorst >durch Abfassung eines ..Handbuches für Offiziere in den anwendbaren Teilen der Kriegswissenschaften" (Hannover 1787) ab. Es war auf sechs Teile angelegt, aber nnr die drei ersten erschienen, in welchen die Artillerie, die Verschanzuugslunst und die Taktik behandelt waren. An Stelle der übrigen drei Teile, welche der Einrichtung und Verteidigung der Festungen, den Lagern, den Anordnungen der Märsche, den Schlachtordnungen und Winterquartieren gewidmet sein sollten, trat einige Jahre später (1794), freilich uicht ganz damit sich deckend, das sehr instruktive Buch: „Der Unterricht des Königs von Preußen an die Generale seiner Armee." Darin befand sich eine neue Ausgabe der von den Österreichern auf Grund einer in ihre Hände ge- fallenen Abschrift bereits im Jahre 1760 publizirten „General-Principia vom Kriege" des großen Königs. Scharnhorst war der Ansicht, daß dieselben weit besser als sonst ein Werk zu einem Leitfaden für den Unterricht in der Kriegs¬ kunst geeignet wären. Nein praktischen Zwecken diente dagegen das nicht gerade zum Unterricht bestimmte..Militärische Taschenbuch zu», Gebrauch im Felde." welches Scharnhorst zuerst im Jahre 1792 veröffentlichte; man findet darin Belehrung über den Patrouillen- und Fcldwachendienst, über das Verhalten während des Marsches und bei Überfällen, über den Bau. den Angriff und die Verteidigung von feste» Plätzen und andres mehr. Das kleine Buch wurde fo beifällig aufgenommen, daß es bereits nach einem Jahre eine zweite Auflage erlebte, der später noch einige teils von dem Verfasser, teils von einem Freunde desselben neubecirbcitete folgten. Zu dieser didaktischen Zwecken dienenden literarischen Thätigkeit kam bald auch eine reiche journalistische. Scharnhvsts Aufsätze finden sich größtenteils in der von ihm selbst herausgegebenen Zeitschrift: „Die Militär.Bibliothek." deren Titel später in „Bibliothek für Offiziere" geändert wurde. Ju dieser Zeitschrift trat er mit aller Entschiedenheit schon für die großen Reformen ein, welche ein Jahrzehnt später eine völlige Umwälzung in dem ganz veralteten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/19>, abgerufen am 03.07.2024.