Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Engländer in Birma und im Sudan,

hcmpteten das Schlachtfeld, aber die Feinde werden wiederkommen, wo nicht
hier, so doch anderswo. Man erteilte ihnen wieder einmal eine Lektion, die
von ihnen nicht beachtet werden wird, und die Gefahr für Ägypten ist nur für
den Augenblick beschworen,

Jmmermehr zeigt sich, daß der Sudan das Touking Englands ist, und
es scheint, als ob das so bleiben sollte. Kurz, die neue Sudan-Campagne hat mit
einem jener unfruchtbaren Siege begonnen, die hier für die Engländer Regel ohne
Ausnahme sind. Es war kein Erfolg für die Dauer, blutig, aber nicht einmal
sehr glänzend, wenn man bedenkt, daß 5000 wohlbewaffnete Engländer und
etwa 2000 ägyptische Soldaten, die ebenfalls gute Gewehre hatten und europäisch
geübt waren, gegen 15000 Halbwilde, von denen kaum die Hälfte Schußwaffen
führte, im Felde standen. Die Mahdisten werden den britischen General vor¬
aussichtlich einige Wochen in Ruhe lassen. Zu weiterer Offensive, zu aggressiven
Vorgehen über Gimis hinaus find die Engländer nicht stark genug, und
Stephenson würde damit sicherlich noch weniger Glück haben als Wolseley, der
hier einen guten Teil seines bei Tel El Kebir wohlfeil erworbenen Feldherrn¬
rnfes verlor.

Daß die Lage der Engländer in Nubien wenig hoffen läßt, hat auch der
uach Ägypten gesandte Mut'star Pascha erkannt, und seine Behauptung, daß
nur mit Entsendung türkischer Truppen hier aus der Not geholfen werden könne,
hat viel für sich. Nach einem Berichte der vais? Revs ist er überzeugt, daß
der Sudan für Ägypten unbedingt notwendig sei, da es den Nil beherrsche"
müsse. Die Sudanesen, so fuhr er fort, haßten zwar die Türken, fürchteten
sie aber und würden ihnen eher gehorchen als den ungläubigen Engländern.
Solange diese im Lande blieben, würde der Kampf stets den Charakter eines
Religionskrieges haben, und so müsse Ägypten von den Türken vor der Gefahr
eines Einbruchs der Mahdisten befreit werden. In Übereinstimmung hiermit
berichten andre englische Blätter aus Konstantinopel, der Pascha habe dorthin
telegraphirt, daß es infolge des Vorstoßes der Sudanesen nicht möglich sein
werde, die englisch-türkische Konvention auszuführen, und daß er deshalb den
Engländern in Kairo erklärt habe, erst müsse die ägyptische Armee gründlich
reorganisirt werden, daß dies aber abgelehnt worden sei. Infolge dessen wird
die Mission Mnkhtars als verfehlt eingesehen, und man hat seine Heimreise
zu erwarten.




Die Engländer in Birma und im Sudan,

hcmpteten das Schlachtfeld, aber die Feinde werden wiederkommen, wo nicht
hier, so doch anderswo. Man erteilte ihnen wieder einmal eine Lektion, die
von ihnen nicht beachtet werden wird, und die Gefahr für Ägypten ist nur für
den Augenblick beschworen,

Jmmermehr zeigt sich, daß der Sudan das Touking Englands ist, und
es scheint, als ob das so bleiben sollte. Kurz, die neue Sudan-Campagne hat mit
einem jener unfruchtbaren Siege begonnen, die hier für die Engländer Regel ohne
Ausnahme sind. Es war kein Erfolg für die Dauer, blutig, aber nicht einmal
sehr glänzend, wenn man bedenkt, daß 5000 wohlbewaffnete Engländer und
etwa 2000 ägyptische Soldaten, die ebenfalls gute Gewehre hatten und europäisch
geübt waren, gegen 15000 Halbwilde, von denen kaum die Hälfte Schußwaffen
führte, im Felde standen. Die Mahdisten werden den britischen General vor¬
aussichtlich einige Wochen in Ruhe lassen. Zu weiterer Offensive, zu aggressiven
Vorgehen über Gimis hinaus find die Engländer nicht stark genug, und
Stephenson würde damit sicherlich noch weniger Glück haben als Wolseley, der
hier einen guten Teil seines bei Tel El Kebir wohlfeil erworbenen Feldherrn¬
rnfes verlor.

