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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Robert Schumann in seinen Jugendbriefen.

Nach Dorns Abgang von Leipzig beschäftigte sich Schumann mit Partitur¬
lesen und Jnstrumentation, komponirte auch einen eignen Symphoniesatz. Dabei
machte sich die Notwendigkeit gründlicher Unterweisung in der Jnstrumentinmg
fühlbar, sodaß Schumann den Musikdirektor G. W. Müller svielmchr Christian
Gottlieb Müller?^ brieflich um seinen Unterricht anging. Ob es wirklich dazu
gekommen ist, erfahren wir nicht.

Die nnn folgende Zeit verging Schumann unter anregenden Arbeiten und
in glücklicher Stimmung, bis ihn im Herbst 1833 ein herber Schlag niederwarf:
der Tod seines Bruders Julius und seiner jungen Schwägerin Rosalie. "Ich
habe keinen Schmerz gekannt (schreibt er) -- nun ist er gekommen, aber ich
habe ihn nicht zerdrücken können, und er hat's mich tausendfach." Nach und
nach gewann er aber wieder Ruhe und Thatkraft, woran der neugewonnene
Freund L. Schunde und die neugegründete, alle Kräfte anspannende Musikzeitung
wesentlich Teil gehabt haben werden. In den Sommer 1834 fällt sein Verlöbnis
mit Ernestine v. Fricker, das aber nach Verlauf vou etwa einem Jahre wieder
gelöst wurde. Doch scheint ein freundliches Verhältnis zwischen beiden fortbe¬
standen zu haben, da Schumann im Jahre 1841 -- also nach seiner Verhei¬
ratung -- der nunmehrigen "Frau Gräfin Ernestine v. Zedtwitz" ein Liederheft
idie "Löwenbraut" enthaltend) widmete.

Zu Klara Wieck stand Schumann schon von früh an in einem herzlichen
Freundschaftsverhältnisse. Aus seinen ersten reizenden Briefchen an die damals noch
im Kindesalter stehende ersieht man, wie hoch er von ihrem Talent dachte, und
welche innige Freude er an dem kindlichen Wesen seiner Freundin hatte. "Klara
rennt und springt und spielt wie ein Kind und spricht wieder einmal die tief¬
sinnigsten Dinge. Es macht mir Freude, wie sich ihre Herzens- und Geistes¬
anlagen jetzt immer schneller, aber gleichsam Blatt für Blatt, entwickeln" -- so
schildert er sie seiner Mutter. Einmal schreibt er der dreizeh"zal,rigen Klara,
die sich aus einer Konzertreise in Frankfurt befand: "Ich denke oft an Sie, nicht
wie der Bruder an seine Schwester oder der Freund an die Freundin, sondern
etwa wie ein Pilgrim an das ferne Altarbild"; etwas weiter kommt nach einigen
ernsthaften Mitteilungen plötzlich die Frage: "Wie schmecken denn die Aepfel
in Frankfurt?"

Schumanns tiefe Herzensneigung zu Klara Wieck wuchs still und stetig;
Anfang des Jahres 1836 -- am 4. Februar starb seine Mutter -- kam es
zu einem Aussprechen nud zu einer Verständigung der beiden. "Wir sind vom
Schicksal schon für einander bestimmt, schon lange wußte ich das, aber mein
Hoffen war nicht so kühn, dir es früher zu sagen und von dir verstanden zu
werden," schrieb er hernach unterm 13. Februar an Klara. In seiner Hoffnung,


kaum eine Beziehung zum Fnschiugsschwank erkennen. Vielleicht hat Schmnnnn sie unwill¬
kürlich <!> hinzugefügt, um mit der Formlosigkeit des ersten Stückes einigermaßen (!) zu ver¬
söhnen."
Robert Schumann in seinen Jugendbriefen.

Nach Dorns Abgang von Leipzig beschäftigte sich Schumann mit Partitur¬
lesen und Jnstrumentation, komponirte auch einen eignen Symphoniesatz. Dabei
machte sich die Notwendigkeit gründlicher Unterweisung in der Jnstrumentinmg
fühlbar, sodaß Schumann den Musikdirektor G. W. Müller svielmchr Christian
Gottlieb Müller?^ brieflich um seinen Unterricht anging. Ob es wirklich dazu
gekommen ist, erfahren wir nicht.

Die nnn folgende Zeit verging Schumann unter anregenden Arbeiten und
in glücklicher Stimmung, bis ihn im Herbst 1833 ein herber Schlag niederwarf:
der Tod seines Bruders Julius und seiner jungen Schwägerin Rosalie. „Ich
habe keinen Schmerz gekannt (schreibt er) — nun ist er gekommen, aber ich
habe ihn nicht zerdrücken können, und er hat's mich tausendfach." Nach und
nach gewann er aber wieder Ruhe und Thatkraft, woran der neugewonnene
Freund L. Schunde und die neugegründete, alle Kräfte anspannende Musikzeitung
wesentlich Teil gehabt haben werden. In den Sommer 1834 fällt sein Verlöbnis
mit Ernestine v. Fricker, das aber nach Verlauf vou etwa einem Jahre wieder
gelöst wurde. Doch scheint ein freundliches Verhältnis zwischen beiden fortbe¬
standen zu haben, da Schumann im Jahre 1841 — also nach seiner Verhei¬
ratung — der nunmehrigen „Frau Gräfin Ernestine v. Zedtwitz" ein Liederheft
idie „Löwenbraut" enthaltend) widmete.

Zu Klara Wieck stand Schumann schon von früh an in einem herzlichen
Freundschaftsverhältnisse. Aus seinen ersten reizenden Briefchen an die damals noch
im Kindesalter stehende ersieht man, wie hoch er von ihrem Talent dachte, und
welche innige Freude er an dem kindlichen Wesen seiner Freundin hatte. „Klara
rennt und springt und spielt wie ein Kind und spricht wieder einmal die tief¬
sinnigsten Dinge. Es macht mir Freude, wie sich ihre Herzens- und Geistes¬
anlagen jetzt immer schneller, aber gleichsam Blatt für Blatt, entwickeln" — so
schildert er sie seiner Mutter. Einmal schreibt er der dreizeh»zal,rigen Klara,
die sich aus einer Konzertreise in Frankfurt befand: „Ich denke oft an Sie, nicht
wie der Bruder an seine Schwester oder der Freund an die Freundin, sondern
etwa wie ein Pilgrim an das ferne Altarbild"; etwas weiter kommt nach einigen
ernsthaften Mitteilungen plötzlich die Frage: „Wie schmecken denn die Aepfel
in Frankfurt?"

Schumanns tiefe Herzensneigung zu Klara Wieck wuchs still und stetig;
Anfang des Jahres 1836 — am 4. Februar starb seine Mutter — kam es
zu einem Aussprechen nud zu einer Verständigung der beiden. „Wir sind vom
Schicksal schon für einander bestimmt, schon lange wußte ich das, aber mein
Hoffen war nicht so kühn, dir es früher zu sagen und von dir verstanden zu
werden," schrieb er hernach unterm 13. Februar an Klara. In seiner Hoffnung,


kaum eine Beziehung zum Fnschiugsschwank erkennen. Vielleicht hat Schmnnnn sie unwill¬
kürlich <!> hinzugefügt, um mit der Formlosigkeit des ersten Stückes einigermaßen (!) zu ver¬
söhnen."
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[0278] Robert Schumann in seinen Jugendbriefen. Nach Dorns Abgang von Leipzig beschäftigte sich Schumann mit Partitur¬ lesen und Jnstrumentation, komponirte auch einen eignen Symphoniesatz. Dabei machte sich die Notwendigkeit gründlicher Unterweisung in der Jnstrumentinmg fühlbar, sodaß Schumann den Musikdirektor G. W. Müller svielmchr Christian Gottlieb Müller?^ brieflich um seinen Unterricht anging. Ob es wirklich dazu gekommen ist, erfahren wir nicht. Die nnn folgende Zeit verging Schumann unter anregenden Arbeiten und in glücklicher Stimmung, bis ihn im Herbst 1833 ein herber Schlag niederwarf: der Tod seines Bruders Julius und seiner jungen Schwägerin Rosalie. „Ich habe keinen Schmerz gekannt (schreibt er) — nun ist er gekommen, aber ich habe ihn nicht zerdrücken können, und er hat's mich tausendfach." Nach und nach gewann er aber wieder Ruhe und Thatkraft, woran der neugewonnene Freund L. Schunde und die neugegründete, alle Kräfte anspannende Musikzeitung wesentlich Teil gehabt haben werden. In den Sommer 1834 fällt sein Verlöbnis mit Ernestine v. Fricker, das aber nach Verlauf vou etwa einem Jahre wieder gelöst wurde. Doch scheint ein freundliches Verhältnis zwischen beiden fortbe¬ standen zu haben, da Schumann im Jahre 1841 — also nach seiner Verhei¬ ratung — der nunmehrigen „Frau Gräfin Ernestine v. Zedtwitz" ein Liederheft idie „Löwenbraut" enthaltend) widmete. Zu Klara Wieck stand Schumann schon von früh an in einem herzlichen Freundschaftsverhältnisse. Aus seinen ersten reizenden Briefchen an die damals noch im Kindesalter stehende ersieht man, wie hoch er von ihrem Talent dachte, und welche innige Freude er an dem kindlichen Wesen seiner Freundin hatte. „Klara rennt und springt und spielt wie ein Kind und spricht wieder einmal die tief¬ sinnigsten Dinge. Es macht mir Freude, wie sich ihre Herzens- und Geistes¬ anlagen jetzt immer schneller, aber gleichsam Blatt für Blatt, entwickeln" — so schildert er sie seiner Mutter. Einmal schreibt er der dreizeh»zal,rigen Klara, die sich aus einer Konzertreise in Frankfurt befand: „Ich denke oft an Sie, nicht wie der Bruder an seine Schwester oder der Freund an die Freundin, sondern etwa wie ein Pilgrim an das ferne Altarbild"; etwas weiter kommt nach einigen ernsthaften Mitteilungen plötzlich die Frage: „Wie schmecken denn die Aepfel in Frankfurt?" Schumanns tiefe Herzensneigung zu Klara Wieck wuchs still und stetig; Anfang des Jahres 1836 — am 4. Februar starb seine Mutter — kam es zu einem Aussprechen nud zu einer Verständigung der beiden. „Wir sind vom Schicksal schon für einander bestimmt, schon lange wußte ich das, aber mein Hoffen war nicht so kühn, dir es früher zu sagen und von dir verstanden zu werden," schrieb er hernach unterm 13. Februar an Klara. In seiner Hoffnung, kaum eine Beziehung zum Fnschiugsschwank erkennen. Vielleicht hat Schmnnnn sie unwill¬ kürlich <!> hinzugefügt, um mit der Formlosigkeit des ersten Stückes einigermaßen (!) zu ver¬ söhnen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/278>, abgerufen am 24.07.2024.