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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Karl Friedrich von Baden als Neubegründor der Universität Heidelberg.

an konnten die Unterthanen studiren, wo es ihnen behagte, nur mußte jeder
Jurist auf einer der beiden Landesuniversitäten einen Kursus über das neue
badische Landrecht hören.

Es konnte als die erste Großthat des um erwachten literarischen Lebens
in Heidelberg gelten, als 1804 Daub und Creuzer die zeitgemäße Zeitschrift
"Die Studien" gründeten, welche im Frühjahr 1805 ans Licht trat; sie zählte
außer deu Stiftern die ersten Größen der Universität unter ihre Mitarbeiter,
erntete Karl Friedrichs warmes Lob und Goethes besondern Beifall. Schon
1808 folgten den "Studien" die weithin gefeierten "Heidelberger Jahrbücher,"
in jener Zeit von epochemachender Bedeutung für die Entwicklung der deutschen
Literatur und unerreicht in Hinsicht auf die Vereinigung großer Männer aus
den verschiedensten Zweigen der Wissenschaft zu einem Zwecke, auf die allseitige
Gediegenheit ihres Inhalts, auf die schöpferische Produktivität in Abhandlungen
und Kritiken. Eine Reihe Stiftungen umschloß, teilweise von Reitzenstein an¬
geregt, wie eine Strahlenkrone die Hochschule. Aus den Bücherschätzen in Bruchsal,
aus den Klöstern und Sammlungen der Nitterkantone erlangte die Bibliothek
einen solchen Zuwachs, daß sie 1812 von 20 000 auf 46 000 Bände stieg.
Einem dringenden Bedürfnisse wurde dadurch abgeholfen, daß Karl Friedrich
das Dominikanerkloster in der Borstadt, an der Stelle des heutigen Friedrichs¬
baues, für 11000 Gulden kaufte, um in ihm 1804 ein anatomisches Theater,
ein akademisches Hospital und eine geburtshilfliche Klinik zu errichten und den
es umschließenden großen Garten, geschmückt mit Gewächs- und Treibhäusern,
zum Studium der Botanik anzulegen. War Deutschlands herrlichste Ruine
nahezu ein Schutthaufen geworden, durchrcmkt von Gestrüpp, überwuchert von
Unkraut und teillveise bepflanzt mit dem Gemüse und der Cichorie des Geheim¬
sekretärs Leger, so brach auch für sie ein Frühling an, um nie mehr dem
Winterfroste weichen zu müssen; die Getreide- und Kartoffelfelder an ihren Ab¬
hängen verschwanden und ebneten sich zu den saftig prangenden Wiesen, die
unser Auge entzücken; droben aber legte der Schwetzingcr Hofgärtner Zeyher
unter der Leitung des kunstsinnige" Professors Gatterer den Schloßgarten mit
seinen prächtigen Bäumen an, deren Schatten uns Enkel erquickt; auch hier
wurde dem Studium der Botanik ein Feld eröffnet. 1807 entstand durch
Creuzer das philologische Seminar, und neben den Fachwissenschaften hörten
viele Studenten wie auch Personen reiferen Alters eifrig Vorlesungen bei Daub,
Creuzer und andern Koryphäen. Die Frequenz der Universität stieg mit dem
Ruhme ihrer Lehrer von 250 Studenten 1809/10 ans 437, sank freilich
im Todesjahre des Nenbegründers auf 393 zurück; die meisten Studenten
waren Juristen. Erscheint die Zahl klein, so kann dies uns nicht verwundern;
war es doch eine Zeit steter Kriegslciuftc! Das Studentenleben trat eben¬
falls in eine neue Phase, vorteilhaft hohen sich Gesittung und Haltung der
Akademiker; an Stelle der Verbindungen der Kvnstantisten und Harmonisten


Karl Friedrich von Baden als Neubegründor der Universität Heidelberg.

an konnten die Unterthanen studiren, wo es ihnen behagte, nur mußte jeder
Jurist auf einer der beiden Landesuniversitäten einen Kursus über das neue
badische Landrecht hören.

