Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Notizen. Verbesserung der sozialen Lage uuter den Handwerkern und Arbeitern ist nicht ohne Schließlich mag auch noch mit einigen Worten der Männer gedacht sein, welche Notizen. Verbesserung der sozialen Lage uuter den Handwerkern und Arbeitern ist nicht ohne Schließlich mag auch noch mit einigen Worten der Männer gedacht sein, welche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0563" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197297"/> <fw type="header" place="top"> Notizen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1870" prev="#ID_1869"> Verbesserung der sozialen Lage uuter den Handwerkern und Arbeitern ist nicht ohne<lb/> weiteres sozialdemokratisch, viele Arbeitervereine stehen gewiß hart an der Grenze<lb/> des Ueberganges zur Sozialdemokratie nud es siud manche Elemente nnter ihnen,<lb/> welche diesen Uebergang gern je eher je lieber vollzögen. Das; dies aber nicht<lb/> geschieht, daß die, sagen wir, ordnungsliebenden Elemente die Oberhand behalten,<lb/> die Mitglieder, welche gern die Fahne der Sozialdemokratie, unbeschränkt entfalteten,<lb/> sich zur Mäßigung, wenigstens zur thatsächlichen Achtung der Gesetze und der<lb/> Staatsordnung gezwungen sehen, das ist auch nur die Folge des Sozialistengesetzes.<lb/> Nun ist auch nicht alles in den Lehren der Sozialdemokratie falsch und unbe¬<lb/> gründet: manche Forderung ist an sich ganz oder teilweise richtig, wenn sie auch<lb/> in der übertriebenen Form oder mit Rücksicht ans die geplante Art und Weise der<lb/> Durchführung nicht gebilligt werden kann. Daß aber nicht mit bloßem Verneinen<lb/> derartiger übertriebenen Forderungen gedient wird, daß positiv die Hand ans Werk<lb/> gelegt werden muß, um dem Arbeiter bei der Erreichung der von ihm erstrebten<lb/> Ziele, welche er allein nicht erreichen kann, behilflich zu sein, liegt auf der Hand.<lb/> Die richtig geschulten, konsequenten Manchestermänner haben freilich für eine<lb/> solche positive Thätigkeit kein Verständnis, sie kennen nur den Grundsatz des Gehen-<lb/> lassens, dessen konsequentes Ende einerseits Selbsthilfe, anderseits aber für<lb/> den, welcher sich selbst nicht helfen kann, Untergang ist; sie tragen deshalb auch<lb/> wesentlich die Mitschuld an der sozialdemokratischen Bewegung, indem sie dem<lb/> minder mächtigen Arbeiter die Hilfe versagen, ihn zugleich aber stets auf die Selbst¬<lb/> hilfe, auf die Vereinsthätigkeit verweisen; sie dürfen sich nicht wundern, wenn die<lb/> Arbeiter Selbsthilfe und Äereinsthätigkeit nach den ihnen zunächst liegenden Be¬<lb/> griffen aufgefaßt haben. Hat nun der Arbeiter das Vertrauen zu seinen frühern<lb/> Führern verloren und hat er deshalb sich unter der Leitung andrer nunmehr zu-<lb/> sammengeschnart, so haben allerdings die Arbeitervereinigungen zugenommen, und<lb/> man könnte daraufhin sagen, die Gefahr der Sozialdemokratie sei gewachsen, weil<lb/> viele dieser Vereine, wie gesagt, an der Grenze der Sozialdemokratie angelangt<lb/> sind; aber, wie auch schon bemerkt, sie haben vielfach die Grenze noch nicht über¬<lb/> schritten und sind insofern noch nicht der Sozialdemokratie wirklich zum Opfer ge¬<lb/> fallen. Einer der größten Gedanken unsers Reichskanzlers war es, sich dieser Be¬<lb/> wegung, soweit ein guter Kern darin liegt, anzunehmen, dem Arbeiter die Gelegenheit<lb/> zur Erlangung von Versorgung im Falle der Erkrankung und Invalidität zu bieten,<lb/> dem Handwerker und dem Arbeiter Schutz gegen eine etwaige Ausbeutung durch<lb/> das Kapital zu gewähren und somit das auf gesetzlichem Wege ins Leben zu führen,<lb/> was der Arbeiter verlangen kaun. Durch dies Entgegenkommen der Gesetzgebung<lb/> ist mancher Verein, der auf dem Wege zum sozialdemokratischen Lager war, zur<lb/> Umkehr gebracht oder doch vor zu weitgehenden Schritten behütet worden, die ganze<lb/> Bewegung ist in ein ruhigeres Fahrwasser gelangt und es zeigt sich, wenn anch<lb/> erst fern am Horizonte, doch die Aussicht zu gänzlicher Beilegung des Kampfes.<lb/> Soll aber diese Bewegung nicht gestört, soll eine ruhige Weiterentwicklung verbürgt<lb/> werden, so bedarf es eines Schutzes derselben gegen störende Eingriffe. Eine Reihe<lb/> von Personen lebt bekanntlich jetzt von der Stellung als Parteiführer; diese sehen<lb/> in der Beendigung des Kampfes ihre Existenz bedroht und schüren deshalb den<lb/> Kampf; gegen sie und ihre Einwirkung ist vorzugsweise das Sozialistengesetz gerichtet<lb/> und notwendig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1871" next="#ID_1872"> Schließlich mag auch noch mit einigen Worten der Männer gedacht sein, welche<lb/> zum Schutze der Gesamtheit gegen die Ausschreitungen der Sozialdemokratie berufen<lb/> und somit den Angriffen derselben zunächst ausgesetzt sind. Wer diesen Kampf nur</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0563]
Notizen.
