Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.LamoLns. voll Camoens' Blick von einer Gestalt zur andern flog, er mußte rasch erkennen, So oft hatte Luis Camoens diese Stunde voransgetränmt, daß er jetzt Bist du schou lange bei der Truppe, Fernau? fragte der Dichter, den die Grenzboten III. 1886. 18
LamoLns. voll Camoens' Blick von einer Gestalt zur andern flog, er mußte rasch erkennen, So oft hatte Luis Camoens diese Stunde voransgetränmt, daß er jetzt Bist du schou lange bei der Truppe, Fernau? fragte der Dichter, den die Grenzboten III. 1886. 18
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LamoLns.
voll Camoens' Blick von einer Gestalt zur andern flog, er mußte rasch erkennen,
daß sie, um die er bangte, so wenig dort sei als in dem Gotteshause. Sie
hatte dem König in Cintra Lebewohl gesagt, sie wollte ihren Schmerz um die
Trennung von ihm nicht öffentlich zeigen — Camoens erblickte in düsterm Nach¬
sinnen neue Hindernisse auf dem Wege zu Catarinas Herzen! Doch was auch
kommen mochte, jetzt wenigstens wollte er freier atmen, wollte er der Minute
gewiß sein, in welcher der König den Fuß ins Voot und aufs Schiff setzte.
Und so zwang er sich, dem königlichen Zuge entgegenzublicken, der, von der
Kirche herankommend, zum Teil die Ufertrcppcn erreicht hatte und sich angesichts
der Flotte dichter zusammendrängte.
So oft hatte Luis Camoens diese Stunde voransgetränmt, daß er jetzt
auf das volle Leben im strahlenden Mvrgensonnenschciu wie auf ein Traum¬
bild hinblickte. schimmernde, bunte Gewänder, goldne Ketten und Gürtel, Zier¬
raten aller Art, silbern leuchtende Harnische, funkelnde Schwertgriffe und
Schwerter glänzten um den König, der unter dein purpurnen Banner mit den
goldnen Kastellen und den blauen Schilden stand, dus an Bord seines Schiffes
entfaltet werden sollte. Prunkvoll erschienen die Schaaren der jungen Edelleute,
der Leibwächter, welche Dom Sebastian zu Hunderten umgaben. Umso dürftiger
und unzulänglicher war die Ausstattung und Bewaffnung der Hunderte von ge¬
wöhnlichen Kriegern, die rechts und links von den aus der Kirche hervorgeströmten
Schaaren der Einschiffung entgegensahen. Eine Verwirrung, in der niemand
mehr ordnete und befahl, herrschte sichtlich unter den deutschen Soldknechten,
unter der Schaar der Lissaboner Bürgerssöhne, welche sich weigerten, ihre»
Platz in der Nähe des Königs zu räumen. Dazu wuchs das Getöse an Bord
der Schiffe, schwere Tritte, Ketten und Ankerklirren, Trompetensignale, hundert¬
fache Rufe und ein dumpfes, eintöniges Geräusch klangen durcheinander, da¬
zwischen scholl schreckhaft das Krachen zusammenstoßender Transportschiffe von
der rechten Seite des Hafens. Die Aufregung der abschiednehmenden wie
der müßig gaffenden Gruppen ringsumher wuchs und ergriff auch deu Dichter,
er grüßte mit Hand und Mund eine Reihe von Bekannten, die zum Heere
des Königs gehörten und fragte sich dazwischen wieder, wie lange Dom Se¬
bastian noch zu zögern gedenke? Mit einemmale hörte er sich aus einem Trupp
von jungen Kriegern angerufen, die eben auf der Ufertreppe dicht unter ihm in
die schwankenden Boote einsteigen wollten. Er sah hinab, und ein Bursche ans
Barretos Dörfern, den er ein paarmal im Schloß zu Almocegcma gesehen, grüßte,
die Lederkappe schwingend, zu ihm herauf: Mit Gott, Senhor Luis! Grüßt
den Herrn, sobald Ihr ihn seht! Er hatte seinen Leuten allen untersagt, der
Werbetrommel zuzulaufen. Ich habe es doch nicht lassen können, legt ein Wort
für mich ein, er soll mir nicht zürnen, wenn ich glücklich heimkehre.
Bist du schou lange bei der Truppe, Fernau? fragte der Dichter, den die
unverhoffte Mahnung an Almocogema wundersam berührt hatte. Wann hast
Grenzboten III. 1886. 18
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