Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Wallensteins verrät. sei, auf der Grundlage der Gleichberechtigung der Konfessionen und der Wieder¬ Hildebrand, Ur. 11. Diesen war Wallenstein als König willkommen, weil er mit den
ersten Familien des Landes verschwägert sei und seine Kränklichkeit baldige Erledigung der Krone verheiße, somit die Wahlfreiheit garantire, zumal da er keinenSohn besitze, und seine kirchliche Gleichgiltigkeit den konfessionellen Frieden verbürge. Man sieht, worauf es den Herren ankam und wie eng die Wiederherstellung ihrer "Libertcit" mit der der Glaubens¬ freiheit sich bei ihnen verband. -- ^) Hildebrand, Ur. 21, 23. -- Hildebrand, Ur. 31, 32. -- -) Hildebrand, Ur. 41. - °) Gttdeke, Ur. 79. -- °) Gcideke, Ur. 158, von Arnims Sekre¬ tär geschrieben. G. setzt es dort in den Oktober oder November 1631, doch hat er sich später für die im Texte ausgestellte Datirung entschieden. Wallensteins verrät. sei, auf der Grundlage der Gleichberechtigung der Konfessionen und der Wieder¬ Hildebrand, Ur. 11. Diesen war Wallenstein als König willkommen, weil er mit den
ersten Familien des Landes verschwägert sei und seine Kränklichkeit baldige Erledigung der Krone verheiße, somit die Wahlfreiheit garantire, zumal da er keinenSohn besitze, und seine kirchliche Gleichgiltigkeit den konfessionellen Frieden verbürge. Man sieht, worauf es den Herren ankam und wie eng die Wiederherstellung ihrer „Libertcit" mit der der Glaubens¬ freiheit sich bei ihnen verband. — ^) Hildebrand, Ur. 21, 23. — Hildebrand, Ur. 31, 32. — -) Hildebrand, Ur. 41. - °) Gttdeke, Ur. 79. — °) Gcideke, Ur. 158, von Arnims Sekre¬ tär geschrieben. G. setzt es dort in den Oktober oder November 1631, doch hat er sich später für die im Texte ausgestellte Datirung entschieden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0638" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197372"/> <fw type="header" place="top"> Wallensteins verrät.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2190" prev="#ID_2189" next="#ID_2191"> sei, auf der Grundlage der Gleichberechtigung der Konfessionen und der Wieder¬<lb/> herstellung eines selbständigen Königreichs Böhmen geschlossen werden, und sei<lb/> in diesem Sinne leicht durchführbar, da man die Armeen beiderseits in der<lb/> Hand habe und sie leicht vereinigen könne. Die böhmische Krone wies er nicht<lb/> zurück, obwohl er den Plan ein „groß Schelmstück" nannte. Um dieselbe Zeit<lb/> (7./17. Mai 1633) berichtete Tungel aus Dresden über die mit diesen Grund¬<lb/> gedanken übereinstimmenden Pläne der böhmischen Emigranten ^) und begann<lb/> Kinsky seine schon bekannten Verhandlungen mit dem französischen Gesandten<lb/> Feucquieres. Wenn Wallenstein dann doch ablehnte, so mögen in der That<lb/> seine astrologischen Berechnungen dazu mitgewirkt haben, ebenso sehr aber das<lb/> Mißvergnügen über die doch reservirte Haltung Sachsens und Schwedens, und<lb/> die Wahrnehmung, daß der kaiserliche Hof Verdacht gegen ihn geschöpft habe.<lb/> Wurde doch in Frankfurt am Main und Hamburg ganz offen von seinem nahen<lb/> Abfall geredet. 2) Über die dann doch wieder aufgenommenen Verhandlungen<lb/> berichtet Thurn in mehreren Briefen vom August an Oxenstjerna, ^) ferner dessen<lb/> Sekretär Laurens Grubbe in einem Rundschreiben an die schwedischen Agenten<lb/> vom 7./17. Septembers) endlich bezieht sich darauf ein Memorial des Kur¬<lb/> fürsten von Brandenburg, mit dem Arnim auf der Rückreise von Oxenstjerna<lb/> verhandelte, vom 9./19. September."') Das wertvollste Aktenstück aber teilt<lb/> Gcideke aus dem Archiv in Nötha mit, die undatirten, aber dieser Zeit an-<lb/> gehörigen „Des Herzogs von Friedtlcmd postulg-eg. seine Persohn betreffend"<lb/> und angehängt „Churf. xoswlatg..'^) Als sein letztes Ziel bezeichnet Wallenstein<lb/> darin die böhmische Krone; in jedem Falle wollte er zur Entschädigung für<lb/> Mecklenburg, Sagan und Glogau Mähren erwerben, außerdem den Kurfürsten<lb/> von der Pfalz wieder einsetzen, dem Kurfürsten von Vaiern aber, „weil er ihn<lb/> helffen das Generalat nehmen," das verpfändete Oberösterreich entreißen, und<lb/> um das alles durchzuführen, mit den vereinigten Armeen „vor Wien rücken."<lb/> Die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg schlagen weiter vor: Entlassung<lb/> des kaiserlichen Heeres, Verzicht (des Erzherzogs Leopold) auf Magdeburg und<lb/> Halberstadt, Entschädigung Schwedens durch die Liga (also durch geistliche<lb/> Fürstentümer), Ausweisung der Jesuiten, Freilassung der Religion, Abtretung<lb/> von Schlesien an Brandenburg und Sachsen, der Oberlausitz und halb Böhmens</p><lb/> <note xml:id="FID_60" place="foot"> Hildebrand, Ur. 11. Diesen war Wallenstein als König willkommen, weil er mit den<lb/> ersten Familien des Landes verschwägert sei und seine Kränklichkeit baldige Erledigung der<lb/> Krone verheiße, somit die Wahlfreiheit garantire, zumal da er keinenSohn besitze, und seine<lb/> kirchliche Gleichgiltigkeit den konfessionellen Frieden verbürge. Man sieht, worauf es den<lb/> Herren ankam und wie eng die Wiederherstellung ihrer „Libertcit" mit der der Glaubens¬<lb/> freiheit sich bei ihnen verband. — ^) Hildebrand, Ur. 21, 23. — Hildebrand, Ur. 31, 32.<lb/> — -) Hildebrand, Ur. 41. - °) Gttdeke, Ur. 79. — °) Gcideke, Ur. 158, von Arnims Sekre¬<lb/> tär geschrieben. G. setzt es dort in den Oktober oder November 1631, doch hat er sich später<lb/> für die im Texte ausgestellte Datirung entschieden.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0638]
Wallensteins verrät.
sei, auf der Grundlage der Gleichberechtigung der Konfessionen und der Wieder¬
herstellung eines selbständigen Königreichs Böhmen geschlossen werden, und sei
in diesem Sinne leicht durchführbar, da man die Armeen beiderseits in der
Hand habe und sie leicht vereinigen könne. Die böhmische Krone wies er nicht
zurück, obwohl er den Plan ein „groß Schelmstück" nannte. Um dieselbe Zeit
(7./17. Mai 1633) berichtete Tungel aus Dresden über die mit diesen Grund¬
gedanken übereinstimmenden Pläne der böhmischen Emigranten ^) und begann
Kinsky seine schon bekannten Verhandlungen mit dem französischen Gesandten
Feucquieres. Wenn Wallenstein dann doch ablehnte, so mögen in der That
seine astrologischen Berechnungen dazu mitgewirkt haben, ebenso sehr aber das
Mißvergnügen über die doch reservirte Haltung Sachsens und Schwedens, und
die Wahrnehmung, daß der kaiserliche Hof Verdacht gegen ihn geschöpft habe.
Wurde doch in Frankfurt am Main und Hamburg ganz offen von seinem nahen
Abfall geredet. 2) Über die dann doch wieder aufgenommenen Verhandlungen
berichtet Thurn in mehreren Briefen vom August an Oxenstjerna, ^) ferner dessen
Sekretär Laurens Grubbe in einem Rundschreiben an die schwedischen Agenten
vom 7./17. Septembers) endlich bezieht sich darauf ein Memorial des Kur¬
fürsten von Brandenburg, mit dem Arnim auf der Rückreise von Oxenstjerna
verhandelte, vom 9./19. September."') Das wertvollste Aktenstück aber teilt
Gcideke aus dem Archiv in Nötha mit, die undatirten, aber dieser Zeit an-
gehörigen „Des Herzogs von Friedtlcmd postulg-eg. seine Persohn betreffend"
und angehängt „Churf. xoswlatg..'^) Als sein letztes Ziel bezeichnet Wallenstein
darin die böhmische Krone; in jedem Falle wollte er zur Entschädigung für
Mecklenburg, Sagan und Glogau Mähren erwerben, außerdem den Kurfürsten
von der Pfalz wieder einsetzen, dem Kurfürsten von Vaiern aber, „weil er ihn
helffen das Generalat nehmen," das verpfändete Oberösterreich entreißen, und
um das alles durchzuführen, mit den vereinigten Armeen „vor Wien rücken."
Die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg schlagen weiter vor: Entlassung
des kaiserlichen Heeres, Verzicht (des Erzherzogs Leopold) auf Magdeburg und
Halberstadt, Entschädigung Schwedens durch die Liga (also durch geistliche
Fürstentümer), Ausweisung der Jesuiten, Freilassung der Religion, Abtretung
von Schlesien an Brandenburg und Sachsen, der Oberlausitz und halb Böhmens
Hildebrand, Ur. 11. Diesen war Wallenstein als König willkommen, weil er mit den
ersten Familien des Landes verschwägert sei und seine Kränklichkeit baldige Erledigung der
Krone verheiße, somit die Wahlfreiheit garantire, zumal da er keinenSohn besitze, und seine
kirchliche Gleichgiltigkeit den konfessionellen Frieden verbürge. Man sieht, worauf es den
Herren ankam und wie eng die Wiederherstellung ihrer „Libertcit" mit der der Glaubens¬
freiheit sich bei ihnen verband. — ^) Hildebrand, Ur. 21, 23. — Hildebrand, Ur. 31, 32.
— -) Hildebrand, Ur. 41. - °) Gttdeke, Ur. 79. — °) Gcideke, Ur. 158, von Arnims Sekre¬
tär geschrieben. G. setzt es dort in den Oktober oder November 1631, doch hat er sich später
für die im Texte ausgestellte Datirung entschieden.
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