Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Mein- und Gbstbcm in Deutschland. stehen kann und vorwärts kommt, und wenn dann hierzu noch ein Gefühl Noch ungleich mehr gilt das Gesagte vom Weinbau. Seine Einführung Kommen wir zum Schlüsse. In manchen Teilen des Rheinlandes glaubt Mein- und Gbstbcm in Deutschland. stehen kann und vorwärts kommt, und wenn dann hierzu noch ein Gefühl Noch ungleich mehr gilt das Gesagte vom Weinbau. Seine Einführung Kommen wir zum Schlüsse. In manchen Teilen des Rheinlandes glaubt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0034" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196768"/> <fw type="header" place="top"> Mein- und Gbstbcm in Deutschland.</fw><lb/> <p xml:id="ID_70" prev="#ID_69"> stehen kann und vorwärts kommt, und wenn dann hierzu noch ein Gefühl<lb/> hoffnnngsfrendiger Sicherheit und durch tausend kleine Antriebe geweckten<lb/> Strebens tritt, sich das Leben freundlicher zu gestalten. Daß daneben der<lb/> Nachweis eiuer nicht zu verachtenden Rentabilität seine Rolle spielt, versteht sich<lb/> von selbst; aber der entscheidende Punkt ist nicht sowohl dieser als vielmehr das<lb/> mich auf das Landvolk übergehende Verlangen, einem allgemeinen Aufschwünge<lb/> auch durch die Pflege neuer, seither vernachlässigter Wirtschaftszweige und durch<lb/> freundlichere Gestaltung des Lebens und zunächst des Heims Ausdruck zu geben,<lb/> die Vorbedingung dasür, daß der Obstbau allmählich der ganzen Landbevölkerung<lb/> (auch in den minder von der Natur begünstigten Teilen Deutschlands) in<lb/> 8U00UM, ot übergehe, ist also einerseits ein Gedeihen und Empor¬<lb/> blühen der ganzen Landwirtschaft, anderseits eine durch das ganze Volk gehende<lb/> Hoffnungsfreudigkeit und nationale Gehobenheit.</p><lb/> <p xml:id="ID_71"> Noch ungleich mehr gilt das Gesagte vom Weinbau. Seine Einführung<lb/> verlangt selbst da, wo sie nur im kleinsten Maßstabe stattfinden soll, nicht etwa<lb/> veränderte, sondern vollständig neue, eigenartige Betriebseinrichtungen, und<lb/> dabei sind die Erträge so schwankend, daß nicht nur schon eine langjährige Ge¬<lb/> wöhnung dazu gehört, um sich über so häufige Enttäuschungen hinwegzusetzen,<lb/> sondern daß auch die Krcditvcrhältnissc sich in ganz eigentümlicher Weise gestalten<lb/> müssen, um einen ausgebreiteten und regelmäßigen Betrieb zu sichern. Wir<lb/> möchten diese entschieden schwierigste und mißlichste Seite unsers Themas nicht<lb/> in deu Vordergrund stellen, und unterlassen es daher, hierauf näher einzugehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_72" next="#ID_73"> Kommen wir zum Schlüsse. In manchen Teilen des Rheinlandes glaubt<lb/> man, auf der Landstraße dahinwandcrnd, ringsum am Horizont einen ausge¬<lb/> dehnten Wald zu erblicken; es sind aber die vielfach in einander übergreifenden<lb/> Obstgärten der Dörfer, was wir sehen. Größere Dörfer und Flecken, ja auch<lb/> Städtchen und selbst schon größere Orte (wie Jülich) sind von einem Halbstunden-<lb/> breiten, festgeschlossenen Obstgartenkranze umgeben, sodaß mau aus der Ferne<lb/> nichts als die Turmspitzen der Kirchen und allenfalls die Herrenhäuser erblickt.<lb/> Schon die oberrheinischen und badischen Orte kommen, mit dieser Vanmgarten-<lb/> flut verglichen, dem Niedcrrheinländer, insbesondre dem Kölner und Jttlicher,<lb/> oft kahl vor; Ostdeutschland aber mit seinen häufig so nackten und kahlen<lb/> Fluren macht eben aus diesem Grunde auf den Rheinländer gewöhnlich einen<lb/> trostlosen, niederschlagenden ersten Eindruck. Und man frage nur die Leute, wie<lb/> sie sich bei ihrem Obstbaue stehen: nicht etwa nur die Kirscheuzüchter aus dem<lb/> Bopparder Hamm und dem untern Mosclthal oder die Leute ans den Reine-<lb/> claudcndörfern bei Mainz — nein, auch die Leute aus den Bancrndörfcru des<lb/> ganzen Aachener und Kölner Landes, sie alle werden versichern, daß der Obst¬<lb/> ertrag einen durchaus wesentlichen Teil ihres Wirtschaftssystems bilde, auch<lb/> wenn sie nur wenig oder garnichts verkaufen. Die Behauptung, das möge am<lb/> Rhein und allenfalls in Franken, Schwaben und Sachsen gehen, gehe aber im</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0034]
Mein- und Gbstbcm in Deutschland.
stehen kann und vorwärts kommt, und wenn dann hierzu noch ein Gefühl
hoffnnngsfrendiger Sicherheit und durch tausend kleine Antriebe geweckten
Strebens tritt, sich das Leben freundlicher zu gestalten. Daß daneben der
Nachweis eiuer nicht zu verachtenden Rentabilität seine Rolle spielt, versteht sich
von selbst; aber der entscheidende Punkt ist nicht sowohl dieser als vielmehr das
mich auf das Landvolk übergehende Verlangen, einem allgemeinen Aufschwünge
auch durch die Pflege neuer, seither vernachlässigter Wirtschaftszweige und durch
freundlichere Gestaltung des Lebens und zunächst des Heims Ausdruck zu geben,
die Vorbedingung dasür, daß der Obstbau allmählich der ganzen Landbevölkerung
(auch in den minder von der Natur begünstigten Teilen Deutschlands) in
8U00UM, ot übergehe, ist also einerseits ein Gedeihen und Empor¬
blühen der ganzen Landwirtschaft, anderseits eine durch das ganze Volk gehende
Hoffnungsfreudigkeit und nationale Gehobenheit.
Noch ungleich mehr gilt das Gesagte vom Weinbau. Seine Einführung
verlangt selbst da, wo sie nur im kleinsten Maßstabe stattfinden soll, nicht etwa
veränderte, sondern vollständig neue, eigenartige Betriebseinrichtungen, und
dabei sind die Erträge so schwankend, daß nicht nur schon eine langjährige Ge¬
wöhnung dazu gehört, um sich über so häufige Enttäuschungen hinwegzusetzen,
sondern daß auch die Krcditvcrhältnissc sich in ganz eigentümlicher Weise gestalten
müssen, um einen ausgebreiteten und regelmäßigen Betrieb zu sichern. Wir
möchten diese entschieden schwierigste und mißlichste Seite unsers Themas nicht
in deu Vordergrund stellen, und unterlassen es daher, hierauf näher einzugehen.
Kommen wir zum Schlüsse. In manchen Teilen des Rheinlandes glaubt
man, auf der Landstraße dahinwandcrnd, ringsum am Horizont einen ausge¬
dehnten Wald zu erblicken; es sind aber die vielfach in einander übergreifenden
Obstgärten der Dörfer, was wir sehen. Größere Dörfer und Flecken, ja auch
Städtchen und selbst schon größere Orte (wie Jülich) sind von einem Halbstunden-
breiten, festgeschlossenen Obstgartenkranze umgeben, sodaß mau aus der Ferne
nichts als die Turmspitzen der Kirchen und allenfalls die Herrenhäuser erblickt.
Schon die oberrheinischen und badischen Orte kommen, mit dieser Vanmgarten-
flut verglichen, dem Niedcrrheinländer, insbesondre dem Kölner und Jttlicher,
oft kahl vor; Ostdeutschland aber mit seinen häufig so nackten und kahlen
Fluren macht eben aus diesem Grunde auf den Rheinländer gewöhnlich einen
trostlosen, niederschlagenden ersten Eindruck. Und man frage nur die Leute, wie
sie sich bei ihrem Obstbaue stehen: nicht etwa nur die Kirscheuzüchter aus dem
Bopparder Hamm und dem untern Mosclthal oder die Leute ans den Reine-
claudcndörfern bei Mainz — nein, auch die Leute aus den Bancrndörfcru des
ganzen Aachener und Kölner Landes, sie alle werden versichern, daß der Obst¬
ertrag einen durchaus wesentlichen Teil ihres Wirtschaftssystems bilde, auch
wenn sie nur wenig oder garnichts verkaufen. Die Behauptung, das möge am
Rhein und allenfalls in Franken, Schwaben und Sachsen gehen, gehe aber im
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