Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Camoöns. Er zeigte und führte einen Gang entlang, der an der Außenseite seines Ihr bleibt allezeit, der Ihr wäret, gnädiger Herr! rief er. Wer in der In der That erschien der verheißene krausköpfige Bursche, der sich Jose Camoens konnte nichts mehr erwiedern, der ältere Freund stand schon in GrmKMnI. 1,886. 18
Camoöns. Er zeigte und führte einen Gang entlang, der an der Außenseite seines Ihr bleibt allezeit, der Ihr wäret, gnädiger Herr! rief er. Wer in der In der That erschien der verheißene krausköpfige Bursche, der sich Jose Camoens konnte nichts mehr erwiedern, der ältere Freund stand schon in GrmKMnI. 1,886. 18
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197569"/> <fw type="header" place="top"> Camoöns.</fw><lb/> <p xml:id="ID_417"> Er zeigte und führte einen Gang entlang, der an der Außenseite seines<lb/> Hauses wie eine Galerie hinlief und hinter dessen offnen steinernen Bogen<lb/> ebensoviele Thüren zu den einzelnen Gemächern des obern Geschosses führten.<lb/> Gang »ut Zimmer hatten kühlende Steinplatten zum Fußboden, in den beiden<lb/> Gemächern, die Okaz seinen Gästen anwies, lagen kunstreich geflochtene Binsen¬<lb/> matten vor den niedrigen, aber guten Lagerstätten. Sonst war die Ausstattung<lb/> beider Gemächer nicht reich, je ein Gestell mit Waschgeräten, eine Rohrbank<lb/> und ein Vetschemel vor einem Heiligenbilde ließen viel leeren Raum. Dom<lb/> Manuel wies Camoens freundschaftlich das Hintere der beiden Zimmer an, da<lb/> es seine Pflicht sei, den Schlummer seines Gastes zu behüten. Vartolomeo Okaz<lb/> lachte zu dieser ritterlichen Artigkeit über das ganze zerwetterte Antlitz.</p><lb/> <p xml:id="ID_418"> Ihr bleibt allezeit, der Ihr wäret, gnädiger Herr! rief er. Wer in der<lb/> Welt würde zweifeln, daß Ihr Euer Schwert für einen Freund wie Senhor<lb/> Luis zieht! Doch zum Glück ists bei mir am Bord nicht üblich, Strolche und<lb/> fahrende Gesellen aufzunehmen, und Eure Schlafnachbarn in nächster Nähe sind<lb/> edle Herren von der Gesandtschaft, welche der König von Spanien vor kurzem<lb/> wieder an unsre junge Majestät abgeordnet hat. Ihr werdet mehr davon<lb/> wissen als ich — was ich als Wirt erfahren, ist nur, daß die Herren be¬<lb/> scheiden begehren und vornehm zahlen! Ihr werdet zwei von ihnen unten finden!<lb/> Doch verzeiht mein Geschwätz, Herr! Jose soll in wenigen Augenblicken bei<lb/> Euch sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_419"> In der That erschien der verheißene krausköpfige Bursche, der sich Jose<lb/> nannte, einige Minuten später bei den Freunden und half ihnen diensteifrig sich<lb/> vom Staube des Tages befreien. Barreto und Camoens blieben während dessen<lb/> schweigsam, sie hatten auch, so lange sie auf den Diener harrten, nur wenige<lb/> Worte gewechselt, welche verrieten, daß ihre Gedanken noch fort und fort anf<lb/> der Höhe des Kreuzberges verweilten. Als sie sich anschickten, in die große<lb/> Halle des Hauses hinabzusteigen, flüsterte Camoens nur: Der Bursche, der uns<lb/> bedient, ist ein Algarbier, meint Ihr nicht, daß er schweigsam und Pfiffig genug<lb/> sei, um unsern Wünschen zu entsprechen? Barreto machte eine verneinende Be¬<lb/> wegung und setzte, ehe sie dann vom Hofe aus die Halle betraten, rasch hinzu:<lb/> Schlagt Euch für heute die Maurin und was mit ihr zusammenhängt, aus dem<lb/> Sinn und hütet Eure Zunge nach allen Seiten. Ihr seid, wie ich merke,<lb/> fremd geworden in Portugal, ich aber weiß, warum ich Euch warne!</p><lb/> <p xml:id="ID_420" next="#ID_421"> Camoens konnte nichts mehr erwiedern, der ältere Freund stand schon in<lb/> dem weiten Raume, in welchem eben auf den Tischen einzelne Lichter angezündet<lb/> wurden, während man von der Schwelle aus über die Hofmauern herüber den<lb/> letzten Schein des Tages auf den westlichen Bergen wahrnehmen konnte. Der<lb/> Dichter versagte sich nicht, noch einmal nach den Höhen zu blicken, auf denen<lb/> er mit seiner Sorge weilte, dann folgte auch er Barreto an einen der Tische,<lb/> welche mitten in dem großen Flur auf einer besondern Erhöhung standen.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> GrmKMnI. 1,886. 18</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0145]
Camoöns.
