Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Camoens. zu finden. Er trat höflich grüßend zurück, Vcirreto aber spürte kein Verlangen, Dort hinten tritt eben wieder des Königs geistlicher Rat zusammen, Dom Nicht doch, Manuel -- diesmal habt Ihr Unrecht! entgegnete der Fidalgo, Glaubs wer kann! versetzte Barreto und blickte wiederum nach der Zimmer¬ Er überließ es Evora, über das Vernommene nachzudenken; durch die In dem Gemache, welches Manuel Barreto vor dem Prior von Belem Camoens. zu finden. Er trat höflich grüßend zurück, Vcirreto aber spürte kein Verlangen, Dort hinten tritt eben wieder des Königs geistlicher Rat zusammen, Dom Nicht doch, Manuel — diesmal habt Ihr Unrecht! entgegnete der Fidalgo, Glaubs wer kann! versetzte Barreto und blickte wiederum nach der Zimmer¬ Er überließ es Evora, über das Vernommene nachzudenken; durch die In dem Gemache, welches Manuel Barreto vor dem Prior von Belem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0095" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198161"/> <fw type="header" place="top"> Camoens.</fw><lb/> <p xml:id="ID_249" prev="#ID_248"> zu finden. Er trat höflich grüßend zurück, Vcirreto aber spürte kein Verlangen,<lb/> in der Nähe gerade dieser Müuner zu verweilen. Er ging an ihnen vorüber<lb/> und hatte das Gefühl, daß ihm die Blicke aller folgten, es war ihm selbst, als<lb/> ob sich die Schritte eines oder des andern der kleinen Gesellschaft an seine<lb/> Sohlen hefteten, aber er blickte nicht eher hinter sich, als bis ihn das bunte<lb/> Gewühl der vorder» Zimmer und Säle aufs neue umfig. Dann versagte er<lb/> sich nicht, dem graubärtigen Pedro Evora, seinem Kampfgefährten aus Indien,<lb/> mit einer zornigen Geberde zuzuflüstern:</p><lb/> <p xml:id="ID_250"> Dort hinten tritt eben wieder des Königs geistlicher Rat zusammen, Dom<lb/> Joao von Belem hat den Vorsitz. Was sie reden, ist vom Übel, was sie<lb/> raten, ist Unheil — wir Werdens morgen oder etliche Tage später verspüren!</p><lb/> <p xml:id="ID_251"> Nicht doch, Manuel — diesmal habt Ihr Unrecht! entgegnete der Fidalgo,<lb/> Wenn Ihr hente den König beobachtet hättet, wie ich oder Euer poetischer<lb/> Freund, so würdet Ihr nicht zweifeln, daß eine neue Zeit im Anzüge ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_252"> Glaubs wer kann! versetzte Barreto und blickte wiederum nach der Zimmer¬<lb/> reihe zurück, von der er herkam. Ihr laßt Euch heute alle von einem Traume<lb/> wiegen, aus dem man Euch mißtönig aufwecken wird. Ich hoffe auf nichts,<lb/> bevor nicht der König den Prior von Belem in das letzte algarbische Kloster<lb/> verbannt; Ihr wißt recht wohl, daß dies niemals geschehen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_253"> Er überließ es Evora, über das Vernommene nachzudenken; durch die<lb/> offne Thür des großen Hauptsaales bemerkte er eben, daß Camoens, wie vom<lb/> Beginn des Abends an, fast unbeweglich in dem Kreise von Edelleuten ver¬<lb/> harrte, welcher den König umgab. Dom Sebastian aber stand im eifrigen Ge¬<lb/> spräche mit der Herzogin von Braganza und ihrer schönen Pflegebefohlenen,<lb/> sein Gesicht strahlte in jugendlicher Heiterkeit, das Lächeln, das er von Zeit zu<lb/> Zeit auch seinen Umgebungen gönnte, war das eines Glücklichen. Umso be¬<lb/> fangner und düsterer schaute Camoens drein, und selbst als Barreto wieder<lb/> neben ihn trat und mit leiser Mahnung seine Schulter berührte, ließ der<lb/> Dichter nicht ab, die Augen und Lippen des Königs mit gespannter Teilnahme<lb/> zu beobachten, während der Ausdruck seiner eignen Züge immer lcidvvller wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_254"> In dem Gemache, welches Manuel Barreto vor dem Prior von Belem<lb/> und seinen Genossen geräumt hatte, weilten inzwischen die Geistlichen und der<lb/> Edelmann, um Dom Joao Rede zu stehen. Der Prior hatte Tellez Alucita<lb/> mit einem Winke hinter Barreto drein entsendet, der Kaplan war der Weisung<lb/> augenblicklich gefolgt und hütete, als er zurück kam, umso lieber, auf- und ab¬<lb/> schreitend, das Zugangszimmer zu dem letzten Gemache, als er nicht zu hören<lb/> verlangte, was der Hochwürdige sprach und sich berichten ließ. Dom Joao<lb/> war ermüdet auf die einzige Polsterbank gesunken, die sich in dem kühlen Raume<lb/> vorfand, er gönnte seinen Gliedern Rast, aber sein Gesicht zeigte ruhelose<lb/> Spannung. Er heftete seine dunkeln Augen auf den Edelmann, welcher ihm<lb/> hierher gefolgt war, und sagte dann:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0095]
Camoens.
zu finden. Er trat höflich grüßend zurück, Vcirreto aber spürte kein Verlangen,
in der Nähe gerade dieser Müuner zu verweilen. Er ging an ihnen vorüber
und hatte das Gefühl, daß ihm die Blicke aller folgten, es war ihm selbst, als
ob sich die Schritte eines oder des andern der kleinen Gesellschaft an seine
Sohlen hefteten, aber er blickte nicht eher hinter sich, als bis ihn das bunte
Gewühl der vorder» Zimmer und Säle aufs neue umfig. Dann versagte er
sich nicht, dem graubärtigen Pedro Evora, seinem Kampfgefährten aus Indien,
mit einer zornigen Geberde zuzuflüstern:
Dort hinten tritt eben wieder des Königs geistlicher Rat zusammen, Dom
Joao von Belem hat den Vorsitz. Was sie reden, ist vom Übel, was sie
raten, ist Unheil — wir Werdens morgen oder etliche Tage später verspüren!
Nicht doch, Manuel — diesmal habt Ihr Unrecht! entgegnete der Fidalgo,
Wenn Ihr hente den König beobachtet hättet, wie ich oder Euer poetischer
Freund, so würdet Ihr nicht zweifeln, daß eine neue Zeit im Anzüge ist.
Glaubs wer kann! versetzte Barreto und blickte wiederum nach der Zimmer¬
reihe zurück, von der er herkam. Ihr laßt Euch heute alle von einem Traume
wiegen, aus dem man Euch mißtönig aufwecken wird. Ich hoffe auf nichts,
bevor nicht der König den Prior von Belem in das letzte algarbische Kloster
verbannt; Ihr wißt recht wohl, daß dies niemals geschehen wird.
Er überließ es Evora, über das Vernommene nachzudenken; durch die
offne Thür des großen Hauptsaales bemerkte er eben, daß Camoens, wie vom
Beginn des Abends an, fast unbeweglich in dem Kreise von Edelleuten ver¬
harrte, welcher den König umgab. Dom Sebastian aber stand im eifrigen Ge¬
spräche mit der Herzogin von Braganza und ihrer schönen Pflegebefohlenen,
sein Gesicht strahlte in jugendlicher Heiterkeit, das Lächeln, das er von Zeit zu
Zeit auch seinen Umgebungen gönnte, war das eines Glücklichen. Umso be¬
fangner und düsterer schaute Camoens drein, und selbst als Barreto wieder
neben ihn trat und mit leiser Mahnung seine Schulter berührte, ließ der
Dichter nicht ab, die Augen und Lippen des Königs mit gespannter Teilnahme
zu beobachten, während der Ausdruck seiner eignen Züge immer lcidvvller wurde.
In dem Gemache, welches Manuel Barreto vor dem Prior von Belem
und seinen Genossen geräumt hatte, weilten inzwischen die Geistlichen und der
Edelmann, um Dom Joao Rede zu stehen. Der Prior hatte Tellez Alucita
mit einem Winke hinter Barreto drein entsendet, der Kaplan war der Weisung
augenblicklich gefolgt und hütete, als er zurück kam, umso lieber, auf- und ab¬
schreitend, das Zugangszimmer zu dem letzten Gemache, als er nicht zu hören
verlangte, was der Hochwürdige sprach und sich berichten ließ. Dom Joao
war ermüdet auf die einzige Polsterbank gesunken, die sich in dem kühlen Raume
vorfand, er gönnte seinen Gliedern Rast, aber sein Gesicht zeigte ruhelose
Spannung. Er heftete seine dunkeln Augen auf den Edelmann, welcher ihm
hierher gefolgt war, und sagte dann:
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |