Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.cLmnoens. jetzt seinem weidenden Maultiere und dem Pfade genähert, den die Sprechenden Hier habt ihr, was eure Kehle begehrt, dafür fordre ich von euch, daß Wir danken Euch für die Weisung, gnädiger Herr! hörte man den ersten Der launige Fluch, mit welchem der Reiter antwortete, ging in dem Ge¬ Blitzschnell griff der Angerufene wieder nach den Zügeln, die er lässig Er trieb sein Pferd durch den schäumende" Bach, um den Pfad zu kürzen, Senhor Luiz löste sich aus der Umarmung des ältern Mannes, der ihn cLmnoens. jetzt seinem weidenden Maultiere und dem Pfade genähert, den die Sprechenden Hier habt ihr, was eure Kehle begehrt, dafür fordre ich von euch, daß Wir danken Euch für die Weisung, gnädiger Herr! hörte man den ersten Der launige Fluch, mit welchem der Reiter antwortete, ging in dem Ge¬ Blitzschnell griff der Angerufene wieder nach den Zügeln, die er lässig Er trieb sein Pferd durch den schäumende» Bach, um den Pfad zu kürzen, Senhor Luiz löste sich aus der Umarmung des ältern Mannes, der ihn <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0048" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197472"/> <fw type="header" place="top"> cLmnoens.</fw><lb/> <p xml:id="ID_117" prev="#ID_116"> jetzt seinem weidenden Maultiere und dem Pfade genähert, den die Sprechenden<lb/> Herabkommen mußten, und vernahm alles folgende noch besser als zuvor:</p><lb/> <p xml:id="ID_118"> Hier habt ihr, was eure Kehle begehrt, dafür fordre ich von euch, daß<lb/> ihr mir das Wasser in der Schlucht allein laßt und euch an den Wein haltet.<lb/> Wo der Weg die große Straße erreicht, steht links bereits die erste Schenke.</p><lb/> <p xml:id="ID_119"> Wir danken Euch für die Weisung, gnädiger Herr! hörte man den ersten<lb/> Sprecher wieder sagen. Die Rast am Wasser wolle» wir Euch nicht vergällen,<lb/> und wenn zufällig eine schone Ziegenhirtin dort weidet, so habt Ihr die gute<lb/> Stunde mit Eurer Freigebigkeit wohl verdient.</p><lb/> <p xml:id="ID_120"> Der launige Fluch, mit welchem der Reiter antwortete, ging in dem Ge¬<lb/> lächter einer ganzen Anzahl von rauhen Stimmen unter, dann schollen takt¬<lb/> mäßige Tritte, der Lauschende sah fünf oder sechs Männer in zerlumpten<lb/> Wämsern, aber mit guten Waffe», die Senkung des Weges herab und an der<lb/> andern Seite der Schlucht wieder empvreilen. Sie hielten ihr Versprechen,<lb/> warfen aber neugierige Blicke in die schattige Wildnis herein. Sichtlich ent¬<lb/> täuscht entdeckten sie nnn den Mann in dunkler Kleidung, der jetzt seine Klinge<lb/> vor sich in das Moos gestemmt hatte und sich mit beiden Händen auf den<lb/> Korb derselben stützte. Der Einsame hätte ihre spöttischen Bemerkungen, daß<lb/> sich die vermutete schöne Hirtin in einem einäugigen, bärtigen Manne auflöse,<lb/> vernehmen können, wenn er nicht jetzt seine ganze Aufmerksamkeit dem von der<lb/> andern Seite herabkommenden Reiter zugewandt hätte. Schon in der nächsten<lb/> Minute wieherte der Rappe der unverhofften Gesellschaft des Maultieres ent¬<lb/> gegen, und fast zugleich entrang sich den Lippen des ersten Ankömmlings ein<lb/> lauter Ausruf: Manuel! Manuel Barreto!</p><lb/> <p xml:id="ID_121"> Blitzschnell griff der Angerufene wieder nach den Zügeln, die er lässig<lb/> hatte herabhängen lassen, seine Augen wandten sich fragend zu dem Rufenden,<lb/> und über sein ganzes gebräuntes Gesicht ging ein lichter Schein frohen Er-<lb/> kennens: Bei den Wunden des Heilands — Ihr seid es, Senhor Luis?</p><lb/> <p xml:id="ID_122"> Er trieb sein Pferd durch den schäumende» Bach, um den Pfad zu kürzen,<lb/> und sprang dann ohne weiteres aus dem Sattel, indem er den Rappen sich<lb/> selbst überließ. Senhor Luis war ihm mit stürmischer Freude entgegengeeilt,<lb/> hielt aber daun zögernd inne, bis er die Arme des andern weit geöffnet sah<lb/> und dieser mit herzgewinnender Stimme sagte: Was besinnt Ihr Euch, Freund?<lb/> Ich bin der Alte, selbst ein bischen älter geworden und hochbeglückt, Euch zu<lb/> begegnen! Unverhofft — aber zu guter Stunde! Euch hat die Sonne Afrikas<lb/> noch mehr gebräunt als die indische! Daß Ihr von Goa nach Sofala ge¬<lb/> gangen wäret, wußte ich aus den Briefen meines filzigen Vetters, des Gou¬<lb/> verneurs — von Eurer Heimkehr ahnte ich nichts! Ich wünsche Euch Glück,<lb/> daß Ihr den thörichten Vorsatz, Portugal nicht wiederzusehen, noch zu rechter<lb/> Zeit aufgegebn? habt, um ein Stück Abendsonnenschein daheim zu genießen!</p><lb/> <p xml:id="ID_123" next="#ID_124"> Senhor Luiz löste sich aus der Umarmung des ältern Mannes, der ihn</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0048]
cLmnoens.
