Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Lamoens,

wohl auf, aber mehr weiß ich nicht, und erführe gern von dir so viel, daß sie
mir im Schlosse nicht auf tausend Schritte den Bauer von Almocegema an¬
merken.

Ihr scherzt, Herr! versetzte der Wirt, indem er Camoens ein Stück des
Geflügels vorlegte. Was wir hier erfahren, ist nicht viel mehr, als was
das ganze Land weiß. Doch sind wir seit ein paar Wochen alle fröhlich, weil
es heißt, daß der König seinen Sinn geändert habe und an Vermählung denke.
Herr, wenn das wahr würde, ich wäre imstande, mir zum Freudenfeuer mein
eignes Dach über dein Kopfe anzuzünden!

Du bleibst immer der hitzige, heißblutige Wilde! schalt der Ritter, lächelte
aber Bartolomeo wohlwollend zu. Wenn deine Kunde probehaltig befunden
würde, wäre sie freilich die beste, die je ein portugiesisches Herz erfreut hätte.
Laßt uns einen Becher darauf leeren, Dom Luis, daß Bartolomeo als Prophet
erkannt werde.

Man sagt, daß es diesmal dem Könige Ernst sei, fuhr Okaz flüsternd fort.
Die vom Schlosse wollen selbst schon wissen, daß die jüngste Gesandtschaft des
Königs von Spanien wegen dieser erlauchten Vermählung in Cintra weile.

Der heilige Jakob von Compostella helfe ihnen dann unverrichteter Sache
heim, fiel Barreto dem Erzähler ins Wort. Wenn die Spanier die Braut aus¬
suchen wollen, so ists um des Königs Glück und Portugals Hoffnungen ge¬
schehen. Das weißt du so gut, Bartolomeo, wie ich, und darum hoffe ich, des
Königs Nöte werden es besser als wir beide wissen. Vor der Hand ist die Haupt¬
sache, daß unser junger Herr einen Entschluß gefaßt hat. Was weißt du davon,
Mann -- welches Wunder soll seinen Sinn gewandelt haben?

Ich kaun Euch wenig berichten, Senhor Manuel, entgegnete Okaz, der noch
immer am Tische seiner Gäste stehen blieb und nur dann und wann Jose einen
Wink gab. Mai, erzählt sich, daß der König, welcher früher den Damen und
aller Fröhlichkeit abhold war, jetzt heitere Gesellschaft liebe, und daß der Hof,
der doch wahrlich einem Kloster glich, seit ein paar Wochen ivie verwandelt sei.
Die Leute, die das Huhn im El wachsen hören -- Miraflores da unten ist einer
von ihnen --, versichern, daß nur die schönen Augen der jungen Dona Catarina,
der Tochter des Grafen Palmeirim, diese Wandlung bewirkt hätten.

Schere dich zum Keller hinab mit deinen Neuigkeiten! rief der Edelmann,
der bis hierher behaglich gelauscht hatte. Bring einen frischen Schlauch auf
Deck, Alter, und die Thorheiten, welche dir das Hofgeschmeiß zuträgt, laß unten
im Raum. Will uus der Narr glauben machen, König Sebastian, der bisher
keine Frau angesehen hat, sei urplötzlich ein Amoroso geworden, welcher vor
jedem Strahl aus schonen Augen dahinschmilzt. Eile dich, eile dich, Bartolomeo,
deine Neuigkeiten wecken uns Durst!

Herr Manuel trieb den Wirt so eifrig an, daß dieser, wem, auch mit ge¬
kränkter Miene, durch die Fallthttr verschwand, die zwischen den erhöhten Sitzen


Lamoens,

wohl auf, aber mehr weiß ich nicht, und erführe gern von dir so viel, daß sie
mir im Schlosse nicht auf tausend Schritte den Bauer von Almocegema an¬
merken.

Ihr scherzt, Herr! versetzte der Wirt, indem er Camoens ein Stück des
Geflügels vorlegte. Was wir hier erfahren, ist nicht viel mehr, als was
das ganze Land weiß. Doch sind wir seit ein paar Wochen alle fröhlich, weil
es heißt, daß der König seinen Sinn geändert habe und an Vermählung denke.
Herr, wenn das wahr würde, ich wäre imstande, mir zum Freudenfeuer mein
eignes Dach über dein Kopfe anzuzünden!

Du bleibst immer der hitzige, heißblutige Wilde! schalt der Ritter, lächelte
aber Bartolomeo wohlwollend zu. Wenn deine Kunde probehaltig befunden
würde, wäre sie freilich die beste, die je ein portugiesisches Herz erfreut hätte.
Laßt uns einen Becher darauf leeren, Dom Luis, daß Bartolomeo als Prophet
erkannt werde.

Man sagt, daß es diesmal dem Könige Ernst sei, fuhr Okaz flüsternd fort.
Die vom Schlosse wollen selbst schon wissen, daß die jüngste Gesandtschaft des
Königs von Spanien wegen dieser erlauchten Vermählung in Cintra weile.

Der heilige Jakob von Compostella helfe ihnen dann unverrichteter Sache
heim, fiel Barreto dem Erzähler ins Wort. Wenn die Spanier die Braut aus¬
suchen wollen, so ists um des Königs Glück und Portugals Hoffnungen ge¬
schehen. Das weißt du so gut, Bartolomeo, wie ich, und darum hoffe ich, des
Königs Nöte werden es besser als wir beide wissen. Vor der Hand ist die Haupt¬
sache, daß unser junger Herr einen Entschluß gefaßt hat. Was weißt du davon,
Mann — welches Wunder soll seinen Sinn gewandelt haben?

Ich kaun Euch wenig berichten, Senhor Manuel, entgegnete Okaz, der noch
immer am Tische seiner Gäste stehen blieb und nur dann und wann Jose einen
Wink gab. Mai, erzählt sich, daß der König, welcher früher den Damen und
aller Fröhlichkeit abhold war, jetzt heitere Gesellschaft liebe, und daß der Hof,
der doch wahrlich einem Kloster glich, seit ein paar Wochen ivie verwandelt sei.
Die Leute, die das Huhn im El wachsen hören — Miraflores da unten ist einer
von ihnen —, versichern, daß nur die schönen Augen der jungen Dona Catarina,
der Tochter des Grafen Palmeirim, diese Wandlung bewirkt hätten.

Schere dich zum Keller hinab mit deinen Neuigkeiten! rief der Edelmann,
der bis hierher behaglich gelauscht hatte. Bring einen frischen Schlauch auf
Deck, Alter, und die Thorheiten, welche dir das Hofgeschmeiß zuträgt, laß unten
im Raum. Will uus der Narr glauben machen, König Sebastian, der bisher
keine Frau angesehen hat, sei urplötzlich ein Amoroso geworden, welcher vor
jedem Strahl aus schonen Augen dahinschmilzt. Eile dich, eile dich, Bartolomeo,
deine Neuigkeiten wecken uns Durst!

Herr Manuel trieb den Wirt so eifrig an, daß dieser, wem, auch mit ge¬
kränkter Miene, durch die Fallthttr verschwand, die zwischen den erhöhten Sitzen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0149" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197573"/>
          <fw type="header" place="top"> Lamoens,</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_437" prev="#ID_436"> wohl auf, aber mehr weiß ich nicht, und erführe gern von dir so viel, daß sie<lb/>
mir im Schlosse nicht auf tausend Schritte den Bauer von Almocegema an¬<lb/>
merken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_438"> Ihr scherzt, Herr! versetzte der Wirt, indem er Camoens ein Stück des<lb/>
Geflügels vorlegte. Was wir hier erfahren, ist nicht viel mehr, als was<lb/>
das ganze Land weiß. Doch sind wir seit ein paar Wochen alle fröhlich, weil<lb/>
es heißt, daß der König seinen Sinn geändert habe und an Vermählung denke.<lb/>
Herr, wenn das wahr würde, ich wäre imstande, mir zum Freudenfeuer mein<lb/>
eignes Dach über dein Kopfe anzuzünden!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_439"> Du bleibst immer der hitzige, heißblutige Wilde! schalt der Ritter, lächelte<lb/>
aber Bartolomeo wohlwollend zu. Wenn deine Kunde probehaltig befunden<lb/>
würde, wäre sie freilich die beste, die je ein portugiesisches Herz erfreut hätte.<lb/>
Laßt uns einen Becher darauf leeren, Dom Luis, daß Bartolomeo als Prophet<lb/>
erkannt werde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_440"> Man sagt, daß es diesmal dem Könige Ernst sei, fuhr Okaz flüsternd fort.<lb/>
Die vom Schlosse wollen selbst schon wissen, daß die jüngste Gesandtschaft des<lb/>
Königs von Spanien wegen dieser erlauchten Vermählung in Cintra weile.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_441"> Der heilige Jakob von Compostella helfe ihnen dann unverrichteter Sache<lb/>
heim, fiel Barreto dem Erzähler ins Wort. Wenn die Spanier die Braut aus¬<lb/>
suchen wollen, so ists um des Königs Glück und Portugals Hoffnungen ge¬<lb/>
schehen. Das weißt du so gut, Bartolomeo, wie ich, und darum hoffe ich, des<lb/>
Königs Nöte werden es besser als wir beide wissen. Vor der Hand ist die Haupt¬<lb/>
sache, daß unser junger Herr einen Entschluß gefaßt hat. Was weißt du davon,<lb/>
Mann &#x2014; welches Wunder soll seinen Sinn gewandelt haben?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_442"> Ich kaun Euch wenig berichten, Senhor Manuel, entgegnete Okaz, der noch<lb/>
immer am Tische seiner Gäste stehen blieb und nur dann und wann Jose einen<lb/>
Wink gab. Mai, erzählt sich, daß der König, welcher früher den Damen und<lb/>
aller Fröhlichkeit abhold war, jetzt heitere Gesellschaft liebe, und daß der Hof,<lb/>
der doch wahrlich einem Kloster glich, seit ein paar Wochen ivie verwandelt sei.<lb/>
Die Leute, die das Huhn im El wachsen hören &#x2014; Miraflores da unten ist einer<lb/>
von ihnen &#x2014;, versichern, daß nur die schönen Augen der jungen Dona Catarina,<lb/>
der Tochter des Grafen Palmeirim, diese Wandlung bewirkt hätten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_443"> Schere dich zum Keller hinab mit deinen Neuigkeiten! rief der Edelmann,<lb/>
der bis hierher behaglich gelauscht hatte. Bring einen frischen Schlauch auf<lb/>
Deck, Alter, und die Thorheiten, welche dir das Hofgeschmeiß zuträgt, laß unten<lb/>
im Raum. Will uus der Narr glauben machen, König Sebastian, der bisher<lb/>
keine Frau angesehen hat, sei urplötzlich ein Amoroso geworden, welcher vor<lb/>
jedem Strahl aus schonen Augen dahinschmilzt. Eile dich, eile dich, Bartolomeo,<lb/>
deine Neuigkeiten wecken uns Durst!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_444" next="#ID_445"> Herr Manuel trieb den Wirt so eifrig an, daß dieser, wem, auch mit ge¬<lb/>
kränkter Miene, durch die Fallthttr verschwand, die zwischen den erhöhten Sitzen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0149] Lamoens, wohl auf, aber mehr weiß ich nicht, und erführe gern von dir so viel, daß sie mir im Schlosse nicht auf tausend Schritte den Bauer von Almocegema an¬ merken. Ihr scherzt, Herr! versetzte der Wirt, indem er Camoens ein Stück des Geflügels vorlegte. Was wir hier erfahren, ist nicht viel mehr, als was das ganze Land weiß. Doch sind wir seit ein paar Wochen alle fröhlich, weil es heißt, daß der König seinen Sinn geändert habe und an Vermählung denke. Herr, wenn das wahr würde, ich wäre imstande, mir zum Freudenfeuer mein eignes Dach über dein Kopfe anzuzünden! Du bleibst immer der hitzige, heißblutige Wilde! schalt der Ritter, lächelte aber Bartolomeo wohlwollend zu. Wenn deine Kunde probehaltig befunden würde, wäre sie freilich die beste, die je ein portugiesisches Herz erfreut hätte. Laßt uns einen Becher darauf leeren, Dom Luis, daß Bartolomeo als Prophet erkannt werde. Man sagt, daß es diesmal dem Könige Ernst sei, fuhr Okaz flüsternd fort. Die vom Schlosse wollen selbst schon wissen, daß die jüngste Gesandtschaft des Königs von Spanien wegen dieser erlauchten Vermählung in Cintra weile. Der heilige Jakob von Compostella helfe ihnen dann unverrichteter Sache heim, fiel Barreto dem Erzähler ins Wort. Wenn die Spanier die Braut aus¬ suchen wollen, so ists um des Königs Glück und Portugals Hoffnungen ge¬ schehen. Das weißt du so gut, Bartolomeo, wie ich, und darum hoffe ich, des Königs Nöte werden es besser als wir beide wissen. Vor der Hand ist die Haupt¬ sache, daß unser junger Herr einen Entschluß gefaßt hat. Was weißt du davon, Mann — welches Wunder soll seinen Sinn gewandelt haben? Ich kaun Euch wenig berichten, Senhor Manuel, entgegnete Okaz, der noch immer am Tische seiner Gäste stehen blieb und nur dann und wann Jose einen Wink gab. Mai, erzählt sich, daß der König, welcher früher den Damen und aller Fröhlichkeit abhold war, jetzt heitere Gesellschaft liebe, und daß der Hof, der doch wahrlich einem Kloster glich, seit ein paar Wochen ivie verwandelt sei. Die Leute, die das Huhn im El wachsen hören — Miraflores da unten ist einer von ihnen —, versichern, daß nur die schönen Augen der jungen Dona Catarina, der Tochter des Grafen Palmeirim, diese Wandlung bewirkt hätten. Schere dich zum Keller hinab mit deinen Neuigkeiten! rief der Edelmann, der bis hierher behaglich gelauscht hatte. Bring einen frischen Schlauch auf Deck, Alter, und die Thorheiten, welche dir das Hofgeschmeiß zuträgt, laß unten im Raum. Will uus der Narr glauben machen, König Sebastian, der bisher keine Frau angesehen hat, sei urplötzlich ein Amoroso geworden, welcher vor jedem Strahl aus schonen Augen dahinschmilzt. Eile dich, eile dich, Bartolomeo, deine Neuigkeiten wecken uns Durst! Herr Manuel trieb den Wirt so eifrig an, daß dieser, wem, auch mit ge¬ kränkter Miene, durch die Fallthttr verschwand, die zwischen den erhöhten Sitzen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/149
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/149>, abgerufen am 05.02.2025.