Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Homenllo. Haltung und Verbreitung der Unzufriedenheit hatte in diesen Jahren der im Homenllo. Haltung und Verbreitung der Unzufriedenheit hatte in diesen Jahren der im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0203" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197627"/> <fw type="header" place="top"> Homenllo.</fw><lb/> <p xml:id="ID_613" prev="#ID_612" next="#ID_614"> Haltung und Verbreitung der Unzufriedenheit hatte in diesen Jahren der im<lb/> Lande herrschende greuelvolle Notstand beigetragen. Unter dem Ministerium<lb/> Rüssel geschah viel zur Linderung desselben: es wurden Gelder zum Ankauf<lb/> von Lebensmitteln und Saatkorn, zur Urbarmachung von wüstlicgcnden Län¬<lb/> dereien und zum Van von Eisenbahnen nach der Insel gesandt. Aber die Ir-<lb/> länder waren mit Almosen nicht zufriedenzustellen, sie wollten jetzt auch Aus¬<lb/> gleichung der unnatürlichen, auf die Konfiskation der Vergangenheit begründeten<lb/> Besitzverhältnisse, nach welchen der irische Landmann nur Pächter, nicht Be¬<lb/> sitzer seines Bodens war. Die Agitation für die Aufhebung der Union hörte<lb/> mit O'Connells Tode 1847 auf, aber bei den Wahlen dieses Jahres äußerte<lb/> sich die Leidenschaft der Parteien in so gewalttätiger Weise, daß über eine An¬<lb/> zahl von Grafschaften das Ausnahmegesetz verhängt werden mußte. Die Pariser<lb/> Februarrevolution steigerte die Aufregung. Die O'Cvnncllsche Partei, die ans<lb/> gesetzlichem Wege und nnr mit moralischen Mitteln wirken wollte, trat zurück<lb/> vor der Partei Jungirlands, welche mit Hilfe der Republikaner in Paris die<lb/> Insel gewaltsam von England loszureißen gedachte; die Führer derselben, Smith<lb/> O'Brien, Meagher, Duffy und Mitchell, begannen eine Nationalgarde zu orga-<lb/> nisiren und beriefen einen Nationalkonvent nach Dublin. Der letztere wurde<lb/> auf Grund eines Gesetzes zum Schutze der Krone verboten. Meagher und<lb/> Smith O'Brien wurden wegen Aufwiegelung des Volkes vor Gericht gestellt,<lb/> aber die Geschwornen konnten zu keinem Wahrsprüche gelangen, wogegen Mitchell,<lb/> der in der Presse ungescheut den Aufstand gepredigt hatte, zur Deportation ver¬<lb/> urteilt wurde. Die Bewegung gegen England wuchs inzwischen, die von O'Con¬<lb/> nells Sohne geführte Partei der Nepcalers verschmolz sich mit der des jungen<lb/> Irland zur irischen Liga, allenthalben entstanden revolutionäre Klubs, deren<lb/> Mitglieder sich im Gebrauche der Waffen übten, und so mußte die Negierung<lb/> mit strengern Maßregeln einschreiten. Im Juli 1848 stellte sie die Hauptstadt<lb/> und drei Grafschaften unter das Kriegsgesetz, suspendirte die Habeascorpusaktc,<lb/> ordnete die Verhaftung Smith O'Briens an und unterdrückte die zum Auf¬<lb/> stande setzenden Blätter. Die Klubs kosten sich jetzt meist ans, und die Führer<lb/> flüchteten. Smith O'Brien, der „König von Münster," sammelte bewaffnete<lb/> Schaaren, die aber in einem Treffen bei Bolulcigh zersprengt wurden. Der<lb/> „König" und Meagher gerieten dabei in Gefangenschaft und wurden zunächst<lb/> gerichtlich zum Galgen verurteilt und dann zur Deportation begnadigt. Der<lb/> Aufstand war damit zu Ende. Indes kehrte der Notstand mit dem Winter<lb/> wieder, und mit ihm die Verwilderung des Volkes, die sich in allerlei Gewalt¬<lb/> thaten äußerte. Dazu kam eine Anschürnng des konfessionellen Haders, um der<lb/> sich mich hohe Geistliche wie der Erzbischof Culten und der Bischof Mac Hale<lb/> beteiligten, und die Wirksamkeit des Bundes der Feiner, der seineu Hauptsitz in<lb/> Nordamerika hatte, wohin die irische Bevölkerung in Masse ausgewandert war.<lb/> Die Feiner wollten die irische Republik, die im Jahre 1865 durch einen allgc-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0203]
Homenllo.
Haltung und Verbreitung der Unzufriedenheit hatte in diesen Jahren der im
Lande herrschende greuelvolle Notstand beigetragen. Unter dem Ministerium
Rüssel geschah viel zur Linderung desselben: es wurden Gelder zum Ankauf
von Lebensmitteln und Saatkorn, zur Urbarmachung von wüstlicgcnden Län¬
dereien und zum Van von Eisenbahnen nach der Insel gesandt. Aber die Ir-
länder waren mit Almosen nicht zufriedenzustellen, sie wollten jetzt auch Aus¬
gleichung der unnatürlichen, auf die Konfiskation der Vergangenheit begründeten
Besitzverhältnisse, nach welchen der irische Landmann nur Pächter, nicht Be¬
sitzer seines Bodens war. Die Agitation für die Aufhebung der Union hörte
mit O'Connells Tode 1847 auf, aber bei den Wahlen dieses Jahres äußerte
sich die Leidenschaft der Parteien in so gewalttätiger Weise, daß über eine An¬
zahl von Grafschaften das Ausnahmegesetz verhängt werden mußte. Die Pariser
Februarrevolution steigerte die Aufregung. Die O'Cvnncllsche Partei, die ans
gesetzlichem Wege und nnr mit moralischen Mitteln wirken wollte, trat zurück
vor der Partei Jungirlands, welche mit Hilfe der Republikaner in Paris die
Insel gewaltsam von England loszureißen gedachte; die Führer derselben, Smith
O'Brien, Meagher, Duffy und Mitchell, begannen eine Nationalgarde zu orga-
nisiren und beriefen einen Nationalkonvent nach Dublin. Der letztere wurde
auf Grund eines Gesetzes zum Schutze der Krone verboten. Meagher und
Smith O'Brien wurden wegen Aufwiegelung des Volkes vor Gericht gestellt,
aber die Geschwornen konnten zu keinem Wahrsprüche gelangen, wogegen Mitchell,
der in der Presse ungescheut den Aufstand gepredigt hatte, zur Deportation ver¬
urteilt wurde. Die Bewegung gegen England wuchs inzwischen, die von O'Con¬
nells Sohne geführte Partei der Nepcalers verschmolz sich mit der des jungen
Irland zur irischen Liga, allenthalben entstanden revolutionäre Klubs, deren
Mitglieder sich im Gebrauche der Waffen übten, und so mußte die Negierung
mit strengern Maßregeln einschreiten. Im Juli 1848 stellte sie die Hauptstadt
und drei Grafschaften unter das Kriegsgesetz, suspendirte die Habeascorpusaktc,
ordnete die Verhaftung Smith O'Briens an und unterdrückte die zum Auf¬
stande setzenden Blätter. Die Klubs kosten sich jetzt meist ans, und die Führer
flüchteten. Smith O'Brien, der „König von Münster," sammelte bewaffnete
Schaaren, die aber in einem Treffen bei Bolulcigh zersprengt wurden. Der
„König" und Meagher gerieten dabei in Gefangenschaft und wurden zunächst
gerichtlich zum Galgen verurteilt und dann zur Deportation begnadigt. Der
Aufstand war damit zu Ende. Indes kehrte der Notstand mit dem Winter
wieder, und mit ihm die Verwilderung des Volkes, die sich in allerlei Gewalt¬
thaten äußerte. Dazu kam eine Anschürnng des konfessionellen Haders, um der
sich mich hohe Geistliche wie der Erzbischof Culten und der Bischof Mac Hale
beteiligten, und die Wirksamkeit des Bundes der Feiner, der seineu Hauptsitz in
Nordamerika hatte, wohin die irische Bevölkerung in Masse ausgewandert war.
Die Feiner wollten die irische Republik, die im Jahre 1865 durch einen allgc-
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