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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Lamoens.

So entschlossen, so fest war er gewesen an jenem Abend, als er schweigsam
und in sich gekehrt aus den Köuigsgärten von Cintra nach Okaz' Herberge
zurückgekommen war und Manuel Barretv unruhig und sorgenvoll seiner hcirreud
gefunden hatte. Schweigsam und in sich gekehrt war er in den Stunden ge¬
blieben, die er mit seinem Gastfreunde noch verbracht, er hatte gespannt dem
Berichte gelauscht, den ihm Manuel von den Klagen der Herzogin über des
Königs Wankelmut, von ihrer Besorgnis um Esmah gegeben. Seinerseits aber
hatte er eine Frage Varretos erwartet, was ihm widerfahren sei, und die Frage
war nicht gethan worden, obschon Barreto das bleiche Aussehen, die stumme
Verschlossenheit seines Genossen wahrlich nicht entgangen sein konnte. Ohne
dem Freunde sein Herz zu öffnen, hatte er am Morgen nach jenem Abend
sich zur Rückkehr nach Almocegemci im Geleite Joaos angeschickt. Erst in dem
Augenblicke seines Wcgrittes, als er Barreto vom Pferde herab die Hand reichte,
trieb es ihn zu sagen: Findet guten Empfang beim König Manuel und gute
Statt für Euer Wort! Wißt auch, daß ich deu König und Gräfin Catarina
gestern erblickt und gehört habe. Ich sah sie -- zu Euch sei's gesagt -- auf
meinem Abendgange, im untern Schloßgnrten, gesprochen habe ich natürlich nicht
zu ihnen und meine Gegenwart haben sie nicht bemerkt. Die erlauchte Her¬
zogin irrt sich, wenn sie wähnt, der König habe auf Liebe und Liebesglück
verzichtet und befehle ihre Pflegetochter dem Himmel. Ich weiß, daß es anders
und schlimmer ist. Für meinen Teil kann ich nur einen Wunsch noch hegen,
daß Dom Sebastian nicht lange mehr Gelegenheit habe, ein schutzloses Herz zu
bedrängen! Glaubt mir, daß es keinen andern Weg giebt, die schöne Catarina
vor dem Schlimmsten zu bewahren, als daß der König dahin zieht, wohin ihn
der Geist treibt. Fiir heute wünsche ich Euch einen guten Tag, Manuel, und
werde Eurer Ankunst in Almoeegema still harren.

Grüßt mir mein Haus und findet Frieden unter seinem Dache! entgegnete
der Fidalgo mit großem Ernste. Wenn Ihr über des Königs Begegnung mit
Catarina Palmeirim nachsinnt, so vergeßt nicht, daß Donna Catarina vielleicht
als ein glückliches Schicksal erscheint, was Ihr das Schlimmste heißt. Täuscht
Euch nicht selbst, Luis! Und nun Gott befohlen, ich komme, sobald meine
Pflicht hier erfüllt ist.

Die kurze Unterredung hatte auf dem ganzen Ritte bis Almoeegema in
Camoens' Seele nachgeklungen. Aber sein Wille war durch dieselbe nicht
erschüttert worden, mit düsterm Ernst, aber ohne Schwanken hatte er alle
poetischen Huldigungen, welche zur Zueignung der Lusiaden an König Sebastian
begonnen worden waren, vernichtet und in der Stille, die ihn umfing, eine
Reihe neuer Oktaven niedergeschrieben. Sie flössen ihm nicht frei, nicht
strömend wie sonst in die Feder; doch er ließ nicht ab, an ihnen zu
schmieden und zu feilen. Die Morgen auf dem grünen Walle unter der großen
Platane, die Nachmittage angesichts des kühlen Brunnens galten der Arbeit,


Lamoens.

So entschlossen, so fest war er gewesen an jenem Abend, als er schweigsam
und in sich gekehrt aus den Köuigsgärten von Cintra nach Okaz' Herberge
zurückgekommen war und Manuel Barretv unruhig und sorgenvoll seiner hcirreud
gefunden hatte. Schweigsam und in sich gekehrt war er in den Stunden ge¬
blieben, die er mit seinem Gastfreunde noch verbracht, er hatte gespannt dem
Berichte gelauscht, den ihm Manuel von den Klagen der Herzogin über des
Königs Wankelmut, von ihrer Besorgnis um Esmah gegeben. Seinerseits aber
hatte er eine Frage Varretos erwartet, was ihm widerfahren sei, und die Frage
war nicht gethan worden, obschon Barreto das bleiche Aussehen, die stumme
Verschlossenheit seines Genossen wahrlich nicht entgangen sein konnte. Ohne
dem Freunde sein Herz zu öffnen, hatte er am Morgen nach jenem Abend
sich zur Rückkehr nach Almocegemci im Geleite Joaos angeschickt. Erst in dem
Augenblicke seines Wcgrittes, als er Barreto vom Pferde herab die Hand reichte,
trieb es ihn zu sagen: Findet guten Empfang beim König Manuel und gute
Statt für Euer Wort! Wißt auch, daß ich deu König und Gräfin Catarina
gestern erblickt und gehört habe. Ich sah sie — zu Euch sei's gesagt — auf
meinem Abendgange, im untern Schloßgnrten, gesprochen habe ich natürlich nicht
zu ihnen und meine Gegenwart haben sie nicht bemerkt. Die erlauchte Her¬
zogin irrt sich, wenn sie wähnt, der König habe auf Liebe und Liebesglück
verzichtet und befehle ihre Pflegetochter dem Himmel. Ich weiß, daß es anders
und schlimmer ist. Für meinen Teil kann ich nur einen Wunsch noch hegen,
daß Dom Sebastian nicht lange mehr Gelegenheit habe, ein schutzloses Herz zu
bedrängen! Glaubt mir, daß es keinen andern Weg giebt, die schöne Catarina
vor dem Schlimmsten zu bewahren, als daß der König dahin zieht, wohin ihn
der Geist treibt. Fiir heute wünsche ich Euch einen guten Tag, Manuel, und
werde Eurer Ankunst in Almoeegema still harren.

Grüßt mir mein Haus und findet Frieden unter seinem Dache! entgegnete
der Fidalgo mit großem Ernste. Wenn Ihr über des Königs Begegnung mit
Catarina Palmeirim nachsinnt, so vergeßt nicht, daß Donna Catarina vielleicht
als ein glückliches Schicksal erscheint, was Ihr das Schlimmste heißt. Täuscht
Euch nicht selbst, Luis! Und nun Gott befohlen, ich komme, sobald meine
Pflicht hier erfüllt ist.

Die kurze Unterredung hatte auf dem ganzen Ritte bis Almoeegema in
Camoens' Seele nachgeklungen. Aber sein Wille war durch dieselbe nicht
erschüttert worden, mit düsterm Ernst, aber ohne Schwanken hatte er alle
poetischen Huldigungen, welche zur Zueignung der Lusiaden an König Sebastian
begonnen worden waren, vernichtet und in der Stille, die ihn umfing, eine
Reihe neuer Oktaven niedergeschrieben. Sie flössen ihm nicht frei, nicht
strömend wie sonst in die Feder; doch er ließ nicht ab, an ihnen zu
schmieden und zu feilen. Die Morgen auf dem grünen Walle unter der großen
Platane, die Nachmittage angesichts des kühlen Brunnens galten der Arbeit,


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[0496] Lamoens. So entschlossen, so fest war er gewesen an jenem Abend, als er schweigsam und in sich gekehrt aus den Köuigsgärten von Cintra nach Okaz' Herberge zurückgekommen war und Manuel Barretv unruhig und sorgenvoll seiner hcirreud gefunden hatte. Schweigsam und in sich gekehrt war er in den Stunden ge¬ blieben, die er mit seinem Gastfreunde noch verbracht, er hatte gespannt dem Berichte gelauscht, den ihm Manuel von den Klagen der Herzogin über des Königs Wankelmut, von ihrer Besorgnis um Esmah gegeben. Seinerseits aber hatte er eine Frage Varretos erwartet, was ihm widerfahren sei, und die Frage war nicht gethan worden, obschon Barreto das bleiche Aussehen, die stumme Verschlossenheit seines Genossen wahrlich nicht entgangen sein konnte. Ohne dem Freunde sein Herz zu öffnen, hatte er am Morgen nach jenem Abend sich zur Rückkehr nach Almocegemci im Geleite Joaos angeschickt. Erst in dem Augenblicke seines Wcgrittes, als er Barreto vom Pferde herab die Hand reichte, trieb es ihn zu sagen: Findet guten Empfang beim König Manuel und gute Statt für Euer Wort! Wißt auch, daß ich deu König und Gräfin Catarina gestern erblickt und gehört habe. Ich sah sie — zu Euch sei's gesagt — auf meinem Abendgange, im untern Schloßgnrten, gesprochen habe ich natürlich nicht zu ihnen und meine Gegenwart haben sie nicht bemerkt. Die erlauchte Her¬ zogin irrt sich, wenn sie wähnt, der König habe auf Liebe und Liebesglück verzichtet und befehle ihre Pflegetochter dem Himmel. Ich weiß, daß es anders und schlimmer ist. Für meinen Teil kann ich nur einen Wunsch noch hegen, daß Dom Sebastian nicht lange mehr Gelegenheit habe, ein schutzloses Herz zu bedrängen! Glaubt mir, daß es keinen andern Weg giebt, die schöne Catarina vor dem Schlimmsten zu bewahren, als daß der König dahin zieht, wohin ihn der Geist treibt. Fiir heute wünsche ich Euch einen guten Tag, Manuel, und werde Eurer Ankunst in Almoeegema still harren. Grüßt mir mein Haus und findet Frieden unter seinem Dache! entgegnete der Fidalgo mit großem Ernste. Wenn Ihr über des Königs Begegnung mit Catarina Palmeirim nachsinnt, so vergeßt nicht, daß Donna Catarina vielleicht als ein glückliches Schicksal erscheint, was Ihr das Schlimmste heißt. Täuscht Euch nicht selbst, Luis! Und nun Gott befohlen, ich komme, sobald meine Pflicht hier erfüllt ist. Die kurze Unterredung hatte auf dem ganzen Ritte bis Almoeegema in Camoens' Seele nachgeklungen. Aber sein Wille war durch dieselbe nicht erschüttert worden, mit düsterm Ernst, aber ohne Schwanken hatte er alle poetischen Huldigungen, welche zur Zueignung der Lusiaden an König Sebastian begonnen worden waren, vernichtet und in der Stille, die ihn umfing, eine Reihe neuer Oktaven niedergeschrieben. Sie flössen ihm nicht frei, nicht strömend wie sonst in die Feder; doch er ließ nicht ab, an ihnen zu schmieden und zu feilen. Die Morgen auf dem grünen Walle unter der großen Platane, die Nachmittage angesichts des kühlen Brunnens galten der Arbeit,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/496>, abgerufen am 27.12.2024.