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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Zur Währungsfrage.

doktrinär zu begründen, Wvlowski lind Cernuschi sind Beispiele dafür. Über
Cernuschis Versuch, der das Motto verwirklichen sollte: svionvö >l'u!>>>,'>i.
iss intöröts "znsuits, ist auch die befreundete Seite still hinweggegangen. Die
Sache ist eben nicht so einfach.

Die Enttäuschungen sind aber damit noch lange nicht aufgezählt. Selbst
ein großer Völkervertrag, der 1865 zur Befestigung der Doppelwährung ge¬
schlossen wurde, die "Lateinische Müuzunion" zwischen Frankreich, Belgien, Italien,
der Schweiz (und Griechenland), hat sich nicht bewährt. Dieser Bund hat Jahre
lang das Verhältnis von 15^ : 1 zwischen Gold und Silber aufrecht gehalten.
Aber als 1869 kam, war man schon, der Majorität der Stimmen nach, in
Frankreich für die Preisgebung der Doppelwährung und die Einführung der
reinen Goldwährung. Der Krieg von 1870 zwang Frankreich vorerst, bei der
Doppelwährung zu bleiben. Derselbe Krieg zwang Deutschland, in seinem Münz-
shstcin eine Einheit herzustellen, die schon lange als Bedürfnis empfunden worden
war. Diese Einheit suchte man von vornherein nicht in der bisherigen Silber-
Währung zu verwirklichen, sonder" in der Goldwährung, für die man in der
erkämpften Kriegsbuße das Material zu gewinnen hoffte.

Man mag sagen, was man will, die Idee war ganz richtig. Wir müssen
dem Bundesrate und dem Reichstage dankbar sein, daß sie die Zeichen der Zeit
so erkannten und den Vorsprung, den uns der Krieg brachte, so benutzten.
Mögen auch Fehler in der Durchführung der kolossalen Aufgabe gemacht worden
sein, wir sind jetzt trotz aller Hemmnisse doch besser gestellt als die Glieder der
lateinischen Müuzunion.

Über eben diese Union und ihre Schicksale haben wir jetzt eine größere
Schrift von L. Bamberger (Berlin, Simion). Wie sehr auch Bamberger die
Rede in der Gewalt hat, auch er überwindet nicht völlig die Schwierigkeiten
seines Themas, man sieht, daß die Sache selbst diese Schwierigkeiten in sich
trägt. Er beweist wohl, daß das Verhältnis zwischen Gold- und Silberwert
für alle Zeit festzustellen, wenigstens bei freier Privatprägnng, sogar über die
vereinten Kräfte so vieler Staaten hinausgeht. Er beweist, daß nicht erst poli¬
tische Differenzen eine solche Münzuniou stören können, sondern schon wirtschaft¬
liche Verlegenheiten, wie denn die in Italien notwendig gewordene Papier¬
währung in der That in die vereinbarten Artikel dauernde Verwirrung gebracht
but. Als man vor Jahren bemerkte, daß der Weltmarkt sich von deu festge¬
setzten 15 >/" nicht bestimmen ließ, als man Deutschland sich seines Silbers ent¬
ledigen und das Silber auch dadurch noch tiefer sinken sah, da stellte man die
Silberprägung ein und faßte die Möglichkeit einer Auflösung der lateinischen
Münznnivu ins Auge. Wie viele Enttäuschung hatte man auch auf dieser Seite
erlebt! Wie verwirrt waren die Ansichten über die Maßregeln, die man bei der
etwaigen Auflösung und Liquidation zu treffen habe, was z. B. zur Ausgleichung
der Fünffrankenstiicke zwischen den einzelnen Landesprägeanstalten ?c. zu thu"


Zur Währungsfrage.

doktrinär zu begründen, Wvlowski lind Cernuschi sind Beispiele dafür. Über
Cernuschis Versuch, der das Motto verwirklichen sollte: svionvö >l'u!>>>,'>i.
iss intöröts «znsuits, ist auch die befreundete Seite still hinweggegangen. Die
Sache ist eben nicht so einfach.

Die Enttäuschungen sind aber damit noch lange nicht aufgezählt. Selbst
ein großer Völkervertrag, der 1865 zur Befestigung der Doppelwährung ge¬
schlossen wurde, die „Lateinische Müuzunion" zwischen Frankreich, Belgien, Italien,
der Schweiz (und Griechenland), hat sich nicht bewährt. Dieser Bund hat Jahre
lang das Verhältnis von 15^ : 1 zwischen Gold und Silber aufrecht gehalten.
Aber als 1869 kam, war man schon, der Majorität der Stimmen nach, in
Frankreich für die Preisgebung der Doppelwährung und die Einführung der
reinen Goldwährung. Der Krieg von 1870 zwang Frankreich vorerst, bei der
Doppelwährung zu bleiben. Derselbe Krieg zwang Deutschland, in seinem Münz-
shstcin eine Einheit herzustellen, die schon lange als Bedürfnis empfunden worden
war. Diese Einheit suchte man von vornherein nicht in der bisherigen Silber-
Währung zu verwirklichen, sonder» in der Goldwährung, für die man in der
erkämpften Kriegsbuße das Material zu gewinnen hoffte.

Man mag sagen, was man will, die Idee war ganz richtig. Wir müssen
dem Bundesrate und dem Reichstage dankbar sein, daß sie die Zeichen der Zeit
so erkannten und den Vorsprung, den uns der Krieg brachte, so benutzten.
Mögen auch Fehler in der Durchführung der kolossalen Aufgabe gemacht worden
sein, wir sind jetzt trotz aller Hemmnisse doch besser gestellt als die Glieder der
lateinischen Müuzunion.

Über eben diese Union und ihre Schicksale haben wir jetzt eine größere
Schrift von L. Bamberger (Berlin, Simion). Wie sehr auch Bamberger die
Rede in der Gewalt hat, auch er überwindet nicht völlig die Schwierigkeiten
seines Themas, man sieht, daß die Sache selbst diese Schwierigkeiten in sich
trägt. Er beweist wohl, daß das Verhältnis zwischen Gold- und Silberwert
für alle Zeit festzustellen, wenigstens bei freier Privatprägnng, sogar über die
vereinten Kräfte so vieler Staaten hinausgeht. Er beweist, daß nicht erst poli¬
tische Differenzen eine solche Münzuniou stören können, sondern schon wirtschaft¬
liche Verlegenheiten, wie denn die in Italien notwendig gewordene Papier¬
währung in der That in die vereinbarten Artikel dauernde Verwirrung gebracht
but. Als man vor Jahren bemerkte, daß der Weltmarkt sich von deu festge¬
setzten 15 >/„ nicht bestimmen ließ, als man Deutschland sich seines Silbers ent¬
ledigen und das Silber auch dadurch noch tiefer sinken sah, da stellte man die
Silberprägung ein und faßte die Möglichkeit einer Auflösung der lateinischen
Münznnivu ins Auge. Wie viele Enttäuschung hatte man auch auf dieser Seite
erlebt! Wie verwirrt waren die Ansichten über die Maßregeln, die man bei der
etwaigen Auflösung und Liquidation zu treffen habe, was z. B. zur Ausgleichung
der Fünffrankenstiicke zwischen den einzelnen Landesprägeanstalten ?c. zu thu»


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/347>, abgerufen am 05.02.2025.