jetzt seinem weidenden Maultiere und dem Pfade genähert, den die Sprechenden
Herabkommen mußten, und vernahm alles folgende noch besser als zuvor:
Hier habt ihr, was eure Kehle begehrt, dafür fordre ich von euch, daß
ihr mir das Wasser in der Schlucht allein laßt und euch an den Wein haltet.
Wo der Weg die große Straße erreicht, steht links bereits die erste Schenke.
Wir danken Euch für die Weisung, gnädiger Herr! hörte man den ersten
Sprecher wieder sagen. Die Rast am Wasser wolle» wir Euch nicht vergällen,
und wenn zufällig eine schone Ziegenhirtin dort weidet, so habt Ihr die gute
Stunde mit Eurer Freigebigkeit wohl verdient.
Der launige Fluch, mit welchem der Reiter antwortete, ging in dem Ge¬
lächter einer ganzen Anzahl von rauhen Stimmen unter, dann schollen takt¬
mäßige Tritte, der Lauschende sah fünf oder sechs Männer in zerlumpten
Wämsern, aber mit guten Waffe», die Senkung des Weges herab und an der
andern Seite der Schlucht wieder empvreilen. Sie hielten ihr Versprechen,
warfen aber neugierige Blicke in die schattige Wildnis herein. Sichtlich ent¬
täuscht entdeckten sie nnn den Mann in dunkler Kleidung, der jetzt seine Klinge
vor sich in das Moos gestemmt hatte und sich mit beiden Händen auf den
Korb derselben stützte. Der Einsame hätte ihre spöttischen Bemerkungen, daß
sich die vermutete schöne Hirtin in einem einäugigen, bärtigen Manne auflöse,
vernehmen können, wenn er nicht jetzt seine ganze Aufmerksamkeit dem von der
andern Seite herabkommenden Reiter zugewandt hätte. Schon in der nächsten
Minute wieherte der Rappe der unverhofften Gesellschaft des Maultieres ent¬
gegen, und fast zugleich entrang sich den Lippen des ersten Ankömmlings ein
lauter Ausruf: Manuel! Manuel Barreto!
Blitzschnell griff der Angerufene wieder nach den Zügeln, die er lässig
hatte herabhängen lassen, seine Augen wandten sich fragend zu dem Rufenden,
und über sein ganzes gebräuntes Gesicht ging ein lichter Schein frohen Er-
kennens: Bei den Wunden des Heilands — Ihr seid es, Senhor Luis?
Er trieb sein Pferd durch den schäumende» Bach, um den Pfad zu kürzen,
und sprang dann ohne weiteres aus dem Sattel, indem er den Rappen sich
selbst überließ. Senhor Luis war ihm mit stürmischer Freude entgegengeeilt,
hielt aber daun zögernd inne, bis er die Arme des andern weit geöffnet sah
und dieser mit herzgewinnender Stimme sagte: Was besinnt Ihr Euch, Freund?
Ich bin der Alte, selbst ein bischen älter geworden und hochbeglückt, Euch zu
begegnen! Unverhofft — aber zu guter Stunde! Euch hat die Sonne Afrikas
noch mehr gebräunt als die indische! Daß Ihr von Goa nach Sofala ge¬
gangen wäret, wußte ich aus den Briefen meines filzigen Vetters, des Gou¬
verneurs — von Eurer Heimkehr ahnte ich nichts! Ich wünsche Euch Glück,
daß Ihr den thörichten Vorsatz, Portugal nicht wiederzusehen, noch zu rechter
Zeit aufgegebn? habt, um ein Stück Abendsonnenschein daheim zu genießen!
Senhor Luiz löste sich aus der Umarmung des ältern Mannes, der ihn
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