Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Gladstone in Not. Chimären, in welchem man eine Maßregel, durch welche die irische" Abgeordneten Dies weist uns ans eine weitere Verlegenheit Gladstones hin. Es scheint Gladstone in Not. Chimären, in welchem man eine Maßregel, durch welche die irische» Abgeordneten Dies weist uns ans eine weitere Verlegenheit Gladstones hin. Es scheint <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0437" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198503"/> <fw type="header" place="top"> Gladstone in Not.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1264" prev="#ID_1263"> Chimären, in welchem man eine Maßregel, durch welche die irische» Abgeordneten<lb/> aus dem britischen Parlamente entferut werden, als keine Trennung Irlands<lb/> von England gelten läßt. Die große Anzahl und das entschlossene Auftreten<lb/> der dissentirenden Liberalen in der letzten Versammlung dieses Flügels der<lb/> Gladstouianer lassen die oben angeführten Schwierigkeiten als nicht unüber¬<lb/> windlich erscheinen. Gladstone selbst wird ans dieser Versammlung ersehen<lb/> haben, daß seine Projekte im jetzigen Unterhause verloren sind, und sich nun<lb/> zu einer leidenschaftlichen Berufung an das Volk rüsten. Er hat weder von<lb/> einer Suspension der beiden irischen Gesetzentwürfe noch vou einer Herbstsessivn<lb/> viel zu hoffen, die nur Ausweichen und Zeitverlust bedeuten würden, da der<lb/> Plan des Home-Rule doch nicht vor Volksversammlungen, sondern vor die<lb/> verfassungskundigen Abgeordneten des Volkes gehört, wenn es sich um ein end-<lb/> giltiges Urteil darüber handelt. Sollen die Wählerschaften aber darüber be¬<lb/> fragt werden, so muß man die Frage so einfach wie möglich fassen und nichts<lb/> von Details hineinmischen. Sie sollte dann etwa folgendermaßen laute»: Sollen<lb/> wir in Irland und anderwärts eine Selbstregierung einrichte», welche die Jr-<lb/> länder und andre i» den Stand setzt, ihre häuslichen Angelegenheiten unter<lb/> dem ungeschmälerten Ansehen und Einsliisse des NeichSparlameutes zu gestalten<lb/> und zu verwalten? Oder sollen wir in Dublin eine dem britischen Parlamente<lb/> gleichgestellte, mit ihm rivalisireude Gesetzgebung schaffen, die periodisch als<lb/> Gegnerin des Neichssenats auftritt und zu allen Zeiten auf Unterdrückung und Be¬<lb/> einträchtigung des Nordens der Insel, der Bewohner von Ulster, ausgehen wird?</p><lb/> <p xml:id="ID_1265" next="#ID_1266"> Dies weist uns ans eine weitere Verlegenheit Gladstones hin. Es scheint<lb/> nicht mehr zweifelhaft zu sein, daß die Leute von Ulster sich gegen eine Herr¬<lb/> schaft Parnells und seiner Partei auflehnen würden. Damit soll nicht behauptet<lb/> werden, daß ein Physischer Zusammenstoß zwischen den Protestanten im Norden<lb/> und den Katholiken im Süden in naher Zukunft liegt. Die Befugnis zum<lb/> Widerstande gegen ein Parteiregiment der Parnelliten wird sich allerdings dem<lb/> Volke Ulsters nicht wohl abstreiten lassen, am wenigsten von Gladstone und den<lb/> englischen Liberalen und Radikalen. Die Opposition gegen Parnell, so sagen die<lb/> Wortführer derselbe», würde Rebellion gegen die Königin sein, weil die neue irische<lb/> Regierung durch eine von dieser sanktionirte Parlamentsciktc geschaffen wäre. Das<lb/> entscheidet indessen die Sache nicht. Ein Vertrag, welcher die Engländer und Hol¬<lb/> länder der Kapkolonie an Frankreich abträte, könnte von der Souveräniu unter¬<lb/> zeichnet und vom Parlamente gutgeheißen worden sein, ohne daß jene Kolonisten,<lb/> wenn sie sich weigerten, den neuen französischen Herren zu gehorchen, Empörer<lb/> gegen England und dessen Königin zu nennen sein würden. Wenn Parnell der<lb/> Vizekönig oder Staatssekretär der Königin werden, wenn das britische Parlament<lb/> die oberste Entscheidung über seine Maßregeln haben, wenn eine Berufung von<lb/> seinen Entscheidungen an die Svuverünin von England gesetzlich zulässig sein<lb/> sollte, so würde ein Vorgehen gegen seine Autorität allerdings einer indirekten<lb/> Auflehnung gegen die Königin gleichkommen. Das Wesentliche bei Gladstones</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0437]
Gladstone in Not.