Es konnte als die erste Großthat des um erwachten literarischen Lebens
in Heidelberg gelten, als 1804 Daub und Creuzer die zeitgemäße Zeitschrift
„Die Studien" gründeten, welche im Frühjahr 1805 ans Licht trat; sie zählte
außer deu Stiftern die ersten Größen der Universität unter ihre Mitarbeiter,
erntete Karl Friedrichs warmes Lob und Goethes besondern Beifall. Schon
1808 folgten den „Studien" die weithin gefeierten „Heidelberger Jahrbücher,"
in jener Zeit von epochemachender Bedeutung für die Entwicklung der deutschen
Literatur und unerreicht in Hinsicht auf die Vereinigung großer Männer aus
den verschiedensten Zweigen der Wissenschaft zu einem Zwecke, auf die allseitige
Gediegenheit ihres Inhalts, auf die schöpferische Produktivität in Abhandlungen
und Kritiken. Eine Reihe Stiftungen umschloß, teilweise von Reitzenstein an¬
geregt, wie eine Strahlenkrone die Hochschule. Aus den Bücherschätzen in Bruchsal,
aus den Klöstern und Sammlungen der Nitterkantone erlangte die Bibliothek
einen solchen Zuwachs, daß sie 1812 von 20 000 auf 46 000 Bände stieg.
Einem dringenden Bedürfnisse wurde dadurch abgeholfen, daß Karl Friedrich
das Dominikanerkloster in der Borstadt, an der Stelle des heutigen Friedrichs¬
baues, für 11000 Gulden kaufte, um in ihm 1804 ein anatomisches Theater,
ein akademisches Hospital und eine geburtshilfliche Klinik zu errichten und den
es umschließenden großen Garten, geschmückt mit Gewächs- und Treibhäusern,
zum Studium der Botanik anzulegen. War Deutschlands herrlichste Ruine
nahezu ein Schutthaufen geworden, durchrcmkt von Gestrüpp, überwuchert von
Unkraut und teillveise bepflanzt mit dem Gemüse und der Cichorie des Geheim¬
sekretärs Leger, so brach auch für sie ein Frühling an, um nie mehr dem
Winterfroste weichen zu müssen; die Getreide- und Kartoffelfelder an ihren Ab¬
hängen verschwanden und ebneten sich zu den saftig prangenden Wiesen, die
unser Auge entzücken; droben aber legte der Schwetzingcr Hofgärtner Zeyher
unter der Leitung des kunstsinnige» Professors Gatterer den Schloßgarten mit
seinen prächtigen Bäumen an, deren Schatten uns Enkel erquickt; auch hier
wurde dem Studium der Botanik ein Feld eröffnet. 1807 entstand durch
Creuzer das philologische Seminar, und neben den Fachwissenschaften hörten
viele Studenten wie auch Personen reiferen Alters eifrig Vorlesungen bei Daub,
Creuzer und andern Koryphäen. Die Frequenz der Universität stieg mit dem
Ruhme ihrer Lehrer von 250 Studenten 1809/10 ans 437, sank freilich
im Todesjahre des Nenbegründers auf 393 zurück; die meisten Studenten
waren Juristen. Erscheint die Zahl klein, so kann dies uns nicht verwundern;
war es doch eine Zeit steter Kriegslciuftc! Das Studentenleben trat eben¬
falls in eine neue Phase, vorteilhaft hohen sich Gesittung und Haltung der
Akademiker; an Stelle der Verbindungen der Kvnstantisten und Harmonisten


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[0127] Karl Friedrich von Baden als Neubegründor der Universität Heidelberg. an konnten die Unterthanen studiren, wo es ihnen behagte, nur mußte jeder Jurist auf einer der beiden Landesuniversitäten einen Kursus über das neue badische Landrecht hören. Es konnte als die erste Großthat des um erwachten literarischen Lebens in Heidelberg gelten, als 1804 Daub und Creuzer die zeitgemäße Zeitschrift „Die Studien" gründeten, welche im Frühjahr 1805 ans Licht trat; sie zählte außer deu Stiftern die ersten Größen der Universität unter ihre Mitarbeiter, erntete Karl Friedrichs warmes Lob und Goethes besondern Beifall. Schon 1808 folgten den „Studien" die weithin gefeierten „Heidelberger Jahrbücher," in jener Zeit von epochemachender Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Literatur und unerreicht in Hinsicht auf die Vereinigung großer Männer aus den verschiedensten Zweigen der Wissenschaft zu einem Zwecke, auf die allseitige Gediegenheit ihres Inhalts, auf die schöpferische Produktivität in Abhandlungen und Kritiken. Eine Reihe Stiftungen umschloß, teilweise von Reitzenstein an¬ geregt, wie eine Strahlenkrone die Hochschule. Aus den Bücherschätzen in Bruchsal, aus den Klöstern und Sammlungen der Nitterkantone erlangte die Bibliothek einen solchen Zuwachs, daß sie 1812 von 20 000 auf 46 000 Bände stieg. Einem dringenden Bedürfnisse wurde dadurch abgeholfen, daß Karl Friedrich das Dominikanerkloster in der Borstadt, an der Stelle des heutigen Friedrichs¬ baues, für 11000 Gulden kaufte, um in ihm 1804 ein anatomisches Theater, ein akademisches Hospital und eine geburtshilfliche Klinik zu errichten und den es umschließenden großen Garten, geschmückt mit Gewächs- und Treibhäusern, zum Studium der Botanik anzulegen. War Deutschlands herrlichste Ruine nahezu ein Schutthaufen geworden, durchrcmkt von Gestrüpp, überwuchert von Unkraut und teillveise bepflanzt mit dem Gemüse und der Cichorie des Geheim¬ sekretärs Leger, so brach auch für sie ein Frühling an, um nie mehr dem Winterfroste weichen zu müssen; die Getreide- und Kartoffelfelder an ihren Ab¬ hängen verschwanden und ebneten sich zu den saftig prangenden Wiesen, die unser Auge entzücken; droben aber legte der Schwetzingcr Hofgärtner Zeyher unter der Leitung des kunstsinnige» Professors Gatterer den Schloßgarten mit seinen prächtigen Bäumen an, deren Schatten uns Enkel erquickt; auch hier wurde dem Studium der Botanik ein Feld eröffnet. 1807 entstand durch Creuzer das philologische Seminar, und neben den Fachwissenschaften hörten viele Studenten wie auch Personen reiferen Alters eifrig Vorlesungen bei Daub, Creuzer und andern Koryphäen. Die Frequenz der Universität stieg mit dem Ruhme ihrer Lehrer von 250 Studenten 1809/10 ans 437, sank freilich im Todesjahre des Nenbegründers auf 393 zurück; die meisten Studenten waren Juristen. Erscheint die Zahl klein, so kann dies uns nicht verwundern; war es doch eine Zeit steter Kriegslciuftc! Das Studentenleben trat eben¬ falls in eine neue Phase, vorteilhaft hohen sich Gesittung und Haltung der Akademiker; an Stelle der Verbindungen der Kvnstantisten und Harmonisten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/127>, abgerufen am 27.12.2024.