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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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der Chemikaliemndustrie um 10 Prozent,
" Zuckcrindustri,.' " -i4 "
" Gußeiscnfabrikation " 26 "
" Schimedeeisenfnbrikatioil " 9 "
" Kupferproduktion " 1^'>

Die Zahl der im Jahre 1834 bei de" bestehende" Dampfmaschinen thätige"
Pferdekräfte wird mit 2200 angegeben. Aber schon im Jahre 1853 ließ sich
die Zahl der Hochöfen und Öfen auf 5000, die der Kessel auf etwa 4500, die der
Dampfmaschinen auf 1900, die der Werkstühle auf 190 000 berechnen, und die
Zahl der Fabriken war bis zum Jahre 1852 auf 10 388 gestiegen. Die Zeit
nach dem Krimkriege war für Rußlands Manufakturwesen eine sehr frucht¬
bringende, und namentlich gingen die wohlthätigen Einwirkungen auf die ganze
wirtschaftliche Lage des Landes von dem großen Akte der Abschaffung der
Leibeigenschaft aus. Die spätere Entwicklung des Transport- und Kommu¬
nikationswesens durch die Ausbreitung des Eisenbahnnetzes, wodurch an Stelle
des früher allein vorherrschenden Meßhandels eine Ausnutzung der Konjunkturen
des binnenländischen Marktes gesichert und die Absatzfähigkeit aller Produkte
auf eine ungleich breitere Basis gestellt wurde, hat sich mit der Entwicklung
des russischen Kreditwesens dnrch eine über alle Neichszentre" des Verkehrs
verteilte Neuorganisation von Handels- Industrie- und Stadtbauten, die größten¬
teils ihre vom russischen Finanzministerium lebhaft geförderte Wirksamkeit nur
mit kleinen Kapitalien (10--50 000 Rubel) angefangen haben, heute aber
schon über Grundkapitalien von Millionen verfügen, verbunden, nur das Feld
der Industrie- und GeWerbearbeit zu vergrößern und fruchtbarer zu machen.

Bei der Betrachtung der gegenwärtigen Lage der russischen Industrie läßt
es sich nicht leugnen, daß dem russischen Volke ein großes Gebiet produktiven
Schaffens eröffnet worden ist, ans welchem nun fortschreitende Erfolge gesichert
sind. Die russische Industrie hat aber im großen und ganzen noch ein be¬
grenztes Feld: das des innern Kvnsnms. Alle Fortschritte, die in der auf¬
steigende" Entwicklung erreicht morde" sind, reichen nicht über diese Grenzen
hinaus. Die Gründe hierfür sind verschiedner Art, liegen aber in den Ver¬
hältnissen des Landes selbst. Nur nach Osten haben die russischen Indu¬
striellen ihren Markt erweitert, und man darf erwarten, daß, je inniger die
zentralasiatischen Staaten^ mit dem Mvskowitertum verwachsen, desto leb¬
hafter sich auch ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu den Knlturgebern in
Europa entwickeln werden, denn Nußland ist hier über die Anfänge seiner Arbeit
kaum hinausgekommen. Der Westen aber hat sich gegenüber den Produkten
des russischen Gewerbfleißes bisher noch ziemlich ablehnend verhalten, und selbst
die Zahl der russischen Industrieartikel, welche der Originalität halber auf dem
europäischen Markte einen Absatz finden, ist nicht beträchtlich groß. Die über¬
seeischen Märkte kennen Nußland vielleicht mit Ausnahme eines Teiles Ostasiens
und der Levante als Konkurrenz noch wenig. Trotzdem bleibt die Aufgabe der


der Chemikaliemndustrie um 10 Prozent,
„ Zuckcrindustri,.' „ -i4 „
„ Gußeiscnfabrikation „ 26 „
„ Schimedeeisenfnbrikatioil „ 9 „
„ Kupferproduktion „ 1^'>

Die Zahl der im Jahre 1834 bei de» bestehende» Dampfmaschinen thätige»
Pferdekräfte wird mit 2200 angegeben. Aber schon im Jahre 1853 ließ sich
die Zahl der Hochöfen und Öfen auf 5000, die der Kessel auf etwa 4500, die der
Dampfmaschinen auf 1900, die der Werkstühle auf 190 000 berechnen, und die
Zahl der Fabriken war bis zum Jahre 1852 auf 10 388 gestiegen. Die Zeit
nach dem Krimkriege war für Rußlands Manufakturwesen eine sehr frucht¬
bringende, und namentlich gingen die wohlthätigen Einwirkungen auf die ganze
wirtschaftliche Lage des Landes von dem großen Akte der Abschaffung der
Leibeigenschaft aus. Die spätere Entwicklung des Transport- und Kommu¬
nikationswesens durch die Ausbreitung des Eisenbahnnetzes, wodurch an Stelle
des früher allein vorherrschenden Meßhandels eine Ausnutzung der Konjunkturen
des binnenländischen Marktes gesichert und die Absatzfähigkeit aller Produkte
auf eine ungleich breitere Basis gestellt wurde, hat sich mit der Entwicklung
des russischen Kreditwesens dnrch eine über alle Neichszentre» des Verkehrs
verteilte Neuorganisation von Handels- Industrie- und Stadtbauten, die größten¬
teils ihre vom russischen Finanzministerium lebhaft geförderte Wirksamkeit nur
mit kleinen Kapitalien (10—50 000 Rubel) angefangen haben, heute aber
schon über Grundkapitalien von Millionen verfügen, verbunden, nur das Feld
der Industrie- und GeWerbearbeit zu vergrößern und fruchtbarer zu machen.

Bei der Betrachtung der gegenwärtigen Lage der russischen Industrie läßt
es sich nicht leugnen, daß dem russischen Volke ein großes Gebiet produktiven
Schaffens eröffnet worden ist, ans welchem nun fortschreitende Erfolge gesichert
sind. Die russische Industrie hat aber im großen und ganzen noch ein be¬
grenztes Feld: das des innern Kvnsnms. Alle Fortschritte, die in der auf¬
steigende» Entwicklung erreicht morde» sind, reichen nicht über diese Grenzen
hinaus. Die Gründe hierfür sind verschiedner Art, liegen aber in den Ver¬
hältnissen des Landes selbst. Nur nach Osten haben die russischen Indu¬
striellen ihren Markt erweitert, und man darf erwarten, daß, je inniger die
zentralasiatischen Staaten^ mit dem Mvskowitertum verwachsen, desto leb¬
hafter sich auch ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu den Knlturgebern in
Europa entwickeln werden, denn Nußland ist hier über die Anfänge seiner Arbeit
kaum hinausgekommen. Der Westen aber hat sich gegenüber den Produkten
des russischen Gewerbfleißes bisher noch ziemlich ablehnend verhalten, und selbst
die Zahl der russischen Industrieartikel, welche der Originalität halber auf dem
europäischen Markte einen Absatz finden, ist nicht beträchtlich groß. Die über¬
seeischen Märkte kennen Nußland vielleicht mit Ausnahme eines Teiles Ostasiens
und der Levante als Konkurrenz noch wenig. Trotzdem bleibt die Aufgabe der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/120>, abgerufen am 05.02.2025.