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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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reichere Palette und eine harmonischere Zusammenstellung der Farben auf, eines
leuchtenden Blau in verschiednen Nuancen, eines klaren Grün, kräftigen Rot¬
braun u. s, w,; dünn kamen Porzellangcfäße, die teils glasirt, teils mit IZmail
eloisormv dekorirt waren. Und ans der vorjährigen Ausstellung in Nürnberg
konnte man von der Pracht der emaillirter Platten und Vasen förmlich ge¬
blendet werden. Nicht jede von den neuen Errungenschaften ist nach meinem
Empfinden unbedingt als Gewinn anzusehen, es schleichen sich auch sogennuute
süße, schwächliche Farben ein, welche die asiatischen Chemiker möglicherweise den
Europäern zuliebe hergestellt haben. Aber im großen und ganzen ist nicht zu
leugnen, daß, während wir uus angestrengt haben, die Neuerungen, welche die
Franzosen 1878 in Paris in der Emailmalerei auf Thon darlegten, uns an¬
zueignen, die Japaner unablässig auf ihrem Wege vorwärtsgegangen sind;
und man darf erwarten, daß vermöge ihrer Anregungen die Ausstellung von
1885 sich als ebenso wichtig und folgenreich für unsre Kunstindustrie erweise"
werde wie die von 1873.

Was an den in Nürnberg ausgestellten Arbeiten dieses Genres am meisten
auffiel und interessirte, veranlaßt mich, noch einmal auf deu Zellenschmelz auf
Porzellan zurückzukommen. An Gegenständen dieser Art bemerkt man nämlich
vielfach Zellen, welche mit mehr als einer Farbe gefüllt sind, sodaß die ver-
schiednen Emaile, nicht durch Metnllstege von einander getrennt, an den Grenzen
ein wenig ineinanderfließen, sich vermischen, ganz ebenso wie an dem sogenannten
rheinischen oder Kölnischen Email, Grubenschmclzarbcitcu aus dem frühen Mittel-
alter. Ferner brachten die früher erwähnten Pvrzellanschalen eine Neuerung
auch darin, daß die Metallfäden, welche die emaillirter Partien von den einfach
glasirten zu scheiden haben, sich zum Teil in die Glasur hinein fortsetzen. Den
Sachen kann besondre Schönheit nicht nachgerühmt werden, sie sind nur inter¬
essante Zeugnisse für das rastlose Experimentiren des arbeitsamen und erfinde¬
rischen Volkes. An beide Dinge nun gemahnen uns die neuesten Leistungen.
Die Oberfläche eines Gefäßes oder einer Platte ist gänzlich mit lÄriAl oloisonriv
bedeckt, aber die Cloisons verschwinden stellenweise, sodaß zwei Farbenfelder ein¬
ander unmittelbar berühren. Diese Berührung ist jedoch nicht die nämliche
wie die obenerwähnte, die beiden Farben fließen nicht ineinander, oder doch
kaum merklich. Wie war es nun möglich, das Zusammenfließen zu verhindern,
da doch beide Emaile gleichzeitig in Fluß geraten, um sich durch Umschmelzen
mit der Metallnnterlage zu verbinden? Das erklärt sich, wenn wir entdecken,
daß entweder die Metallstcge ursprünglich vorhanden, aber dünn genug gewesen
sind, in der Hitze der Muffel zu verbrennen, oder daß sie an den betreffenden
Stellen eine geringere Höhe haben als an den übrigen. In dem einen wie in
dem andern Falle erfüllen sie ihre Funktion als Scheidewand, werden aber,
wenn der ganze Emailüberzug bis auf die sozusagen normale Höhe der Stege
abgeschliffen ist, nicht sichtbar. Auch scheinen verschiedne Leginmgen zur An-


reichere Palette und eine harmonischere Zusammenstellung der Farben auf, eines
leuchtenden Blau in verschiednen Nuancen, eines klaren Grün, kräftigen Rot¬
braun u. s, w,; dünn kamen Porzellangcfäße, die teils glasirt, teils mit IZmail
eloisormv dekorirt waren. Und ans der vorjährigen Ausstellung in Nürnberg
konnte man von der Pracht der emaillirter Platten und Vasen förmlich ge¬
blendet werden. Nicht jede von den neuen Errungenschaften ist nach meinem
Empfinden unbedingt als Gewinn anzusehen, es schleichen sich auch sogennuute
süße, schwächliche Farben ein, welche die asiatischen Chemiker möglicherweise den
Europäern zuliebe hergestellt haben. Aber im großen und ganzen ist nicht zu
leugnen, daß, während wir uus angestrengt haben, die Neuerungen, welche die
Franzosen 1878 in Paris in der Emailmalerei auf Thon darlegten, uns an¬
zueignen, die Japaner unablässig auf ihrem Wege vorwärtsgegangen sind;
und man darf erwarten, daß vermöge ihrer Anregungen die Ausstellung von
1885 sich als ebenso wichtig und folgenreich für unsre Kunstindustrie erweise»
werde wie die von 1873.

Was an den in Nürnberg ausgestellten Arbeiten dieses Genres am meisten
auffiel und interessirte, veranlaßt mich, noch einmal auf deu Zellenschmelz auf
Porzellan zurückzukommen. An Gegenständen dieser Art bemerkt man nämlich
vielfach Zellen, welche mit mehr als einer Farbe gefüllt sind, sodaß die ver-
schiednen Emaile, nicht durch Metnllstege von einander getrennt, an den Grenzen
ein wenig ineinanderfließen, sich vermischen, ganz ebenso wie an dem sogenannten
rheinischen oder Kölnischen Email, Grubenschmclzarbcitcu aus dem frühen Mittel-
alter. Ferner brachten die früher erwähnten Pvrzellanschalen eine Neuerung
auch darin, daß die Metallfäden, welche die emaillirter Partien von den einfach
glasirten zu scheiden haben, sich zum Teil in die Glasur hinein fortsetzen. Den
Sachen kann besondre Schönheit nicht nachgerühmt werden, sie sind nur inter¬
essante Zeugnisse für das rastlose Experimentiren des arbeitsamen und erfinde¬
rischen Volkes. An beide Dinge nun gemahnen uns die neuesten Leistungen.
Die Oberfläche eines Gefäßes oder einer Platte ist gänzlich mit lÄriAl oloisonriv
bedeckt, aber die Cloisons verschwinden stellenweise, sodaß zwei Farbenfelder ein¬
ander unmittelbar berühren. Diese Berührung ist jedoch nicht die nämliche
wie die obenerwähnte, die beiden Farben fließen nicht ineinander, oder doch
kaum merklich. Wie war es nun möglich, das Zusammenfließen zu verhindern,
da doch beide Emaile gleichzeitig in Fluß geraten, um sich durch Umschmelzen
mit der Metallnnterlage zu verbinden? Das erklärt sich, wenn wir entdecken,
daß entweder die Metallstcge ursprünglich vorhanden, aber dünn genug gewesen
sind, in der Hitze der Muffel zu verbrennen, oder daß sie an den betreffenden
Stellen eine geringere Höhe haben als an den übrigen. In dem einen wie in
dem andern Falle erfüllen sie ihre Funktion als Scheidewand, werden aber,
wenn der ganze Emailüberzug bis auf die sozusagen normale Höhe der Stege
abgeschliffen ist, nicht sichtbar. Auch scheinen verschiedne Leginmgen zur An-


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[0422] reichere Palette und eine harmonischere Zusammenstellung der Farben auf, eines leuchtenden Blau in verschiednen Nuancen, eines klaren Grün, kräftigen Rot¬ braun u. s, w,; dünn kamen Porzellangcfäße, die teils glasirt, teils mit IZmail eloisormv dekorirt waren. Und ans der vorjährigen Ausstellung in Nürnberg konnte man von der Pracht der emaillirter Platten und Vasen förmlich ge¬ blendet werden. Nicht jede von den neuen Errungenschaften ist nach meinem Empfinden unbedingt als Gewinn anzusehen, es schleichen sich auch sogennuute süße, schwächliche Farben ein, welche die asiatischen Chemiker möglicherweise den Europäern zuliebe hergestellt haben. Aber im großen und ganzen ist nicht zu leugnen, daß, während wir uus angestrengt haben, die Neuerungen, welche die Franzosen 1878 in Paris in der Emailmalerei auf Thon darlegten, uns an¬ zueignen, die Japaner unablässig auf ihrem Wege vorwärtsgegangen sind; und man darf erwarten, daß vermöge ihrer Anregungen die Ausstellung von 1885 sich als ebenso wichtig und folgenreich für unsre Kunstindustrie erweise» werde wie die von 1873. Was an den in Nürnberg ausgestellten Arbeiten dieses Genres am meisten auffiel und interessirte, veranlaßt mich, noch einmal auf deu Zellenschmelz auf Porzellan zurückzukommen. An Gegenständen dieser Art bemerkt man nämlich vielfach Zellen, welche mit mehr als einer Farbe gefüllt sind, sodaß die ver- schiednen Emaile, nicht durch Metnllstege von einander getrennt, an den Grenzen ein wenig ineinanderfließen, sich vermischen, ganz ebenso wie an dem sogenannten rheinischen oder Kölnischen Email, Grubenschmclzarbcitcu aus dem frühen Mittel- alter. Ferner brachten die früher erwähnten Pvrzellanschalen eine Neuerung auch darin, daß die Metallfäden, welche die emaillirter Partien von den einfach glasirten zu scheiden haben, sich zum Teil in die Glasur hinein fortsetzen. Den Sachen kann besondre Schönheit nicht nachgerühmt werden, sie sind nur inter¬ essante Zeugnisse für das rastlose Experimentiren des arbeitsamen und erfinde¬ rischen Volkes. An beide Dinge nun gemahnen uns die neuesten Leistungen. Die Oberfläche eines Gefäßes oder einer Platte ist gänzlich mit lÄriAl oloisonriv bedeckt, aber die Cloisons verschwinden stellenweise, sodaß zwei Farbenfelder ein¬ ander unmittelbar berühren. Diese Berührung ist jedoch nicht die nämliche wie die obenerwähnte, die beiden Farben fließen nicht ineinander, oder doch kaum merklich. Wie war es nun möglich, das Zusammenfließen zu verhindern, da doch beide Emaile gleichzeitig in Fluß geraten, um sich durch Umschmelzen mit der Metallnnterlage zu verbinden? Das erklärt sich, wenn wir entdecken, daß entweder die Metallstcge ursprünglich vorhanden, aber dünn genug gewesen sind, in der Hitze der Muffel zu verbrennen, oder daß sie an den betreffenden Stellen eine geringere Höhe haben als an den übrigen. In dem einen wie in dem andern Falle erfüllen sie ihre Funktion als Scheidewand, werden aber, wenn der ganze Emailüberzug bis auf die sozusagen normale Höhe der Stege abgeschliffen ist, nicht sichtbar. Auch scheinen verschiedne Leginmgen zur An-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/422>, abgerufen am 10.02.2025.