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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Die Achtung vor der Größe des Kobergerschen Unternehmungsgeistes wächst
noch, wenn wir uns die Schwierigkeiten des Beförderungswesens klar machen.
Die Ausdehnung des Geschäfts brachte einen umfänglichen Fracht-, Boten- und
Briefverkehr mit sich. Da galt es denn, vertrauenswürdige Leute ausfindig zu
machen, denen es bei der Unsicherheit der Straßen auch an Mut und Uner-
schrockenheit nicht fehlen dürfte. Anthoni Koberger bewies auch in diesem Punkte
seine große Findigkeit und das Geschick, alle sich darbietenden Gelegenheiten er¬
folgreich auszunutzen. Seine Fuhrleute zeichneten sich durch Zuverlässigkeit aus
und sind durch seine Aufträge zu einem ehrenvollen Namen gelangt. Was aber
auch er nicht beseitigen konnte, war der große Zeitverlust bei der Beförderung
von einem Platze zum andern. Infolge der Notwendigkeit, verschiedne Güter
für einen Transport zu sammeln, blieben die mit Bücher gefüllte" Fässer - denn
um das Naßwerden zu vermeiden, wandte man meist diese Art der Verpackung
an -- oft lange an den Knotenpunkten des Verkehrs liegen, und selbst, wenn
alles glatt ging und das für jede größere Frachtsendung notwendige Geleite
seine Pflicht in der Beschützung der Fuhrleute gethan hatte, brauchten sie doch
z. B. von Basel nach Nürnberg und wieder zurück gute fünf Wochen. Und
wie selten war es wegen der kriegerischen Zeitläufte und der Witterungs¬
verhältnisse möglich, diesen Termin einzuhalten!

Die Briefe wurden in der Regel durch berufsmäßige Boten bestellt, sodaß
ein regelmäßiger Briefverkehr anzunehmen ist. In besonders dringlichen Fällen
sandte Koberger eigne Boten ab, die dann wohl mehrere Geschäfte uns einem
Wege zu vereinigen hatten.

Es ist eine besonders glückliche Fügung, daß ein so stattlicher Bruchteil
der Kobergerschen Geschäftsbriefe auf uns gekommen ist; ohne dieselben wäre
es Hase nicht möglich gewesen, so, wie er es gethan hat, bis ins einzelne hinein
in die Bräuche der alten Zeit einzudringen und nach allen Seiten hin den
Buchdruck und Buchhandel des fünfzehnten Jahrhunderts und der folgenden
Jahrzehnte oft in ganz neue und helle Beleuchtung zu stellen. Wenn daher der
oder jener Leser dnrch unsre nur die Hauptpunkte berührende Schilderung
sich angeregt sehen sollte, diesen Fragen näherzutreten, so wird er in dem
von Hase seinem Werte beigegebnen Briefbuche der Koberger eine Fülle von
Aufklärungen finden und sich aufs lebhafteste vou dem Geiste des wackern
Mannes angezogen fühlen, dessen Leben und Wirken wir in diesen Zeilen zu
erzählen versucht haben.




Die Achtung vor der Größe des Kobergerschen Unternehmungsgeistes wächst
noch, wenn wir uns die Schwierigkeiten des Beförderungswesens klar machen.
Die Ausdehnung des Geschäfts brachte einen umfänglichen Fracht-, Boten- und
Briefverkehr mit sich. Da galt es denn, vertrauenswürdige Leute ausfindig zu
machen, denen es bei der Unsicherheit der Straßen auch an Mut und Uner-
schrockenheit nicht fehlen dürfte. Anthoni Koberger bewies auch in diesem Punkte
seine große Findigkeit und das Geschick, alle sich darbietenden Gelegenheiten er¬
folgreich auszunutzen. Seine Fuhrleute zeichneten sich durch Zuverlässigkeit aus
und sind durch seine Aufträge zu einem ehrenvollen Namen gelangt. Was aber
auch er nicht beseitigen konnte, war der große Zeitverlust bei der Beförderung
von einem Platze zum andern. Infolge der Notwendigkeit, verschiedne Güter
für einen Transport zu sammeln, blieben die mit Bücher gefüllte» Fässer - denn
um das Naßwerden zu vermeiden, wandte man meist diese Art der Verpackung
an — oft lange an den Knotenpunkten des Verkehrs liegen, und selbst, wenn
alles glatt ging und das für jede größere Frachtsendung notwendige Geleite
seine Pflicht in der Beschützung der Fuhrleute gethan hatte, brauchten sie doch
z. B. von Basel nach Nürnberg und wieder zurück gute fünf Wochen. Und
wie selten war es wegen der kriegerischen Zeitläufte und der Witterungs¬
verhältnisse möglich, diesen Termin einzuhalten!

Die Briefe wurden in der Regel durch berufsmäßige Boten bestellt, sodaß
ein regelmäßiger Briefverkehr anzunehmen ist. In besonders dringlichen Fällen
sandte Koberger eigne Boten ab, die dann wohl mehrere Geschäfte uns einem
Wege zu vereinigen hatten.

Es ist eine besonders glückliche Fügung, daß ein so stattlicher Bruchteil
der Kobergerschen Geschäftsbriefe auf uns gekommen ist; ohne dieselben wäre
es Hase nicht möglich gewesen, so, wie er es gethan hat, bis ins einzelne hinein
in die Bräuche der alten Zeit einzudringen und nach allen Seiten hin den
Buchdruck und Buchhandel des fünfzehnten Jahrhunderts und der folgenden
Jahrzehnte oft in ganz neue und helle Beleuchtung zu stellen. Wenn daher der
oder jener Leser dnrch unsre nur die Hauptpunkte berührende Schilderung
sich angeregt sehen sollte, diesen Fragen näherzutreten, so wird er in dem
von Hase seinem Werte beigegebnen Briefbuche der Koberger eine Fülle von
Aufklärungen finden und sich aufs lebhafteste vou dem Geiste des wackern
Mannes angezogen fühlen, dessen Leben und Wirken wir in diesen Zeilen zu
erzählen versucht haben.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/380>, abgerufen am 30.06.2024.