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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Lmuoens.
Um dir zu dienen, schwang mein Arm den Degen,
Der Muse weiht' ich mich, um dich zu singen,
Jetzt fehlt mir nur noch deines Beifalls Segen,
Der dem Verdienste Glanz und Wert muß bringen.
Kommt mir dein Beifall, deine Huld entgegen,
So wird dir auch die grvsie That gelingen,
Ich sehe Sieg dem großen Plane tagen,
Den du zu Gottes Ehre still getragen.
Weder mehr als vor dem Allblick der Meduse
Des Atlas Scheitel deinen: Blick erbeben,
Wenn stürzend in die Flur von Ampclnse
Marokko und Trudante sich ergeben,
Dann soll, o Konig, meine frohe Muse
Für Mit- und Nachwelt dich so hoch erheben,
Daß du, der Alexander unsrer Zeiten,
Nie um Homer Achilles sollst beneiden.

Immer langsamer, immer tonloser hatte Barreto das Blatt herabgelcsen,
während Camoens gedankenvoll und mit sichtlichem Unbehagen nach dem Plät¬
schernden Brunnen hinaussah. Der Fidalgo schien ein Wort des Freundes
zu erwarten, und erst als dieser hartnäckig schwieg, sagte er leise: spottet Ihr
meiner oder Eurer oder des Königs, Luis? Ihr wolltet im Ernst diese Verse,
die mich ein Hohn dünken, dem König vor Augen bringen?

Ich weiß es nicht, ob ich es thun werde, entgegnete Camoens. Gestern
und noch diesen Morgen war ich fest entschlossen, dem König dies und nichts
andres zuzurufen. Ob ich an seinen Sieg glaube oder nicht -- ich wünsche
ihm den strahlendsten Sieg! ich hoffe, daß derselbe den portugiesischen Fahnen
in Marokko so wenig fehlen wird als in Indien -- Ihr wißt, warum ich
Dom Sebastian Hinwegwünsche.

Damit Catarina Pcilmeirim den König nicht mehr sieht und dafür Euch
scheu kann? fragte Barreto mit einer Schärfe und Bitterkeit zurück, wie sie
Camoens gegenüber noch nie laut geworden war. In der gleichen Minute bereute
er auch schon diesen Ton und faßte liebevoll Camoens' Schultern, um das ab¬
gewendete Gesicht des Freundes zu sich znrückzulenken. Nicht doch, nicht doch,
Luis, Ihr ahnt es ja nicht, was Euch treibt -- Ihr vermeint sogar in Euerm
Sinne ein Opfer zu bringen.

Und das wollte, das will ich auch! rief Camoens ihn unterbrechend. Er
schien im aufwallenden Zorne die Kraft und das Selbstgefühl wiederzugewinnen,
die er vorhin, mit sich allein, plötzlich schwinden gefühlt hatte. Ich bringe das
höchste Opfer, das ein Mann um seiner Liebe willen bringen kann, ich stehe in Ge¬
fahr, wegen dieser Verse Eure und manches trefflichen Mannes Freundschaft zu
verlieren, ich werde vielleicht eine schwere Last von Neue auf mein Gewissen laden
wenn unsre Fahnen nicht siegreich sind. Doch um Catarinas willen würde ich
mein Leben opfern und nehme nichts aus, was zu diesem armen Leben gehört.


Lmuoens.
Um dir zu dienen, schwang mein Arm den Degen,
Der Muse weiht' ich mich, um dich zu singen,
Jetzt fehlt mir nur noch deines Beifalls Segen,
Der dem Verdienste Glanz und Wert muß bringen.
Kommt mir dein Beifall, deine Huld entgegen,
So wird dir auch die grvsie That gelingen,
Ich sehe Sieg dem großen Plane tagen,
Den du zu Gottes Ehre still getragen.
Weder mehr als vor dem Allblick der Meduse
Des Atlas Scheitel deinen: Blick erbeben,
Wenn stürzend in die Flur von Ampclnse
Marokko und Trudante sich ergeben,
Dann soll, o Konig, meine frohe Muse
Für Mit- und Nachwelt dich so hoch erheben,
Daß du, der Alexander unsrer Zeiten,
Nie um Homer Achilles sollst beneiden.

Immer langsamer, immer tonloser hatte Barreto das Blatt herabgelcsen,
während Camoens gedankenvoll und mit sichtlichem Unbehagen nach dem Plät¬
schernden Brunnen hinaussah. Der Fidalgo schien ein Wort des Freundes
zu erwarten, und erst als dieser hartnäckig schwieg, sagte er leise: spottet Ihr
meiner oder Eurer oder des Königs, Luis? Ihr wolltet im Ernst diese Verse,
die mich ein Hohn dünken, dem König vor Augen bringen?

Ich weiß es nicht, ob ich es thun werde, entgegnete Camoens. Gestern
und noch diesen Morgen war ich fest entschlossen, dem König dies und nichts
andres zuzurufen. Ob ich an seinen Sieg glaube oder nicht — ich wünsche
ihm den strahlendsten Sieg! ich hoffe, daß derselbe den portugiesischen Fahnen
in Marokko so wenig fehlen wird als in Indien — Ihr wißt, warum ich
Dom Sebastian Hinwegwünsche.

Damit Catarina Pcilmeirim den König nicht mehr sieht und dafür Euch
scheu kann? fragte Barreto mit einer Schärfe und Bitterkeit zurück, wie sie
Camoens gegenüber noch nie laut geworden war. In der gleichen Minute bereute
er auch schon diesen Ton und faßte liebevoll Camoens' Schultern, um das ab¬
gewendete Gesicht des Freundes zu sich znrückzulenken. Nicht doch, nicht doch,
Luis, Ihr ahnt es ja nicht, was Euch treibt — Ihr vermeint sogar in Euerm
Sinne ein Opfer zu bringen.

Und das wollte, das will ich auch! rief Camoens ihn unterbrechend. Er
schien im aufwallenden Zorne die Kraft und das Selbstgefühl wiederzugewinnen,
die er vorhin, mit sich allein, plötzlich schwinden gefühlt hatte. Ich bringe das
höchste Opfer, das ein Mann um seiner Liebe willen bringen kann, ich stehe in Ge¬
fahr, wegen dieser Verse Eure und manches trefflichen Mannes Freundschaft zu
verlieren, ich werde vielleicht eine schwere Last von Neue auf mein Gewissen laden
wenn unsre Fahnen nicht siegreich sind. Doch um Catarinas willen würde ich
mein Leben opfern und nehme nichts aus, was zu diesem armen Leben gehört.


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[0550] Lmuoens. Um dir zu dienen, schwang mein Arm den Degen, Der Muse weiht' ich mich, um dich zu singen, Jetzt fehlt mir nur noch deines Beifalls Segen, Der dem Verdienste Glanz und Wert muß bringen. Kommt mir dein Beifall, deine Huld entgegen, So wird dir auch die grvsie That gelingen, Ich sehe Sieg dem großen Plane tagen, Den du zu Gottes Ehre still getragen. Weder mehr als vor dem Allblick der Meduse Des Atlas Scheitel deinen: Blick erbeben, Wenn stürzend in die Flur von Ampclnse Marokko und Trudante sich ergeben, Dann soll, o Konig, meine frohe Muse Für Mit- und Nachwelt dich so hoch erheben, Daß du, der Alexander unsrer Zeiten, Nie um Homer Achilles sollst beneiden. Immer langsamer, immer tonloser hatte Barreto das Blatt herabgelcsen, während Camoens gedankenvoll und mit sichtlichem Unbehagen nach dem Plät¬ schernden Brunnen hinaussah. Der Fidalgo schien ein Wort des Freundes zu erwarten, und erst als dieser hartnäckig schwieg, sagte er leise: spottet Ihr meiner oder Eurer oder des Königs, Luis? Ihr wolltet im Ernst diese Verse, die mich ein Hohn dünken, dem König vor Augen bringen? Ich weiß es nicht, ob ich es thun werde, entgegnete Camoens. Gestern und noch diesen Morgen war ich fest entschlossen, dem König dies und nichts andres zuzurufen. Ob ich an seinen Sieg glaube oder nicht — ich wünsche ihm den strahlendsten Sieg! ich hoffe, daß derselbe den portugiesischen Fahnen in Marokko so wenig fehlen wird als in Indien — Ihr wißt, warum ich Dom Sebastian Hinwegwünsche. Damit Catarina Pcilmeirim den König nicht mehr sieht und dafür Euch scheu kann? fragte Barreto mit einer Schärfe und Bitterkeit zurück, wie sie Camoens gegenüber noch nie laut geworden war. In der gleichen Minute bereute er auch schon diesen Ton und faßte liebevoll Camoens' Schultern, um das ab¬ gewendete Gesicht des Freundes zu sich znrückzulenken. Nicht doch, nicht doch, Luis, Ihr ahnt es ja nicht, was Euch treibt — Ihr vermeint sogar in Euerm Sinne ein Opfer zu bringen. Und das wollte, das will ich auch! rief Camoens ihn unterbrechend. Er schien im aufwallenden Zorne die Kraft und das Selbstgefühl wiederzugewinnen, die er vorhin, mit sich allein, plötzlich schwinden gefühlt hatte. Ich bringe das höchste Opfer, das ein Mann um seiner Liebe willen bringen kann, ich stehe in Ge¬ fahr, wegen dieser Verse Eure und manches trefflichen Mannes Freundschaft zu verlieren, ich werde vielleicht eine schwere Last von Neue auf mein Gewissen laden wenn unsre Fahnen nicht siegreich sind. Doch um Catarinas willen würde ich mein Leben opfern und nehme nichts aus, was zu diesem armen Leben gehört.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/550>, abgerufen am 30.06.2024.