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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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nicht eingehender gewürdigten Knnstdenkmüler besprochen werden und über neue
Ausgrabungen auf stndtrömischem Voden berichtet wird. Daß die Schriften der
verschiednen Akademien der einheimischen archäologischen Forschung offenstehen,
möge nur kurz erwähnt sein. Das Beispiel Deutschlands mußte aber auch für
Frankreich Anlaß zur Nachahmung bieten, und umsomehr, als die französischen
Gelehrten -- unter ihnen besonders der kunstsinnige Duc de Luhncs -- na¬
mentlich in den dreißiger und vierziger Jahren als Hauptförderer des deutschen
Unternehmens sich erwiesen, ja einen Teil der Publikationen als Organ einer
französischen Abteilung des römischen Instituts selbständig geleitet hatten. 1844
bereits war unter Letronne's Leitung die L,0?ut A'Llluolog'lamp begründet worden;
1846 gründete das Ministerium zur Hebung der griechischen Studien in Frank¬
reich die ^vois si'M<)!ii8ö (I'^tdviiLs, als deren besondres Organ seit 1877 das
Lullötin av vorrösxonclMvc; llolllwianv erscheint. Ferner ward zur wissen-
schaftlichen Ergänzung der alten ^.viMnllv as ?rs.nov in Rom 1875 die Loole
frxmhNtiö Ä'iU'e1i0o1oU"z an> liowe eröffnet, die im wesentlichen dieselbe" Ziele
verfolgt wie die deutsche Schwesteranstalt. Endlich besitzt auch Griechenland
in der Lxlwmöris MNiiioloNlco jetzt eine selbständige wissenschaftliche Zeitschrift.

Daß alle diese Zeitschriften nicht mehr den universellen Standpunkt ver¬
treten konnten wie in früherer Zeit, ergiebt sich aus der einfachen Logik der
Thatsachen. Das selbständige Vorgehen Italiens und Frankreichs und die
dadurch geschaffene Konkurrenz hatte zur Folge, daß die auswärtigen Ge¬
lehrten ihre wissenschaftlichen Forschungen der eignen nationalen Sache zu Gute
kommen ließen, ja daß bei Publikation besonders wertvoller und allgemeines
Interesse beanspruchender Kunstdenkmäler das Prioritätsrecht der Veröffentlichung
mit Entschiedenheit gewahrt und den Deutschen nicht zugestanden wurde. Während
die Bünde der .'uuwü in den ersten Jahrzehnten eine große Reihe von Namen
fremder Gelehrten auszuweisen hatten, werden diese in den spätern Jahren weniger
zahlreich, bis sie schließlich fast ganz verschwinden. Die Mitarbeiter der letzten
Jahre sind mit ganz vereinzelter Ausnahme nur Deutsche. Ein deutsches, auf
Kohle" der Ncichsregierung herausgegebenes Unternehmen, für welches fast nur
Deutsche arbeiteten, erschien also -- in italienischer Sprache! War es da nicht
zu erwarten, daß Stimmen laut wurden, die ein Hervorheben des Deutschtums
mit Entschiedenheit verlangten? Es wäre wunderbar gewesen, wenn dies nicht
geschehen wäre.

In der ersten Nummer des Jahrganges 1885 der "Kölnischen Zeitung"
veröffentlichte Professor Jhre in Heidelberg einen Artikel, der darauf hinwies,
daß durch Ausschließung der deutschen Sprache bei den im Winter im Institut statt¬
findenden Sitzungen der deutsche Charakter desselben in einer nicht zu billigenden
Weise verleugnet werde. Eine von maßgebender Seite ausgehende Verfügung
verlangte, daß dem abgeholfen und daß auch in der Herausgabe der Jnstitnts-
schriften eine dementsprechend^! Abänderung getroffen werde. Der Erlaß hatte


nicht eingehender gewürdigten Knnstdenkmüler besprochen werden und über neue
Ausgrabungen auf stndtrömischem Voden berichtet wird. Daß die Schriften der
verschiednen Akademien der einheimischen archäologischen Forschung offenstehen,
möge nur kurz erwähnt sein. Das Beispiel Deutschlands mußte aber auch für
Frankreich Anlaß zur Nachahmung bieten, und umsomehr, als die französischen
Gelehrten — unter ihnen besonders der kunstsinnige Duc de Luhncs — na¬
mentlich in den dreißiger und vierziger Jahren als Hauptförderer des deutschen
Unternehmens sich erwiesen, ja einen Teil der Publikationen als Organ einer
französischen Abteilung des römischen Instituts selbständig geleitet hatten. 1844
bereits war unter Letronne's Leitung die L,0?ut A'Llluolog'lamp begründet worden;
1846 gründete das Ministerium zur Hebung der griechischen Studien in Frank¬
reich die ^vois si'M<)!ii8ö (I'^tdviiLs, als deren besondres Organ seit 1877 das
Lullötin av vorrösxonclMvc; llolllwianv erscheint. Ferner ward zur wissen-
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verfolgt wie die deutsche Schwesteranstalt. Endlich besitzt auch Griechenland
in der Lxlwmöris MNiiioloNlco jetzt eine selbständige wissenschaftliche Zeitschrift.

Daß alle diese Zeitschriften nicht mehr den universellen Standpunkt ver¬
treten konnten wie in früherer Zeit, ergiebt sich aus der einfachen Logik der
Thatsachen. Das selbständige Vorgehen Italiens und Frankreichs und die
dadurch geschaffene Konkurrenz hatte zur Folge, daß die auswärtigen Ge¬
lehrten ihre wissenschaftlichen Forschungen der eignen nationalen Sache zu Gute
kommen ließen, ja daß bei Publikation besonders wertvoller und allgemeines
Interesse beanspruchender Kunstdenkmäler das Prioritätsrecht der Veröffentlichung
mit Entschiedenheit gewahrt und den Deutschen nicht zugestanden wurde. Während
die Bünde der .'uuwü in den ersten Jahrzehnten eine große Reihe von Namen
fremder Gelehrten auszuweisen hatten, werden diese in den spätern Jahren weniger
zahlreich, bis sie schließlich fast ganz verschwinden. Die Mitarbeiter der letzten
Jahre sind mit ganz vereinzelter Ausnahme nur Deutsche. Ein deutsches, auf
Kohle» der Ncichsregierung herausgegebenes Unternehmen, für welches fast nur
Deutsche arbeiteten, erschien also — in italienischer Sprache! War es da nicht
zu erwarten, daß Stimmen laut wurden, die ein Hervorheben des Deutschtums
mit Entschiedenheit verlangten? Es wäre wunderbar gewesen, wenn dies nicht
geschehen wäre.

In der ersten Nummer des Jahrganges 1885 der „Kölnischen Zeitung"
veröffentlichte Professor Jhre in Heidelberg einen Artikel, der darauf hinwies,
daß durch Ausschließung der deutschen Sprache bei den im Winter im Institut statt¬
findenden Sitzungen der deutsche Charakter desselben in einer nicht zu billigenden
Weise verleugnet werde. Eine von maßgebender Seite ausgehende Verfügung
verlangte, daß dem abgeholfen und daß auch in der Herausgabe der Jnstitnts-
schriften eine dementsprechend^! Abänderung getroffen werde. Der Erlaß hatte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/130>, abgerufen am 22.07.2024.