Verbesserung der sozialen Lage uuter den Handwerkern und Arbeitern ist nicht ohne
weiteres sozialdemokratisch, viele Arbeitervereine stehen gewiß hart an der Grenze
des Ueberganges zur Sozialdemokratie nud es siud manche Elemente nnter ihnen,
welche diesen Uebergang gern je eher je lieber vollzögen. Das; dies aber nicht
geschieht, daß die, sagen wir, ordnungsliebenden Elemente die Oberhand behalten,
die Mitglieder, welche gern die Fahne der Sozialdemokratie, unbeschränkt entfalteten,
sich zur Mäßigung, wenigstens zur thatsächlichen Achtung der Gesetze und der
Staatsordnung gezwungen sehen, das ist auch nur die Folge des Sozialistengesetzes.
Nun ist auch nicht alles in den Lehren der Sozialdemokratie falsch und unbe¬
gründet: manche Forderung ist an sich ganz oder teilweise richtig, wenn sie auch
in der übertriebenen Form oder mit Rücksicht ans die geplante Art und Weise der
Durchführung nicht gebilligt werden kann. Daß aber nicht mit bloßem Verneinen
derartiger übertriebenen Forderungen gedient wird, daß positiv die Hand ans Werk
gelegt werden muß, um dem Arbeiter bei der Erreichung der von ihm erstrebten
Ziele, welche er allein nicht erreichen kann, behilflich zu sein, liegt auf der Hand.
Die richtig geschulten, konsequenten Manchestermänner haben freilich für eine
solche positive Thätigkeit kein Verständnis, sie kennen nur den Grundsatz des Gehen-
lassens, dessen konsequentes Ende einerseits Selbsthilfe, anderseits aber für
den, welcher sich selbst nicht helfen kann, Untergang ist; sie tragen deshalb auch
wesentlich die Mitschuld an der sozialdemokratischen Bewegung, indem sie dem
minder mächtigen Arbeiter die Hilfe versagen, ihn zugleich aber stets auf die Selbst¬
hilfe, auf die Vereinsthätigkeit verweisen; sie dürfen sich nicht wundern, wenn die
Arbeiter Selbsthilfe und Äereinsthätigkeit nach den ihnen zunächst liegenden Be¬
griffen aufgefaßt haben. Hat nun der Arbeiter das Vertrauen zu seinen frühern
Führern verloren und hat er deshalb sich unter der Leitung andrer nunmehr zu-
sammengeschnart, so haben allerdings die Arbeitervereinigungen zugenommen, und
man könnte daraufhin sagen, die Gefahr der Sozialdemokratie sei gewachsen, weil
viele dieser Vereine, wie gesagt, an der Grenze der Sozialdemokratie angelangt
sind; aber, wie auch schon bemerkt, sie haben vielfach die Grenze noch nicht über¬
schritten und sind insofern noch nicht der Sozialdemokratie wirklich zum Opfer ge¬
fallen. Einer der größten Gedanken unsers Reichskanzlers war es, sich dieser Be¬
wegung, soweit ein guter Kern darin liegt, anzunehmen, dem Arbeiter die Gelegenheit
zur Erlangung von Versorgung im Falle der Erkrankung und Invalidität zu bieten,
dem Handwerker und dem Arbeiter Schutz gegen eine etwaige Ausbeutung durch
das Kapital zu gewähren und somit das auf gesetzlichem Wege ins Leben zu führen,
was der Arbeiter verlangen kaun. Durch dies Entgegenkommen der Gesetzgebung
ist mancher Verein, der auf dem Wege zum sozialdemokratischen Lager war, zur
Umkehr gebracht oder doch vor zu weitgehenden Schritten behütet worden, die ganze
Bewegung ist in ein ruhigeres Fahrwasser gelangt und es zeigt sich, wenn anch
erst fern am Horizonte, doch die Aussicht zu gänzlicher Beilegung des Kampfes.
Soll aber diese Bewegung nicht gestört, soll eine ruhige Weiterentwicklung verbürgt
werden, so bedarf es eines Schutzes derselben gegen störende Eingriffe. Eine Reihe
von Personen lebt bekanntlich jetzt von der Stellung als Parteiführer; diese sehen
in der Beendigung des Kampfes ihre Existenz bedroht und schüren deshalb den
Kampf; gegen sie und ihre Einwirkung ist vorzugsweise das Sozialistengesetz gerichtet
und notwendig.
Schließlich mag auch noch mit einigen Worten der Männer gedacht sein, welche
zum Schutze der Gesamtheit gegen die Ausschreitungen der Sozialdemokratie berufen
und somit den Angriffen derselben zunächst ausgesetzt sind. Wer diesen Kampf nur
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