Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.erwecken könnte." Ist das nicht herrlich? Dabei begegnet ihm das kleine "Dieser Nao-Teutonismus wäre aber nicht vollwichtig, wenn er nicht auch Ob es der deutschen Jngend zu Herzen gehen wird, daß sie den X u. Komp. erwecken könnte." Ist das nicht herrlich? Dabei begegnet ihm das kleine „Dieser Nao-Teutonismus wäre aber nicht vollwichtig, wenn er nicht auch Ob es der deutschen Jngend zu Herzen gehen wird, daß sie den X u. Komp. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0435" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197859"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1259" prev="#ID_1258"> erwecken könnte." Ist das nicht herrlich? Dabei begegnet ihm das kleine<lb/> Malheur, Gutzkow und Laube als Märtyrer der Einheits- und Freiheitsidee<lb/> zu bezeichnen, während es doch die Lehre von der Emanzipation des Fleisches<lb/> war. die sie ins Gefängnis brachte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1260"> „Dieser Nao-Teutonismus wäre aber nicht vollwichtig, wenn er nicht auch<lb/> sein antisemitisches Kennzeichen hätte" — und diese Sorte von Kosmopolitismus<lb/> würde alles eher verzeihen, als eine wahrheitsgetreue Schilderung des zer¬<lb/> störenden Einflusses des „geistvollen" Judentums. Hier wird Herr X pathetisch,<lb/> wehmütig, sarkastisch, er versteht die Welt nicht mehr. „Der Wortführer der<lb/> Berliner Jugend" darf es wagen, an Börne die „geschmacklose Vermischung<lb/> deutscher Sentimentalität mit jüdischer Witzelei, das haltlose Schwanken zwischen<lb/> Vaterlandsliebe und Kosmopolitismus" zu rügen, dem „kräftigen Hasse des<lb/> Rheinländers (wer lacht dn?) Heine gegen Preußen" seine Verehrung zu ver-<lb/> ^Mu, „jene geistvollen Jüdinnen Berlins, welche jener Zeit die höchste und feinste,<lb/> aber auch freieste (el el!) Bildung darstellten, in deren Kreise die urgermanischen<lb/> Sagen lebendig, die deutschen Märchen zum erstenmale (!) erzählt wurden, die<lb/> deutschen Volkslieder kursirten, die den letzten Ort boten, wo ein wahrer (!) Goethe-<lb/> Kultus herrschte" — also jene natürlich geistvollen Jüdinnen, ohne die augen¬<lb/> scheinlich das Deutschtum elend zu Grunde gegangen wäre, zu ignoriren, und<lb/> dafür bei Wolfgang Menzel trotz seines bornirten Hasses gegen Goethe das<lb/> kräftige Vaterlandsgefühl anzuerkennen. Und Menzel war doch „der Urfeind<lb/> Preußens." Merkwürdig, was man alles lernt. Der Preußisch-Schlesier, den<lb/> literarische Beziehungen nach Süddeutschland führten, der Parteigenosse Paul<lb/> Pfizers, der unermüdliche Publizist vor und nach dem letzten deutschen Kriege<lb/> soll der Dritte im Bunde mit Heine und Herrn X sein! Letzterer kennt ihn doch<lb/> wohl nur aus Börnes Schmähschrift — und welchen nationalgesinnten Deutschen<lb/> ihrer Zeit hätten Börne und Heine nicht geschmäht!</p><lb/> <p xml:id="ID_1261"> Ob es der deutschen Jngend zu Herzen gehen wird, daß sie den X u. Komp.<lb/> so viel Kummer bereitet? Sie ehrt die großen Männer ihrer Nation, sie hat<lb/> mehr Sinn für das eigne Volkstum als für den heimatlosen „Geist," sie schützt<lb/> Charakter und Bürgertugend hoher als die „freieste Bildung," mit der es ver¬<lb/> träglich war, daß deren berühmteste Repräsentantin die heimlichen Liebschaften<lb/> der Frau ihres leiblichen Bruders „freundlich beschützte" (vergl. Holtcis Selbst¬<lb/> biographie Bd. 4). Diese Jugend ist sogar so verblendet, für die Heerführer<lb/> der Deutschen höhere Begeisterung zu hegen als für Napoleon und Kosciuszko<lb/> und Klapka, oder Bismarck mehr zu bewundern als Gambetta. „Geh deiner<lb/> Wege, alter Hans, stirb, wenn du willst, da edle Mannhaftigkeit vom Angesicht<lb/> der Erde verschwunden ist."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0435]
erwecken könnte." Ist das nicht herrlich? Dabei begegnet ihm das kleine
Malheur, Gutzkow und Laube als Märtyrer der Einheits- und Freiheitsidee
zu bezeichnen, während es doch die Lehre von der Emanzipation des Fleisches
war. die sie ins Gefängnis brachte.
„Dieser Nao-Teutonismus wäre aber nicht vollwichtig, wenn er nicht auch
sein antisemitisches Kennzeichen hätte" — und diese Sorte von Kosmopolitismus
würde alles eher verzeihen, als eine wahrheitsgetreue Schilderung des zer¬
störenden Einflusses des „geistvollen" Judentums. Hier wird Herr X pathetisch,
wehmütig, sarkastisch, er versteht die Welt nicht mehr. „Der Wortführer der
Berliner Jugend" darf es wagen, an Börne die „geschmacklose Vermischung
deutscher Sentimentalität mit jüdischer Witzelei, das haltlose Schwanken zwischen
Vaterlandsliebe und Kosmopolitismus" zu rügen, dem „kräftigen Hasse des
Rheinländers (wer lacht dn?) Heine gegen Preußen" seine Verehrung zu ver-
^Mu, „jene geistvollen Jüdinnen Berlins, welche jener Zeit die höchste und feinste,
aber auch freieste (el el!) Bildung darstellten, in deren Kreise die urgermanischen
Sagen lebendig, die deutschen Märchen zum erstenmale (!) erzählt wurden, die
deutschen Volkslieder kursirten, die den letzten Ort boten, wo ein wahrer (!) Goethe-
Kultus herrschte" — also jene natürlich geistvollen Jüdinnen, ohne die augen¬
scheinlich das Deutschtum elend zu Grunde gegangen wäre, zu ignoriren, und
dafür bei Wolfgang Menzel trotz seines bornirten Hasses gegen Goethe das
kräftige Vaterlandsgefühl anzuerkennen. Und Menzel war doch „der Urfeind
Preußens." Merkwürdig, was man alles lernt. Der Preußisch-Schlesier, den
literarische Beziehungen nach Süddeutschland führten, der Parteigenosse Paul
Pfizers, der unermüdliche Publizist vor und nach dem letzten deutschen Kriege
soll der Dritte im Bunde mit Heine und Herrn X sein! Letzterer kennt ihn doch
wohl nur aus Börnes Schmähschrift — und welchen nationalgesinnten Deutschen
ihrer Zeit hätten Börne und Heine nicht geschmäht!
Ob es der deutschen Jngend zu Herzen gehen wird, daß sie den X u. Komp.
so viel Kummer bereitet? Sie ehrt die großen Männer ihrer Nation, sie hat
mehr Sinn für das eigne Volkstum als für den heimatlosen „Geist," sie schützt
Charakter und Bürgertugend hoher als die „freieste Bildung," mit der es ver¬
träglich war, daß deren berühmteste Repräsentantin die heimlichen Liebschaften
der Frau ihres leiblichen Bruders „freundlich beschützte" (vergl. Holtcis Selbst¬
biographie Bd. 4). Diese Jugend ist sogar so verblendet, für die Heerführer
der Deutschen höhere Begeisterung zu hegen als für Napoleon und Kosciuszko
und Klapka, oder Bismarck mehr zu bewundern als Gambetta. „Geh deiner
Wege, alter Hans, stirb, wenn du willst, da edle Mannhaftigkeit vom Angesicht
der Erde verschwunden ist."
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