Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Englische Sorgen in Nordindien. der Grenze gegen einen russischen Angriff die Rede war; denn die Vorteile, Englische Sorgen in Nordindien. der Grenze gegen einen russischen Angriff die Rede war; denn die Vorteile, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0522" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197946"/> <fw type="header" place="top"> Englische Sorgen in Nordindien.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1525" prev="#ID_1524" next="#ID_1526"> der Grenze gegen einen russischen Angriff die Rede war; denn die Vorteile,<lb/> welche eine derartige Stellung dem Verteidiger des Judusthales bietet, liegen<lb/> so deutlich auf der Hand, daß sie selbst einem Laienauge nicht entgehen können.<lb/> Unter so bewandten Umstanden ist die indische Regierung jetzt dringend darauf<lb/> hingewiesen, Schritte zu thun, durch welche sie in den Stand gesetzt wird, Kau-<lb/> dcchar ohne Verzug zu besetzen und zu halten, sobald dies erforderlich wird.<lb/> Diese Position ist in militärischer Hinsicht vom allerhöchsten Werte, sie beherrscht<lb/> politisch das ganze südliche Afghanistan oder kaun wenigstens so gestaltet und<lb/> verstärkt werden, daß sie es beherrscht; sie ist endlich kommerziell ein Durch--<lb/> gaugspuukt, durch welchen ein starker Handels- und Vcrkehrsstrom fließt, der<lb/> sich bei kluger Behandlung in kurzer Zeit beträchtlich an Masse und Wert ver¬<lb/> größern würde. Als vorbereitende Maßregel wäre zunächst erforderlich, daß<lb/> Kandahar durch Dampfwagcnvcrkehr mit Quella verbunden würde. Dazu be¬<lb/> dürfte es nur der Verlängerung der jetzt im Bau begriffenen Eisenbahn bis<lb/> nach jener in der neuen wie in der alten Geschichte Afghanistans vielumstrittenen<lb/> Stadt. Warum soll die Lokomotive in Schebo oder am Fuße der Berge von<lb/> Kvdschak Amm Halt machen? Hier nud dort würden die Züge gleichsam in<lb/> der Luft stehen; denn die von ihr beförderten Streitkräfte oder Warensendungen<lb/> würden von diesen Endpunkten ans noch eine lange Strecke ohne Dampfroß<lb/> zurückzulegen haben und damit unter Umständen in verhängnisvoller Weise Zeit<lb/> verlieren. Mit ander» Worten: eine Eisenbahn von Quella in der Richtung<lb/> nach Kandahar hin gebaut, aber nicht bis zu dieser Stadt selbst ausgeführt,<lb/> würde eine Halbheit und ein geringer Gewinn für den Handel sein, bei einem<lb/> Kriege mit den Russen nicht genügen und als politisches Werkzeug gleichfalls<lb/> zu wünschen übrig lassen. Es ist daher notwendig, daß diese Schienenstraße<lb/> bis hinab in das Thal des Argand Ab und vor die Thore Kant-'chars (der<lb/> Ton liegt auf der zweiten, nicht, wie in Meyers Lexikon, auf der ersten<lb/> Silbe des Namens) weiter vorgeschoben wird. „Es bedarf keines Beweises,<lb/> so schreibt ein Sachkenner, wenn ich behaupte, daß eine Bahn von Quella nach<lb/> Kandahar als ein Unternehmen der Ingenieurkunst mich ans ihrer letzten Strecke<lb/> ausführbar ist. In der That, sobald der beständige Weg auf der Hochfläche<lb/> fertig wäre, würden sich der Fortsetzung nur noch in den Gebirgen von<lb/> Pischin erhebliche Schwierigkeiten in den Weg stellen. Ich gedenke die kom¬<lb/> merziellen Vorteile des neuen Weges durchaus nicht höher anzuschlagen, als<lb/> sie in Wirklichkeit sind, aber es ist doch eine unbestreitbare Thatsache, daß<lb/> gegenwärtig der Handel Indiens mit seinen nördlichen Grenznachbarn durch den<lb/> Wechsel der Jahreszeiten und die Natur des Transportes eine wesentliche Be¬<lb/> schränkung erleidet. Der Wert der Waaren, welche von den Landstrichen, deren<lb/> Sammelmarkt Kandahar ist, nach Schiknrpore, dem großen Depot für den<lb/> zentralasiatischen Handel, versandt wurden, stieg und sank im Verlaufe der<lb/> Periode von 1875 bis 188."> nicht weniger als neunmal. Die hauptsächliche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0522]
Englische Sorgen in Nordindien.
der Grenze gegen einen russischen Angriff die Rede war; denn die Vorteile,
welche eine derartige Stellung dem Verteidiger des Judusthales bietet, liegen
so deutlich auf der Hand, daß sie selbst einem Laienauge nicht entgehen können.
Unter so bewandten Umstanden ist die indische Regierung jetzt dringend darauf
hingewiesen, Schritte zu thun, durch welche sie in den Stand gesetzt wird, Kau-
dcchar ohne Verzug zu besetzen und zu halten, sobald dies erforderlich wird.
Diese Position ist in militärischer Hinsicht vom allerhöchsten Werte, sie beherrscht
politisch das ganze südliche Afghanistan oder kaun wenigstens so gestaltet und
verstärkt werden, daß sie es beherrscht; sie ist endlich kommerziell ein Durch--
gaugspuukt, durch welchen ein starker Handels- und Vcrkehrsstrom fließt, der
sich bei kluger Behandlung in kurzer Zeit beträchtlich an Masse und Wert ver¬
größern würde. Als vorbereitende Maßregel wäre zunächst erforderlich, daß
Kandahar durch Dampfwagcnvcrkehr mit Quella verbunden würde. Dazu be¬
dürfte es nur der Verlängerung der jetzt im Bau begriffenen Eisenbahn bis
nach jener in der neuen wie in der alten Geschichte Afghanistans vielumstrittenen
Stadt. Warum soll die Lokomotive in Schebo oder am Fuße der Berge von
Kvdschak Amm Halt machen? Hier nud dort würden die Züge gleichsam in
der Luft stehen; denn die von ihr beförderten Streitkräfte oder Warensendungen
würden von diesen Endpunkten ans noch eine lange Strecke ohne Dampfroß
zurückzulegen haben und damit unter Umständen in verhängnisvoller Weise Zeit
verlieren. Mit ander» Worten: eine Eisenbahn von Quella in der Richtung
nach Kandahar hin gebaut, aber nicht bis zu dieser Stadt selbst ausgeführt,
würde eine Halbheit und ein geringer Gewinn für den Handel sein, bei einem
Kriege mit den Russen nicht genügen und als politisches Werkzeug gleichfalls
zu wünschen übrig lassen. Es ist daher notwendig, daß diese Schienenstraße
bis hinab in das Thal des Argand Ab und vor die Thore Kant-'chars (der
Ton liegt auf der zweiten, nicht, wie in Meyers Lexikon, auf der ersten
Silbe des Namens) weiter vorgeschoben wird. „Es bedarf keines Beweises,
so schreibt ein Sachkenner, wenn ich behaupte, daß eine Bahn von Quella nach
Kandahar als ein Unternehmen der Ingenieurkunst mich ans ihrer letzten Strecke
ausführbar ist. In der That, sobald der beständige Weg auf der Hochfläche
fertig wäre, würden sich der Fortsetzung nur noch in den Gebirgen von
Pischin erhebliche Schwierigkeiten in den Weg stellen. Ich gedenke die kom¬
merziellen Vorteile des neuen Weges durchaus nicht höher anzuschlagen, als
sie in Wirklichkeit sind, aber es ist doch eine unbestreitbare Thatsache, daß
gegenwärtig der Handel Indiens mit seinen nördlichen Grenznachbarn durch den
Wechsel der Jahreszeiten und die Natur des Transportes eine wesentliche Be¬
schränkung erleidet. Der Wert der Waaren, welche von den Landstrichen, deren
Sammelmarkt Kandahar ist, nach Schiknrpore, dem großen Depot für den
zentralasiatischen Handel, versandt wurden, stieg und sank im Verlaufe der
Periode von 1875 bis 188."> nicht weniger als neunmal. Die hauptsächliche
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