Daß die Lage der Engländer in Nubien wenig hoffen läßt, hat auch der
uach Ägypten gesandte Mut'star Pascha erkannt, und seine Behauptung, daß
nur mit Entsendung türkischer Truppen hier aus der Not geholfen werden könne,
hat viel für sich. Nach einem Berichte der vais? Revs ist er überzeugt, daß
der Sudan für Ägypten unbedingt notwendig sei, da es den Nil beherrsche»
müsse. Die Sudanesen, so fuhr er fort, haßten zwar die Türken, fürchteten
sie aber und würden ihnen eher gehorchen als den ungläubigen Engländern.
Solange diese im Lande blieben, würde der Kampf stets den Charakter eines
Religionskrieges haben, und so müsse Ägypten von den Türken vor der Gefahr
eines Einbruchs der Mahdisten befreit werden. In Übereinstimmung hiermit
berichten andre englische Blätter aus Konstantinopel, der Pascha habe dorthin
telegraphirt, daß es infolge des Vorstoßes der Sudanesen nicht möglich sein
werde, die englisch-türkische Konvention auszuführen, und daß er deshalb den
Engländern in Kairo erklärt habe, erst müsse die ägyptische Armee gründlich
reorganisirt werden, daß dies aber abgelehnt worden sei. Infolge dessen wird
die Mission Mnkhtars als verfehlt eingesehen, und man hat seine Heimreise
zu erwarten.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197535"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Engländer in Birma und im Sudan,</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_329" prev="#ID_328"> hcmpteten das Schlachtfeld, aber die Feinde werden wiederkommen, wo nicht<lb/>
hier, so doch anderswo. Man erteilte ihnen wieder einmal eine Lektion, die<lb/>
von ihnen nicht beachtet werden wird, und die Gefahr für Ägypten ist nur für<lb/>
den Augenblick beschworen,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_330"> Jmmermehr zeigt sich, daß der Sudan das Touking Englands ist, und<lb/>
es scheint, als ob das so bleiben sollte. Kurz, die neue Sudan-Campagne hat mit<lb/>
einem jener unfruchtbaren Siege begonnen, die hier für die Engländer Regel ohne<lb/>
Ausnahme sind. Es war kein Erfolg für die Dauer, blutig, aber nicht einmal<lb/>
sehr glänzend, wenn man bedenkt, daß 5000 wohlbewaffnete Engländer und<lb/>
etwa 2000 ägyptische Soldaten, die ebenfalls gute Gewehre hatten und europäisch<lb/>
geübt waren, gegen 15000 Halbwilde, von denen kaum die Hälfte Schußwaffen<lb/>
führte, im Felde standen. Die Mahdisten werden den britischen General vor¬<lb/>
aussichtlich einige Wochen in Ruhe lassen. Zu weiterer Offensive, zu aggressiven<lb/>
Vorgehen über Gimis hinaus find die Engländer nicht stark genug, und<lb/>
Stephenson würde damit sicherlich noch weniger Glück haben als Wolseley, der<lb/>
hier einen guten Teil seines bei Tel El Kebir wohlfeil erworbenen Feldherrn¬<lb/>
rnfes verlor.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_331"> Daß die Lage der Engländer in Nubien wenig hoffen läßt, hat auch der<lb/>
uach Ägypten gesandte Mut'star Pascha erkannt, und seine Behauptung, daß<lb/>
nur mit Entsendung türkischer Truppen hier aus der Not geholfen werden könne,<lb/>
hat viel für sich. Nach einem Berichte der vais? Revs ist er überzeugt, daß<lb/>
der Sudan für Ägypten unbedingt notwendig sei, da es den Nil beherrsche»<lb/>
müsse. Die Sudanesen, so fuhr er fort, haßten zwar die Türken, fürchteten<lb/>
sie aber und würden ihnen eher gehorchen als den ungläubigen Engländern.<lb/>
Solange diese im Lande blieben, würde der Kampf stets den Charakter eines<lb/>
Religionskrieges haben, und so müsse Ägypten von den Türken vor der Gefahr<lb/>
eines Einbruchs der Mahdisten befreit werden. In Übereinstimmung hiermit<lb/>
berichten andre englische Blätter aus Konstantinopel, der Pascha habe dorthin<lb/>
telegraphirt, daß es infolge des Vorstoßes der Sudanesen nicht möglich sein<lb/>
werde, die englisch-türkische Konvention auszuführen, und daß er deshalb den<lb/>
Engländern in Kairo erklärt habe, erst müsse die ägyptische Armee gründlich<lb/>
reorganisirt werden, daß dies aber abgelehnt worden sei. Infolge dessen wird<lb/>
die Mission Mnkhtars als verfehlt eingesehen, und man hat seine Heimreise<lb/>
zu erwarten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0111] Die Engländer in Birma und im Sudan, hcmpteten das Schlachtfeld, aber die Feinde werden wiederkommen, wo nicht hier, so doch anderswo. Man erteilte ihnen wieder einmal eine Lektion, die von ihnen nicht beachtet werden wird, und die Gefahr für Ägypten ist nur für den Augenblick beschworen, Jmmermehr zeigt sich, daß der Sudan das Touking Englands ist, und es scheint, als ob das so bleiben sollte. Kurz, die neue Sudan-Campagne hat mit einem jener unfruchtbaren Siege begonnen, die hier für die Engländer Regel ohne Ausnahme sind. Es war kein Erfolg für die Dauer, blutig, aber nicht einmal sehr glänzend, wenn man bedenkt, daß 5000 wohlbewaffnete Engländer und etwa 2000 ägyptische Soldaten, die ebenfalls gute Gewehre hatten und europäisch geübt waren, gegen 15000 Halbwilde, von denen kaum die Hälfte Schußwaffen führte, im Felde standen. Die Mahdisten werden den britischen General vor¬ aussichtlich einige Wochen in Ruhe lassen. Zu weiterer Offensive, zu aggressiven Vorgehen über Gimis hinaus find die Engländer nicht stark genug, und Stephenson würde damit sicherlich noch weniger Glück haben als Wolseley, der hier einen guten Teil seines bei Tel El Kebir wohlfeil erworbenen Feldherrn¬ rnfes verlor. Daß die Lage der Engländer in Nubien wenig hoffen läßt, hat auch der uach Ägypten gesandte Mut'star Pascha erkannt, und seine Behauptung, daß nur mit Entsendung türkischer Truppen hier aus der Not geholfen werden könne, hat viel für sich. Nach einem Berichte der vais? Revs ist er überzeugt, daß der Sudan für Ägypten unbedingt notwendig sei, da es den Nil beherrsche» müsse. Die Sudanesen, so fuhr er fort, haßten zwar die Türken, fürchteten sie aber und würden ihnen eher gehorchen als den ungläubigen Engländern. Solange diese im Lande blieben, würde der Kampf stets den Charakter eines Religionskrieges haben, und so müsse Ägypten von den Türken vor der Gefahr eines Einbruchs der Mahdisten befreit werden. In Übereinstimmung hiermit berichten andre englische Blätter aus Konstantinopel, der Pascha habe dorthin telegraphirt, daß es infolge des Vorstoßes der Sudanesen nicht möglich sein werde, die englisch-türkische Konvention auszuführen, und daß er deshalb den Engländern in Kairo erklärt habe, erst müsse die ägyptische Armee gründlich reorganisirt werden, daß dies aber abgelehnt worden sei. Infolge dessen wird die Mission Mnkhtars als verfehlt eingesehen, und man hat seine Heimreise zu erwarten.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/111
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/111>, abgerufen am 05.02.2025.