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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Zur MÄHrnngsfrage.
Küssen ..... geht von 119 nuf 106,
Thee....... -> " 312 " 213,
Re!s...... " -> 2!>> " 18;
aber Cciccw ..... " " 112 " I4g^
Pfeffer..... " " 72 " 123.

Bergwerks- und Hüttenprvdukte sind fast alle im Preise heruntergegangen,
durchschnittlich von 99 auf 83. Ebenso alle Textilstoffe, wie Baumwolle (214
auf 96), Wolle (95 auf 70) ze., durchschnittlich 13V auf 97, also sehr beträcht¬
lich. Wer diese Preisschwankungen betrachtet, wird es absurd finden, sie aus
einer einzige" Ursache abzuleiten, insbesondre nicht von der Silberentwertung,
welche ja nicht überall die Preise affiziren könnte. Über die zusammenwirkenden
Ursachen dieser Erscheinung zu sprechen, ist hier nicht der Ort, wir möchten
aber auf die Schrift von Dr. Hans Kiefer, "Preisrückgang und Geldwährung"
(Köln, DuMout-Schauberg, 1885), hinweisen, die diese Frage in ansprechender
Weise erörtert hat.

Wir müsse" mir noch die besondre agrarische Klage berühren, die sich auf
den Getreideimport bezieht. Dieser Import sollte durch die Schutzzölle erschwert
werden. Schon bei der ersten Staffel der Getreideschutzzölle befürchtete der
Reichskanzler, der Zoll werde uicht imstande sein, eine merkliche Wirkung zu
üben, er werde wohl nur die mehr spekulative Hereinziehung des ausländischen
Getreides erschweren (L. Hahn, Fürst Bismarck, 3. Bd., S. 667). Das hat sich
als richtig erwiesen, und eine zweite Erhöhung der Zölle wurde mit Majorität
beschlossen. Die Getreideproduktion ist aber in neuerer Zeit besonders durch
Ostindien uoch so gestiegen, daß die Lage des Landwirth immer noch sehr wenig
erfreulich ist. Wie begreiflich, daß sich der Landwirt auch in Bezug auf die
Währungsfrage umsieht, ob sie nicht auch für ihn nachteilig geordnet und
wenigstens eine von den Ursachen seiner Bedrängnis sei! Man machte es ihm
wahrscheinlich, daß seine Bermutuug das Nichtige treffe, indem man ihm die
Nachbarreichc vor Augen stellte, die bei (schlechter) Papiervaluta ihm als Ge-
treideimportcurc so viele Sorgen machen, zunächst Österreich-Ungarn und Ru߬
land. Die allgemeine Regel, die sich dabei scheinbar ergab, sollte sein: "Die
Goldrechnung Deutschlands, Englands, Frankreichs ze. begünstigt die Einfuhr
landwirtschaftlicher Produkte von den Ländern der Silberwährnng (und Papier¬
währung) und schädigt die Ausfuhr der Manufakturen nach denselben." Auch
hierüber spricht Kiefer mehrfach, sowohl in einer frühern Schrift (Währungs¬
und Wirtschaftspolitik, S. 61 ff.) als in der schon genannten S. 72. An Bei¬
spielen zeigt er, daß die Goldwährung nicht der Sitz des Übels ist. "Der
russische Bauer kann 100 Kilogramm Weizen für 8 Rubel nach Odessa liefern.
Zu diesem Preise kann der deutsche Händler dort kaufen, weil er für die 8 Rudel
(jetzt nicht 24, sondern uur) 16 Mark aufzubringen hat und in Deutschland
einen Preis erzielt, der ihm noch einen kleinen Nutzen läßt. Wie wäre es nun,


Zur MÄHrnngsfrage.
Küssen ..... geht von 119 nuf 106,
Thee....... -> » 312 » 213,
Re!s...... » -> 2!>> » 18;
aber Cciccw ..... » » 112 » I4g^
Pfeffer..... » » 72 » 123.

Bergwerks- und Hüttenprvdukte sind fast alle im Preise heruntergegangen,
durchschnittlich von 99 auf 83. Ebenso alle Textilstoffe, wie Baumwolle (214
auf 96), Wolle (95 auf 70) ze., durchschnittlich 13V auf 97, also sehr beträcht¬
lich. Wer diese Preisschwankungen betrachtet, wird es absurd finden, sie aus
einer einzige» Ursache abzuleiten, insbesondre nicht von der Silberentwertung,
welche ja nicht überall die Preise affiziren könnte. Über die zusammenwirkenden
Ursachen dieser Erscheinung zu sprechen, ist hier nicht der Ort, wir möchten
aber auf die Schrift von Dr. Hans Kiefer, „Preisrückgang und Geldwährung"
(Köln, DuMout-Schauberg, 1885), hinweisen, die diese Frage in ansprechender
Weise erörtert hat.

Wir müsse» mir noch die besondre agrarische Klage berühren, die sich auf
den Getreideimport bezieht. Dieser Import sollte durch die Schutzzölle erschwert
werden. Schon bei der ersten Staffel der Getreideschutzzölle befürchtete der
Reichskanzler, der Zoll werde uicht imstande sein, eine merkliche Wirkung zu
üben, er werde wohl nur die mehr spekulative Hereinziehung des ausländischen
Getreides erschweren (L. Hahn, Fürst Bismarck, 3. Bd., S. 667). Das hat sich
als richtig erwiesen, und eine zweite Erhöhung der Zölle wurde mit Majorität
beschlossen. Die Getreideproduktion ist aber in neuerer Zeit besonders durch
Ostindien uoch so gestiegen, daß die Lage des Landwirth immer noch sehr wenig
erfreulich ist. Wie begreiflich, daß sich der Landwirt auch in Bezug auf die
Währungsfrage umsieht, ob sie nicht auch für ihn nachteilig geordnet und
wenigstens eine von den Ursachen seiner Bedrängnis sei! Man machte es ihm
wahrscheinlich, daß seine Bermutuug das Nichtige treffe, indem man ihm die
Nachbarreichc vor Augen stellte, die bei (schlechter) Papiervaluta ihm als Ge-
treideimportcurc so viele Sorgen machen, zunächst Österreich-Ungarn und Ru߬
land. Die allgemeine Regel, die sich dabei scheinbar ergab, sollte sein: „Die
Goldrechnung Deutschlands, Englands, Frankreichs ze. begünstigt die Einfuhr
landwirtschaftlicher Produkte von den Ländern der Silberwährnng (und Papier¬
währung) und schädigt die Ausfuhr der Manufakturen nach denselben." Auch
hierüber spricht Kiefer mehrfach, sowohl in einer frühern Schrift (Währungs¬
und Wirtschaftspolitik, S. 61 ff.) als in der schon genannten S. 72. An Bei¬
spielen zeigt er, daß die Goldwährung nicht der Sitz des Übels ist. „Der
russische Bauer kann 100 Kilogramm Weizen für 8 Rubel nach Odessa liefern.
Zu diesem Preise kann der deutsche Händler dort kaufen, weil er für die 8 Rudel
(jetzt nicht 24, sondern uur) 16 Mark aufzubringen hat und in Deutschland
einen Preis erzielt, der ihm noch einen kleinen Nutzen läßt. Wie wäre es nun,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/352>, abgerufen am 05.02.2025.