Er zeigte und führte einen Gang entlang, der an der Außenseite seines
Hauses wie eine Galerie hinlief und hinter dessen offnen steinernen Bogen
ebensoviele Thüren zu den einzelnen Gemächern des obern Geschosses führten.
Gang »ut Zimmer hatten kühlende Steinplatten zum Fußboden, in den beiden
Gemächern, die Okaz seinen Gästen anwies, lagen kunstreich geflochtene Binsen¬
matten vor den niedrigen, aber guten Lagerstätten. Sonst war die Ausstattung
beider Gemächer nicht reich, je ein Gestell mit Waschgeräten, eine Rohrbank
und ein Vetschemel vor einem Heiligenbilde ließen viel leeren Raum. Dom
Manuel wies Camoens freundschaftlich das Hintere der beiden Zimmer an, da
es seine Pflicht sei, den Schlummer seines Gastes zu behüten. Vartolomeo Okaz
lachte zu dieser ritterlichen Artigkeit über das ganze zerwetterte Antlitz.
Ihr bleibt allezeit, der Ihr wäret, gnädiger Herr! rief er. Wer in der
Welt würde zweifeln, daß Ihr Euer Schwert für einen Freund wie Senhor
Luis zieht! Doch zum Glück ists bei mir am Bord nicht üblich, Strolche und
fahrende Gesellen aufzunehmen, und Eure Schlafnachbarn in nächster Nähe sind
edle Herren von der Gesandtschaft, welche der König von Spanien vor kurzem
wieder an unsre junge Majestät abgeordnet hat. Ihr werdet mehr davon
wissen als ich — was ich als Wirt erfahren, ist nur, daß die Herren be¬
scheiden begehren und vornehm zahlen! Ihr werdet zwei von ihnen unten finden!
Doch verzeiht mein Geschwätz, Herr! Jose soll in wenigen Augenblicken bei
Euch sein.
In der That erschien der verheißene krausköpfige Bursche, der sich Jose
nannte, einige Minuten später bei den Freunden und half ihnen diensteifrig sich
vom Staube des Tages befreien. Barreto und Camoens blieben während dessen
schweigsam, sie hatten auch, so lange sie auf den Diener harrten, nur wenige
Worte gewechselt, welche verrieten, daß ihre Gedanken noch fort und fort anf
der Höhe des Kreuzberges verweilten. Als sie sich anschickten, in die große
Halle des Hauses hinabzusteigen, flüsterte Camoens nur: Der Bursche, der uns
bedient, ist ein Algarbier, meint Ihr nicht, daß er schweigsam und Pfiffig genug
sei, um unsern Wünschen zu entsprechen? Barreto machte eine verneinende Be¬
wegung und setzte, ehe sie dann vom Hofe aus die Halle betraten, rasch hinzu:
Schlagt Euch für heute die Maurin und was mit ihr zusammenhängt, aus dem
Sinn und hütet Eure Zunge nach allen Seiten. Ihr seid, wie ich merke,
fremd geworden in Portugal, ich aber weiß, warum ich Euch warne!
Camoens konnte nichts mehr erwiedern, der ältere Freund stand schon in
dem weiten Raume, in welchem eben auf den Tischen einzelne Lichter angezündet
wurden, während man von der Schwelle aus über die Hofmauern herüber den
letzten Schein des Tages auf den westlichen Bergen wahrnehmen konnte. Der
Dichter versagte sich nicht, noch einmal nach den Höhen zu blicken, auf denen
er mit seiner Sorge weilte, dann folgte auch er Barreto an einen der Tische,
welche mitten in dem großen Flur auf einer besondern Erhöhung standen.
GrmKMnI. 1,886. 18
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |