Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Die Deutschen in Newyork', Prozeß beschleunigt, das ist die Eitelkeit, jene wunderbare Eigenschaft, welche Die Ausnahmen, welche man an dieser Stelle gegen uns ins Feld führen Die Deutschen in Newyork', Prozeß beschleunigt, das ist die Eitelkeit, jene wunderbare Eigenschaft, welche Die Ausnahmen, welche man an dieser Stelle gegen uns ins Feld führen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0602" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198026"/> <fw type="header" place="top"> Die Deutschen in Newyork',</fw><lb/> <p xml:id="ID_1781" prev="#ID_1780"> Prozeß beschleunigt, das ist die Eitelkeit, jene wunderbare Eigenschaft, welche<lb/> die Frauen so reizend macht und gegen welche wir ebenfalls nur mit halbem Ernst<lb/> Protestiren können. Der Ausdruck Änwlr vonurn ist nämlich in Newhork von<lb/> keineswegs angenehmen Klang. Der Deutsche versteht es nicht gleich dem<lb/> Amerikaner, seiner steigenden Wohlhabenheit auch seine Lebensformen anzupassen,<lb/> und die etwas in die Breite gcgangnen Hausfrauen reichgewordner Deutschen<lb/> aus den niedern Ständen werden mit Vorliebe bespöttelt, zumal deutsche ta.6i<Z8<lb/> von jeher, und selbst im Jahre 1848, in ganz verschwindender Anzahl zuwanderten<lb/> und nicht selten als auffällige Ausnahmen geradezu falsch klassifizirt wurden.<lb/> So erzählte uns eine liebenswürdige Schwäbin, die sich durch ihr anmutiges<lb/> Profil auszeichnete, lachenden Mundes, daß man ihr in Kaufläden garnicht selten<lb/> mit der verbindlich sein sollenden Frage entgegentrete: Von 'rv 1i'r«znoki l-rei^.<lb/> g,rü't ^on ? und ?on ann't, loolc lito g, Oerumn sagen die Amerikanerinnen sogar<lb/> deutschen Männern als ein Kompliment. Sie scheinen daran gewöhnt, dies<lb/> Kompliment wohl aufgenommen zu sehen, und gerade das ist das Bezeichnende.<lb/> Man kann sich angesichts dessen nicht wundern, wenn vollends die deutsche Frau<lb/> mit fliegenden Fahnen ins andre Lager übergeht, und doch, wie viel besser wäre<lb/> es anders, und wie aussichtslos ist der Kampf einer Nation für ihre Existenz,<lb/> wenn die Frauen ihm ohne Verständnis ausweichen und fernbleiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1782" next="#ID_1783"> Die Ausnahmen, welche man an dieser Stelle gegen uns ins Feld führen<lb/> könnte, sind uns lieb und wert, aber sie sind uns vor allem auch bekannt, und<lb/> wir bitten uns damit zu verschonen; wir sprechen hiervon dem Gros, welches<lb/> den Ausschlag giebt und allein in Betracht kommen kann. Wir machen unsern<lb/> Frauen nicht einmal einen Vorwurf, wir konstatiren lediglich eine Thatsache.<lb/> Die Leidensgeschichte unsers so oft zertretenen Vaterlandes ist uns viel zu tief<lb/> ins Herz gebrannt, als daß wir nicht ganz genau wissen sollten, wie oft im<lb/> Laufe der letzten Jahrhunderte durch die Schuld ihrer unpolitischen, dickköpfigen,<lb/> engherzigen Männer unsre Frauen fremde Einquartierung erdulden mußten, bis<lb/> Deutschland zu jenem öffentlichen Hause herabsank, wo sich die lüderlicher Heere<lb/> aller Nationen Rendezvous gaben. Dergleichen hat seine Folgen, nud<lb/> es gehört wenig Phantasie dazu, um sich auszumalen, wie Taeitus in unserm<lb/> Zeitalter die „Germania" geschrieben haben würde. Ihm, dem stolzen Barbaren¬<lb/> verächter, der mit widerwilligen Herzen, zwischen den Zähnen hervor, seine<lb/> Lobsprüche spendete, welche Wonne wäre es ihm gewesen, den deutschen Frauen<lb/> Überfluß an Sinnlichkeit und Mangel an nationalem Stolze nachsagen zu können.<lb/> Er wußte aber nur zu berichten, wie sie sich kämpfend auf die Wagenburg stellte»,<lb/> wenn alles um sie her gefallen war, wie sie sich, gefangen, zu den Füßen der<lb/> Sieger warfen mit der rührenden Bitte, sie der Vesta zu weihen. Und dann<lb/> lese mau, wie Holtet zu Anfang dieses Jahrhunderts nach Paris kam und wie<lb/> die Veteranen ihm versicherten: überall haben uns die Weiber freundlich em¬<lb/> pfangen, aber so leicht wie bei euch haben sie es uns nirgends gemacht. Ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0602]
Die Deutschen in Newyork',
Prozeß beschleunigt, das ist die Eitelkeit, jene wunderbare Eigenschaft, welche
die Frauen so reizend macht und gegen welche wir ebenfalls nur mit halbem Ernst
Protestiren können. Der Ausdruck Änwlr vonurn ist nämlich in Newhork von
keineswegs angenehmen Klang. Der Deutsche versteht es nicht gleich dem
Amerikaner, seiner steigenden Wohlhabenheit auch seine Lebensformen anzupassen,
und die etwas in die Breite gcgangnen Hausfrauen reichgewordner Deutschen
aus den niedern Ständen werden mit Vorliebe bespöttelt, zumal deutsche ta.6i<Z8
von jeher, und selbst im Jahre 1848, in ganz verschwindender Anzahl zuwanderten
und nicht selten als auffällige Ausnahmen geradezu falsch klassifizirt wurden.
So erzählte uns eine liebenswürdige Schwäbin, die sich durch ihr anmutiges
Profil auszeichnete, lachenden Mundes, daß man ihr in Kaufläden garnicht selten
mit der verbindlich sein sollenden Frage entgegentrete: Von 'rv 1i'r«znoki l-rei^.
g,rü't ^on ? und ?on ann't, loolc lito g, Oerumn sagen die Amerikanerinnen sogar
deutschen Männern als ein Kompliment. Sie scheinen daran gewöhnt, dies
Kompliment wohl aufgenommen zu sehen, und gerade das ist das Bezeichnende.
Man kann sich angesichts dessen nicht wundern, wenn vollends die deutsche Frau
mit fliegenden Fahnen ins andre Lager übergeht, und doch, wie viel besser wäre
es anders, und wie aussichtslos ist der Kampf einer Nation für ihre Existenz,
wenn die Frauen ihm ohne Verständnis ausweichen und fernbleiben.
Die Ausnahmen, welche man an dieser Stelle gegen uns ins Feld führen
könnte, sind uns lieb und wert, aber sie sind uns vor allem auch bekannt, und
wir bitten uns damit zu verschonen; wir sprechen hiervon dem Gros, welches
den Ausschlag giebt und allein in Betracht kommen kann. Wir machen unsern
Frauen nicht einmal einen Vorwurf, wir konstatiren lediglich eine Thatsache.
Die Leidensgeschichte unsers so oft zertretenen Vaterlandes ist uns viel zu tief
ins Herz gebrannt, als daß wir nicht ganz genau wissen sollten, wie oft im
Laufe der letzten Jahrhunderte durch die Schuld ihrer unpolitischen, dickköpfigen,
engherzigen Männer unsre Frauen fremde Einquartierung erdulden mußten, bis
Deutschland zu jenem öffentlichen Hause herabsank, wo sich die lüderlicher Heere
aller Nationen Rendezvous gaben. Dergleichen hat seine Folgen, nud
es gehört wenig Phantasie dazu, um sich auszumalen, wie Taeitus in unserm
Zeitalter die „Germania" geschrieben haben würde. Ihm, dem stolzen Barbaren¬
verächter, der mit widerwilligen Herzen, zwischen den Zähnen hervor, seine
Lobsprüche spendete, welche Wonne wäre es ihm gewesen, den deutschen Frauen
Überfluß an Sinnlichkeit und Mangel an nationalem Stolze nachsagen zu können.
Er wußte aber nur zu berichten, wie sie sich kämpfend auf die Wagenburg stellte»,
wenn alles um sie her gefallen war, wie sie sich, gefangen, zu den Füßen der
Sieger warfen mit der rührenden Bitte, sie der Vesta zu weihen. Und dann
lese mau, wie Holtet zu Anfang dieses Jahrhunderts nach Paris kam und wie
die Veteranen ihm versicherten: überall haben uns die Weiber freundlich em¬
pfangen, aber so leicht wie bei euch haben sie es uns nirgends gemacht. Ein
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