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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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von der Pracht und Anordnung des Ganzen und der genauen Durchführung
der einzelnen Teile. Am meisten aber entzückte die herrliche Lage, der Blick
über die "Goldene Muschel" und Palermo auf das Meer, im Norden bis zu den
Liparischen Inseln, im Osten bis zum Ätna.

Moureale war natürlich in Bewegung. Man rief: II no8t,ro Dur <üarlo
pittors im tatto al nostro xav80 Pi.v8to onoro!

Auch der Abt war überglücklich und dankte mir für die Vorstellung bei
Ihrer Majestät; als ob das alles mein Verdienst gewesen wäre.

Ein paar Tage später besuchte mich eines Morgens, bevor ich zur Kaiserin
fuhr, Monsignvre Taralle mit vier Bcnediktinermönchen und brachte mir ein
altes italienisches Werk über die Kathedrale, mit allen Kupferstichen der Mo¬
saiken, im Jahre 1702 in Palermo gedruckt, aber seit Langem vergriffen; (lo
äioata l>I Fig'nor 1). Giovanni liuano. Rosso. Diese Geistlichen wußten,
daß ich mich schon seit vier Jahren vergebens um das Werk bemüht hatte; der
Abt aber meinte, ich hätte ihnen ja schon durch die Vollendung meiner Bilder
von ihrem Tempel so viel Freude gemacht, noch mehr dadurch, daß derselbe
nicht bloß in Rom, sondern anch in Deutschland bekannt geworden wäre; darum
überbrachten sie mir dieses Andenken als den "Ausdruck ihrer aufrichtigen Ver¬
ehrung."

Da ich wußte, daß Graf Brandenburg abreisen wolle, fuhr ich morgens
bei ihm vor, um ihm Lebewohl zu sagen. In des Grafen Zimmer eintretend,
finde 'ich aus alle Stühle ausgebreitet Briefe zum Trocknen, Vater und Sohn
aber in nicht geringer Aufregung. Sie erzählten mir, wie sie in der vergangnen
Nacht von der Kaiserin zurückgekehrt wären, nachdem sie für die älteste Tochter
des Grafen von der Kaiserin, als deren Patin, ein goldnes Armband erhalten.
Dieses, mit Briefen für den König in eine Schatulle eingeschlossen, sei mit
etwa hundert Piastern baaren Geldes morgens aus dem Vorzimmer verschwunden.
Der hiervon benachrichtigte Konsul Wedekind habe einige Donnerwetter losge¬
lassen, auch mit der Galeere gedroht; und so habe man endlich die Schatulle ge¬
funden, aber erbrochen und im Meere schwimmend, und sie sei mit den nassen
Briefschaften ihnen wiedergebracht worden. Da liege nun die Bescheerung!

Was konnte ich thun! Mein Bedauern äußern, glückliche Reise wünschen,
mich empfehlen.

Doch ließ mir die Sache keine Ruhe. Zurückgekehrt, fand ich die Kaiserin
schon, im Garten und erzählte ihr die Geschichte. Sie erwiederte besorgt: Wenn
so etwas Männern Passire, sei sie wohl ihrer Juwelen auch nicht sicher! Ich
konnte sie indessen beruhigen, weil ganz nahe eine Kompagnie Grenadiere die
Ehrenwache habe.

Die Kaiserin, welche den Grafen beklagte, erteilte mir den Auftrag, ihrer
Kammerdame von Nvhrbeck zu sagen, sie möge die goldne Ährenkrone von ihrem
Putztische, sowie das Spiel von Achat in den Garten bringen. Dann schrieb


von der Pracht und Anordnung des Ganzen und der genauen Durchführung
der einzelnen Teile. Am meisten aber entzückte die herrliche Lage, der Blick
über die „Goldene Muschel" und Palermo auf das Meer, im Norden bis zu den
Liparischen Inseln, im Osten bis zum Ätna.

Moureale war natürlich in Bewegung. Man rief: II no8t,ro Dur <üarlo
pittors im tatto al nostro xav80 Pi.v8to onoro!

Auch der Abt war überglücklich und dankte mir für die Vorstellung bei
Ihrer Majestät; als ob das alles mein Verdienst gewesen wäre.

Ein paar Tage später besuchte mich eines Morgens, bevor ich zur Kaiserin
fuhr, Monsignvre Taralle mit vier Bcnediktinermönchen und brachte mir ein
altes italienisches Werk über die Kathedrale, mit allen Kupferstichen der Mo¬
saiken, im Jahre 1702 in Palermo gedruckt, aber seit Langem vergriffen; (lo
äioata l>I Fig'nor 1). Giovanni liuano. Rosso. Diese Geistlichen wußten,
daß ich mich schon seit vier Jahren vergebens um das Werk bemüht hatte; der
Abt aber meinte, ich hätte ihnen ja schon durch die Vollendung meiner Bilder
von ihrem Tempel so viel Freude gemacht, noch mehr dadurch, daß derselbe
nicht bloß in Rom, sondern anch in Deutschland bekannt geworden wäre; darum
überbrachten sie mir dieses Andenken als den „Ausdruck ihrer aufrichtigen Ver¬
ehrung."

Da ich wußte, daß Graf Brandenburg abreisen wolle, fuhr ich morgens
bei ihm vor, um ihm Lebewohl zu sagen. In des Grafen Zimmer eintretend,
finde 'ich aus alle Stühle ausgebreitet Briefe zum Trocknen, Vater und Sohn
aber in nicht geringer Aufregung. Sie erzählten mir, wie sie in der vergangnen
Nacht von der Kaiserin zurückgekehrt wären, nachdem sie für die älteste Tochter
des Grafen von der Kaiserin, als deren Patin, ein goldnes Armband erhalten.
Dieses, mit Briefen für den König in eine Schatulle eingeschlossen, sei mit
etwa hundert Piastern baaren Geldes morgens aus dem Vorzimmer verschwunden.
Der hiervon benachrichtigte Konsul Wedekind habe einige Donnerwetter losge¬
lassen, auch mit der Galeere gedroht; und so habe man endlich die Schatulle ge¬
funden, aber erbrochen und im Meere schwimmend, und sie sei mit den nassen
Briefschaften ihnen wiedergebracht worden. Da liege nun die Bescheerung!

Was konnte ich thun! Mein Bedauern äußern, glückliche Reise wünschen,
mich empfehlen.

Doch ließ mir die Sache keine Ruhe. Zurückgekehrt, fand ich die Kaiserin
schon, im Garten und erzählte ihr die Geschichte. Sie erwiederte besorgt: Wenn
so etwas Männern Passire, sei sie wohl ihrer Juwelen auch nicht sicher! Ich
konnte sie indessen beruhigen, weil ganz nahe eine Kompagnie Grenadiere die
Ehrenwache habe.

Die Kaiserin, welche den Grafen beklagte, erteilte mir den Auftrag, ihrer
Kammerdame von Nvhrbeck zu sagen, sie möge die goldne Ährenkrone von ihrem
Putztische, sowie das Spiel von Achat in den Garten bringen. Dann schrieb


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/231>, abgerufen am 22.07.2024.