Chimären, in welchem man eine Maßregel, durch welche die irische» Abgeordneten
aus dem britischen Parlamente entferut werden, als keine Trennung Irlands
von England gelten läßt. Die große Anzahl und das entschlossene Auftreten
der dissentirenden Liberalen in der letzten Versammlung dieses Flügels der
Gladstouianer lassen die oben angeführten Schwierigkeiten als nicht unüber¬
windlich erscheinen. Gladstone selbst wird ans dieser Versammlung ersehen
haben, daß seine Projekte im jetzigen Unterhause verloren sind, und sich nun
zu einer leidenschaftlichen Berufung an das Volk rüsten. Er hat weder von
einer Suspension der beiden irischen Gesetzentwürfe noch vou einer Herbstsessivn
viel zu hoffen, die nur Ausweichen und Zeitverlust bedeuten würden, da der
Plan des Home-Rule doch nicht vor Volksversammlungen, sondern vor die
verfassungskundigen Abgeordneten des Volkes gehört, wenn es sich um ein end-
giltiges Urteil darüber handelt. Sollen die Wählerschaften aber darüber be¬
fragt werden, so muß man die Frage so einfach wie möglich fassen und nichts
von Details hineinmischen. Sie sollte dann etwa folgendermaßen laute»: Sollen
wir in Irland und anderwärts eine Selbstregierung einrichte», welche die Jr-
länder und andre i» den Stand setzt, ihre häuslichen Angelegenheiten unter
dem ungeschmälerten Ansehen und Einsliisse des NeichSparlameutes zu gestalten
und zu verwalten? Oder sollen wir in Dublin eine dem britischen Parlamente
gleichgestellte, mit ihm rivalisireude Gesetzgebung schaffen, die periodisch als
Gegnerin des Neichssenats auftritt und zu allen Zeiten auf Unterdrückung und Be¬
einträchtigung des Nordens der Insel, der Bewohner von Ulster, ausgehen wird?
Dies weist uns ans eine weitere Verlegenheit Gladstones hin. Es scheint
nicht mehr zweifelhaft zu sein, daß die Leute von Ulster sich gegen eine Herr¬
schaft Parnells und seiner Partei auflehnen würden. Damit soll nicht behauptet
werden, daß ein Physischer Zusammenstoß zwischen den Protestanten im Norden
und den Katholiken im Süden in naher Zukunft liegt. Die Befugnis zum
Widerstande gegen ein Parteiregiment der Parnelliten wird sich allerdings dem
Volke Ulsters nicht wohl abstreiten lassen, am wenigsten von Gladstone und den
englischen Liberalen und Radikalen. Die Opposition gegen Parnell, so sagen die
Wortführer derselbe», würde Rebellion gegen die Königin sein, weil die neue irische
Regierung durch eine von dieser sanktionirte Parlamentsciktc geschaffen wäre. Das
entscheidet indessen die Sache nicht. Ein Vertrag, welcher die Engländer und Hol¬
länder der Kapkolonie an Frankreich abträte, könnte von der Souveräniu unter¬
zeichnet und vom Parlamente gutgeheißen worden sein, ohne daß jene Kolonisten,
wenn sie sich weigerten, den neuen französischen Herren zu gehorchen, Empörer
gegen England und dessen Königin zu nennen sein würden. Wenn Parnell der
Vizekönig oder Staatssekretär der Königin werden, wenn das britische Parlament
die oberste Entscheidung über seine Maßregeln haben, wenn eine Berufung von
seinen Entscheidungen an die Svuverünin von England gesetzlich zulässig sein
sollte, so würde ein Vorgehen gegen seine Autorität allerdings einer indirekten
Auflehnung gegen die Königin gleichkommen. Das Wesentliche bei Gladstones
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |