Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Lcunoens. das sie drohen sah, von seinem Haupte wenden könne. Der junge Fürst über¬ Dürft Ihr wirklich noch zweifeln, Herr? fragte sie mit sanftem Vor¬ Er vermochte nur stumm zu nicken, die Wellen des Glückes rauschten zu Er preßte seine Lippen noch einmal auf ihren heißen Mund und eilte Während die kurze Sommernacht das Königsschloß und die Hauptstadt Lcunoens. das sie drohen sah, von seinem Haupte wenden könne. Der junge Fürst über¬ Dürft Ihr wirklich noch zweifeln, Herr? fragte sie mit sanftem Vor¬ Er vermochte nur stumm zu nicken, die Wellen des Glückes rauschten zu Er preßte seine Lippen noch einmal auf ihren heißen Mund und eilte Während die kurze Sommernacht das Königsschloß und die Hauptstadt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0101" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198821"/> <fw type="header" place="top"> Lcunoens.</fw><lb/> <p xml:id="ID_284" prev="#ID_283"> das sie drohen sah, von seinem Haupte wenden könne. Der junge Fürst über¬<lb/> ließ sich einige Minuten dem berauschenden Gefühle dieses Alleinseins, dann aber<lb/> fuhr er empor: Ich muß Sorge tragen, daß auf meinem Schiffe, in meinem<lb/> Zelte und hier alles zu deiner Aufnahme bereitet werde, wenn du mir unwider¬<lb/> ruflich folgen willst, Catarinci.</p><lb/> <p xml:id="ID_285"> Dürft Ihr wirklich noch zweifeln, Herr? fragte sie mit sanftem Vor¬<lb/> würfe. Kann ich auch wiedernehmen, was ich Euch eben gegeben habe? Richtet<lb/> alles ein, wie Ihr es für gut und passend erachtet, aber sorgt, daß ich Euch<lb/> sicher zur Seite bleiben darf, Euer Mahl, Euer Zelt teile, keine Stunde ohne<lb/> Euch sein muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_286"> Er vermochte nur stumm zu nicken, die Wellen des Glückes rauschten zu<lb/> jäh, zu stnrzähnlich über seine Seele, er mußte einige Minuten hinweg, es war<lb/> mehr zu bedenken, und er bedachte mehr, als die Liebende ahnte. Ohne Zögern<lb/> öffnete er die Thür zu dem letzten Gemache seiner Wohnung, es war sein eignes<lb/> Schlafzimmer. Sein Haupt zu Boden senkend, um sich den Anblick ihres Er-<lb/> glühens zu ersparen, deutete er über die Schwelle: Harre kurze Zeit hier, teure<lb/> Herrin, hier wirst du sicher sein! Ich rufe rnsch Simao und noch einen meiner<lb/> Diener, der mit mir geht, sie und dein alter Miraflores sollen die Einzigen<lb/> sein, die um das Geheimnis wissen!</p><lb/> <p xml:id="ID_287"> Er preßte seine Lippen noch einmal auf ihren heißen Mund und eilte<lb/> nach dem Vorgemach, in das er vorhin den Begleiter der Gräfin hinwcggeschickt<lb/> hatte. Noch unter der Thür warf er einen glühenden Blick nach Catarina und<lb/> gleich darauf einen scheuen nach dem Bilde seines Schutzheiligen über dem Bet-<lb/> schemel. Es zog ihn gewaltsam, unwiderstehlich nach dem Lichte zurück, in dem<lb/> er Katarinas Gesicht und Gestalt erblickte, und doch fühlte er zugleich eine ge¬<lb/> heime Regung, dem ersehnten, endlich beschworner Glücke zu entfliehen und<lb/> wiederum allein in die Nacht hiuausznsteuern, die inzwischen angebrochen war.</p><lb/> <p xml:id="ID_288" next="#ID_289"> Während die kurze Sommernacht das Königsschloß und die Hauptstadt<lb/> nmdunkelte, trat gleichwohl keine völlige Ruhe und Stille ein. Durch die finstern<lb/> Straßen und Gassen klangen noch lange nach Mitternacht die taktmäßigen Tritte<lb/> einziehender Krieger, im Hafen flammten die Lichter am Bord der Schiffe auf<lb/> und verstummten die befehlenden Rufe nicht, zwischen Schloß und Hafen herrschte<lb/> ein gedämpftes Geräusch, aus dem von Zeit zu Zeit das Stampfen und Wiehern<lb/> von Pferden, das Geklirr von Waffen lauter hörbar ward. Und sobald die<lb/> Dunkelheit in den ersten fahlen Morgenschein überging, sprang das bewegte<lb/> Leben, das wilde Getöse des verflossenen Abends wie aus tausend verborgnen<lb/> Quellen wieder empor und dnrchranschtc als ein wirbelnder Strom die große<lb/> Stadt. Die Thore des Palastes waren noch fest geschlossen, die dichten purpur-<lb/> sammetnen Vorhänge hinter den Fenstern der königlichen Gemächer wehrten<lb/> noch das Eindringen des Tageslichtes ab, das schon in die Hofe des weiten<lb/> Gebäudes fiel und auch hier Hunderte zu ihren letzten Zurüstungen erweckte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0101]
Lcunoens.
das sie drohen sah, von seinem Haupte wenden könne. Der junge Fürst über¬
ließ sich einige Minuten dem berauschenden Gefühle dieses Alleinseins, dann aber
fuhr er empor: Ich muß Sorge tragen, daß auf meinem Schiffe, in meinem
Zelte und hier alles zu deiner Aufnahme bereitet werde, wenn du mir unwider¬
ruflich folgen willst, Catarinci.
Dürft Ihr wirklich noch zweifeln, Herr? fragte sie mit sanftem Vor¬
würfe. Kann ich auch wiedernehmen, was ich Euch eben gegeben habe? Richtet
alles ein, wie Ihr es für gut und passend erachtet, aber sorgt, daß ich Euch
sicher zur Seite bleiben darf, Euer Mahl, Euer Zelt teile, keine Stunde ohne
Euch sein muß.
Er vermochte nur stumm zu nicken, die Wellen des Glückes rauschten zu
jäh, zu stnrzähnlich über seine Seele, er mußte einige Minuten hinweg, es war
mehr zu bedenken, und er bedachte mehr, als die Liebende ahnte. Ohne Zögern
öffnete er die Thür zu dem letzten Gemache seiner Wohnung, es war sein eignes
Schlafzimmer. Sein Haupt zu Boden senkend, um sich den Anblick ihres Er-
glühens zu ersparen, deutete er über die Schwelle: Harre kurze Zeit hier, teure
Herrin, hier wirst du sicher sein! Ich rufe rnsch Simao und noch einen meiner
Diener, der mit mir geht, sie und dein alter Miraflores sollen die Einzigen
sein, die um das Geheimnis wissen!
Er preßte seine Lippen noch einmal auf ihren heißen Mund und eilte
nach dem Vorgemach, in das er vorhin den Begleiter der Gräfin hinwcggeschickt
hatte. Noch unter der Thür warf er einen glühenden Blick nach Catarina und
gleich darauf einen scheuen nach dem Bilde seines Schutzheiligen über dem Bet-
schemel. Es zog ihn gewaltsam, unwiderstehlich nach dem Lichte zurück, in dem
er Katarinas Gesicht und Gestalt erblickte, und doch fühlte er zugleich eine ge¬
heime Regung, dem ersehnten, endlich beschworner Glücke zu entfliehen und
wiederum allein in die Nacht hiuausznsteuern, die inzwischen angebrochen war.
Während die kurze Sommernacht das Königsschloß und die Hauptstadt
nmdunkelte, trat gleichwohl keine völlige Ruhe und Stille ein. Durch die finstern
Straßen und Gassen klangen noch lange nach Mitternacht die taktmäßigen Tritte
einziehender Krieger, im Hafen flammten die Lichter am Bord der Schiffe auf
und verstummten die befehlenden Rufe nicht, zwischen Schloß und Hafen herrschte
ein gedämpftes Geräusch, aus dem von Zeit zu Zeit das Stampfen und Wiehern
von Pferden, das Geklirr von Waffen lauter hörbar ward. Und sobald die
Dunkelheit in den ersten fahlen Morgenschein überging, sprang das bewegte
Leben, das wilde Getöse des verflossenen Abends wie aus tausend verborgnen
Quellen wieder empor und dnrchranschtc als ein wirbelnder Strom die große
Stadt. Die Thore des Palastes waren noch fest geschlossen, die dichten purpur-
sammetnen Vorhänge hinter den Fenstern der königlichen Gemächer wehrten
noch das Eindringen des Tageslichtes ab, das schon in die Hofe des weiten
Gebäudes fiel und auch hier Hunderte zu ihren letzten Zurüstungen erweckte.
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