Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Durchführung elln-s Systems von L?aiiowerk!--Genossenschaft>ni.

zwei Schwierigkeiten im Wege stehen: einmal das gottlob immer noch vvrhandne
hartnäckige Festhalten der Handwerker an dem Gedanken, daß gemeinsame Ver¬
anstaltungen für sie innerhalb der Innung oder doch durch Vermittelung der¬
selben stattfinden müßten, während die Innung gegenwärtig zwar berechtigt ist,
auch diese Angelegenheit in ihr Bereich zu ziehen, ihr aber die bestimmten
Rechtsbcfngnisfe und Organe hierfür mangeln, und zweitens die zur Zeit in
Deutschland bestehende Unerläßlichkeit der obligatorischen Haftbarkeit; aber bei
gutem Willen sollten sich diese Schwierigkeiten doch in vielen einzelnen Fällen
überwinden lassen. In vielen Gewerben giebt es doch eine Menge von
Personen, welche hinlänglich gut situirt sind, um über die ersten Schwierig¬
keiten der Gründung eines Geschäftes (welches sich ja doch immer in beschei¬
denem Umsange halten soll) hinweghelfen zu können, und welche auch hinlänglich
weiten und freien Blick und genügende Erfahrungen und Geschäftskcnntnisse
haben könnten, um die Nichtigkeit unsrer obigen Darlegung zu begreifen und
sowohl die Sammlung einer Anzahl Genossen wie mich die einstweilige Leitung
mit Erfolg in ihre Hand zu nehmen. Sowie eine Anzahl von Gewerbsgenosse",
groß genug, um einen Vorstand und eine Kvntrolbchörde aus ihrer Mitte
bilden und daS Material für einen kleinen Geschäftsbetrieb darbieten zu können,
und wenigstens zu einem Teile zahlnngsfähig genng, um einigen gemeinsamen
Kredit zu reprüsentireu, sich zusammenthäte, so würde die Gründung einer Ge¬
nossenschaft keine weitem Schwierigkeiten haben und nur sehr wenig Kosten ver¬
ursachen. Allerdings müßten diese Leute sich zur Übernahme solidarischer Haft¬
barkeit verstehen, deun bei ihrer Innung würden sie einstweilen keine andre als
eine moralische Unterstützung finden können; aber mit welchem Nachdrucke würde
eine Anzahl solcher, wenn auch kleiner Vereinigungen dafür einzutreten imstande
sein, daß nunmehr die Gesetzgebung so gut den neuen Juuungsgenvssenschafteu
wie früher den sogenannten Vvlksbankcn ?e. zu Hilfe komme, und welche
Stütze würden nicht im Reichstage zu stellende Anträge an diesen Ver¬
einigungen finden!

Warum bilden sich solche Vereinigungen nicht, trotz aller auf sie hin¬
drängenden Zeitumstände und aller schwer empfundenen Schattenseiten des jetzigen
Zustandes? Und warum steht man auf konservativer Seite, obwohl man das
hier obwaltende Bedürfnis Wohl empfindet (wie dies seinerzeit der Mirbachschc
Antrag auf fakultative Einführung der Teilhaft bewies), dieser ganzen Sache
sowohl nach ihrer gesetzgeberischen wie nach ihrer geschäftlichen Seite so gleichgiltig
gegenüber? Die Autwort lautet: Wegen der ungeheuern Bedeutung und des
ungeheuern Einflusses, den die Voltöbaulcu gewonnen haben. Nur ist zu be¬
merken, daß, wenn die Handwerker sich hiermit ausreden, sich hiergegen nicht
viel sagen läßt, wenn aber die Konservativen als Partei dies thun, so bedeutet
das gerade soviel, als daß sie, der Vvlksbankcn wegen, ihre Sache verloren
geben. Mau gebe sich über folgende, unsrer Überzeugung nach unwiderlcg-


Die Durchführung elln-s Systems von L?aiiowerk!--Genossenschaft>ni.

zwei Schwierigkeiten im Wege stehen: einmal das gottlob immer noch vvrhandne
hartnäckige Festhalten der Handwerker an dem Gedanken, daß gemeinsame Ver¬
anstaltungen für sie innerhalb der Innung oder doch durch Vermittelung der¬
selben stattfinden müßten, während die Innung gegenwärtig zwar berechtigt ist,
auch diese Angelegenheit in ihr Bereich zu ziehen, ihr aber die bestimmten
Rechtsbcfngnisfe und Organe hierfür mangeln, und zweitens die zur Zeit in
Deutschland bestehende Unerläßlichkeit der obligatorischen Haftbarkeit; aber bei
gutem Willen sollten sich diese Schwierigkeiten doch in vielen einzelnen Fällen
überwinden lassen. In vielen Gewerben giebt es doch eine Menge von
Personen, welche hinlänglich gut situirt sind, um über die ersten Schwierig¬
keiten der Gründung eines Geschäftes (welches sich ja doch immer in beschei¬
denem Umsange halten soll) hinweghelfen zu können, und welche auch hinlänglich
weiten und freien Blick und genügende Erfahrungen und Geschäftskcnntnisse
haben könnten, um die Nichtigkeit unsrer obigen Darlegung zu begreifen und
sowohl die Sammlung einer Anzahl Genossen wie mich die einstweilige Leitung
mit Erfolg in ihre Hand zu nehmen. Sowie eine Anzahl von Gewerbsgenosse»,
groß genug, um einen Vorstand und eine Kvntrolbchörde aus ihrer Mitte
bilden und daS Material für einen kleinen Geschäftsbetrieb darbieten zu können,
und wenigstens zu einem Teile zahlnngsfähig genng, um einigen gemeinsamen
Kredit zu reprüsentireu, sich zusammenthäte, so würde die Gründung einer Ge¬
nossenschaft keine weitem Schwierigkeiten haben und nur sehr wenig Kosten ver¬
ursachen. Allerdings müßten diese Leute sich zur Übernahme solidarischer Haft¬
barkeit verstehen, deun bei ihrer Innung würden sie einstweilen keine andre als
eine moralische Unterstützung finden können; aber mit welchem Nachdrucke würde
eine Anzahl solcher, wenn auch kleiner Vereinigungen dafür einzutreten imstande
sein, daß nunmehr die Gesetzgebung so gut den neuen Juuungsgenvssenschafteu
wie früher den sogenannten Vvlksbankcn ?e. zu Hilfe komme, und welche
Stütze würden nicht im Reichstage zu stellende Anträge an diesen Ver¬
einigungen finden!

Warum bilden sich solche Vereinigungen nicht, trotz aller auf sie hin¬
drängenden Zeitumstände und aller schwer empfundenen Schattenseiten des jetzigen
Zustandes? Und warum steht man auf konservativer Seite, obwohl man das
hier obwaltende Bedürfnis Wohl empfindet (wie dies seinerzeit der Mirbachschc
Antrag auf fakultative Einführung der Teilhaft bewies), dieser ganzen Sache
sowohl nach ihrer gesetzgeberischen wie nach ihrer geschäftlichen Seite so gleichgiltig
gegenüber? Die Autwort lautet: Wegen der ungeheuern Bedeutung und des
ungeheuern Einflusses, den die Voltöbaulcu gewonnen haben. Nur ist zu be¬
merken, daß, wenn die Handwerker sich hiermit ausreden, sich hiergegen nicht
viel sagen läßt, wenn aber die Konservativen als Partei dies thun, so bedeutet
das gerade soviel, als daß sie, der Vvlksbankcn wegen, ihre Sache verloren
geben. Mau gebe sich über folgende, unsrer Überzeugung nach unwiderlcg-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0456" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197880"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Durchführung elln-s Systems von L?aiiowerk!--Genossenschaft&gt;ni.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1315" prev="#ID_1314"> zwei Schwierigkeiten im Wege stehen: einmal das gottlob immer noch vvrhandne<lb/>
hartnäckige Festhalten der Handwerker an dem Gedanken, daß gemeinsame Ver¬<lb/>
anstaltungen für sie innerhalb der Innung oder doch durch Vermittelung der¬<lb/>
selben stattfinden müßten, während die Innung gegenwärtig zwar berechtigt ist,<lb/>
auch diese Angelegenheit in ihr Bereich zu ziehen, ihr aber die bestimmten<lb/>
Rechtsbcfngnisfe und Organe hierfür mangeln, und zweitens die zur Zeit in<lb/>
Deutschland bestehende Unerläßlichkeit der obligatorischen Haftbarkeit; aber bei<lb/>
gutem Willen sollten sich diese Schwierigkeiten doch in vielen einzelnen Fällen<lb/>
überwinden lassen. In vielen Gewerben giebt es doch eine Menge von<lb/>
Personen, welche hinlänglich gut situirt sind, um über die ersten Schwierig¬<lb/>
keiten der Gründung eines Geschäftes (welches sich ja doch immer in beschei¬<lb/>
denem Umsange halten soll) hinweghelfen zu können, und welche auch hinlänglich<lb/>
weiten und freien Blick und genügende Erfahrungen und Geschäftskcnntnisse<lb/>
haben könnten, um die Nichtigkeit unsrer obigen Darlegung zu begreifen und<lb/>
sowohl die Sammlung einer Anzahl Genossen wie mich die einstweilige Leitung<lb/>
mit Erfolg in ihre Hand zu nehmen. Sowie eine Anzahl von Gewerbsgenosse»,<lb/>
groß genug, um einen Vorstand und eine Kvntrolbchörde aus ihrer Mitte<lb/>
bilden und daS Material für einen kleinen Geschäftsbetrieb darbieten zu können,<lb/>
und wenigstens zu einem Teile zahlnngsfähig genng, um einigen gemeinsamen<lb/>
Kredit zu reprüsentireu, sich zusammenthäte, so würde die Gründung einer Ge¬<lb/>
nossenschaft keine weitem Schwierigkeiten haben und nur sehr wenig Kosten ver¬<lb/>
ursachen. Allerdings müßten diese Leute sich zur Übernahme solidarischer Haft¬<lb/>
barkeit verstehen, deun bei ihrer Innung würden sie einstweilen keine andre als<lb/>
eine moralische Unterstützung finden können; aber mit welchem Nachdrucke würde<lb/>
eine Anzahl solcher, wenn auch kleiner Vereinigungen dafür einzutreten imstande<lb/>
sein, daß nunmehr die Gesetzgebung so gut den neuen Juuungsgenvssenschafteu<lb/>
wie früher den sogenannten Vvlksbankcn ?e. zu Hilfe komme, und welche<lb/>
Stütze würden nicht im Reichstage zu stellende Anträge an diesen Ver¬<lb/>
einigungen finden!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1316" next="#ID_1317"> Warum bilden sich solche Vereinigungen nicht, trotz aller auf sie hin¬<lb/>
drängenden Zeitumstände und aller schwer empfundenen Schattenseiten des jetzigen<lb/>
Zustandes? Und warum steht man auf konservativer Seite, obwohl man das<lb/>
hier obwaltende Bedürfnis Wohl empfindet (wie dies seinerzeit der Mirbachschc<lb/>
Antrag auf fakultative Einführung der Teilhaft bewies), dieser ganzen Sache<lb/>
sowohl nach ihrer gesetzgeberischen wie nach ihrer geschäftlichen Seite so gleichgiltig<lb/>
gegenüber? Die Autwort lautet: Wegen der ungeheuern Bedeutung und des<lb/>
ungeheuern Einflusses, den die Voltöbaulcu gewonnen haben. Nur ist zu be¬<lb/>
merken, daß, wenn die Handwerker sich hiermit ausreden, sich hiergegen nicht<lb/>
viel sagen läßt, wenn aber die Konservativen als Partei dies thun, so bedeutet<lb/>
das gerade soviel, als daß sie, der Vvlksbankcn wegen, ihre Sache verloren<lb/>
geben.  Mau gebe sich über folgende, unsrer Überzeugung nach unwiderlcg-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0456] Die Durchführung elln-s Systems von L?aiiowerk!--Genossenschaft>ni. zwei Schwierigkeiten im Wege stehen: einmal das gottlob immer noch vvrhandne hartnäckige Festhalten der Handwerker an dem Gedanken, daß gemeinsame Ver¬ anstaltungen für sie innerhalb der Innung oder doch durch Vermittelung der¬ selben stattfinden müßten, während die Innung gegenwärtig zwar berechtigt ist, auch diese Angelegenheit in ihr Bereich zu ziehen, ihr aber die bestimmten Rechtsbcfngnisfe und Organe hierfür mangeln, und zweitens die zur Zeit in Deutschland bestehende Unerläßlichkeit der obligatorischen Haftbarkeit; aber bei gutem Willen sollten sich diese Schwierigkeiten doch in vielen einzelnen Fällen überwinden lassen. In vielen Gewerben giebt es doch eine Menge von Personen, welche hinlänglich gut situirt sind, um über die ersten Schwierig¬ keiten der Gründung eines Geschäftes (welches sich ja doch immer in beschei¬ denem Umsange halten soll) hinweghelfen zu können, und welche auch hinlänglich weiten und freien Blick und genügende Erfahrungen und Geschäftskcnntnisse haben könnten, um die Nichtigkeit unsrer obigen Darlegung zu begreifen und sowohl die Sammlung einer Anzahl Genossen wie mich die einstweilige Leitung mit Erfolg in ihre Hand zu nehmen. Sowie eine Anzahl von Gewerbsgenosse», groß genug, um einen Vorstand und eine Kvntrolbchörde aus ihrer Mitte bilden und daS Material für einen kleinen Geschäftsbetrieb darbieten zu können, und wenigstens zu einem Teile zahlnngsfähig genng, um einigen gemeinsamen Kredit zu reprüsentireu, sich zusammenthäte, so würde die Gründung einer Ge¬ nossenschaft keine weitem Schwierigkeiten haben und nur sehr wenig Kosten ver¬ ursachen. Allerdings müßten diese Leute sich zur Übernahme solidarischer Haft¬ barkeit verstehen, deun bei ihrer Innung würden sie einstweilen keine andre als eine moralische Unterstützung finden können; aber mit welchem Nachdrucke würde eine Anzahl solcher, wenn auch kleiner Vereinigungen dafür einzutreten imstande sein, daß nunmehr die Gesetzgebung so gut den neuen Juuungsgenvssenschafteu wie früher den sogenannten Vvlksbankcn ?e. zu Hilfe komme, und welche Stütze würden nicht im Reichstage zu stellende Anträge an diesen Ver¬ einigungen finden! Warum bilden sich solche Vereinigungen nicht, trotz aller auf sie hin¬ drängenden Zeitumstände und aller schwer empfundenen Schattenseiten des jetzigen Zustandes? Und warum steht man auf konservativer Seite, obwohl man das hier obwaltende Bedürfnis Wohl empfindet (wie dies seinerzeit der Mirbachschc Antrag auf fakultative Einführung der Teilhaft bewies), dieser ganzen Sache sowohl nach ihrer gesetzgeberischen wie nach ihrer geschäftlichen Seite so gleichgiltig gegenüber? Die Autwort lautet: Wegen der ungeheuern Bedeutung und des ungeheuern Einflusses, den die Voltöbaulcu gewonnen haben. Nur ist zu be¬ merken, daß, wenn die Handwerker sich hiermit ausreden, sich hiergegen nicht viel sagen läßt, wenn aber die Konservativen als Partei dies thun, so bedeutet das gerade soviel, als daß sie, der Vvlksbankcn wegen, ihre Sache verloren geben. Mau gebe sich über folgende, unsrer Überzeugung nach unwiderlcg-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/456
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/456>, abgerufen am 05.02.2025.