Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.dauernd teilt, sind: die stvckkvnservativc Masse des Landvolkes, der gebildete und Das gilt noch heute, und darnach haben wir das Resultat des 4. und des dauernd teilt, sind: die stvckkvnservativc Masse des Landvolkes, der gebildete und Das gilt noch heute, und darnach haben wir das Resultat des 4. und des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0226" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196960"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_720" prev="#ID_719"> dauernd teilt, sind: die stvckkvnservativc Masse des Landvolkes, der gebildete und<lb/> wohlhabende Bürgerstand der Provinz, der immer oppositionelle Pariser von<lb/> mehr oder minder Bildung und Geist, endlich die destruktive Masse der Arbeiter<lb/> in Paris und andern großen Städten. Der Zahl nach — und dies ist wichtig<lb/> in einem Lande des allgemeinen Stimmrechts — ist die konservative Masse die<lb/> bedeutendste, ihr folgt die destruktive, dieser die liberal-konservative, die wenigst<lb/> zahlreiche ist die der Pariser Opposition."</p><lb/> <p xml:id="ID_721" next="#ID_722"> Das gilt noch heute, und darnach haben wir das Resultat des 4. und des<lb/> 18. Oktober zu beurteilen. Die ersten Wahlen wurden allgemein als ein mäch¬<lb/> tiger Sieg der Konservativen, der vereinigten monarchischen Parteien aufgefaßt,<lb/> die sich zum großen Teil der Unterstützung der Geistlichkeit erfreuen, welche in<lb/> manchen Departements das Landvolk beinahe ausschließlich beeinflußt und am<lb/> Bande führt. Der konservative und kirchlich gesinnte französische Bauer ließ<lb/> fühlen, daß er auch noch da, und daß er mit dem neuen Mittel des Listen-<lb/> strutiniums in der Hand gewillt sei, seiner Meinung und seinen Wünschen bei<lb/> der Gesetzgebung und Regierung mehr Stimme und Gehör zu verschaffen, als<lb/> man ihm bis jetzt zugestehen mußte. Näher betrachtet, blieb der Ausgang der<lb/> Abstimmung vom 4. Oktober zwar ein sehr erheblicher Erfolg der Monarchisten,<lb/> aber er sah doch mehr wie eine Niederlage des Ministeriums und der be¬<lb/> stimmte!? Partei aus, welche durch dasselbe regierte und Vorteile für sich daraus<lb/> zog. Man erfuhr, daß mehrere Mitglieder des Kabinets des Präsidenten Grcvy<lb/> bei ihrer Bewerbung um ein Mandat durchgefallen seien, und erwartete, andre<lb/> würden dasselbe Schicksal haben, und das Ministerium Brisson werde infolge¬<lb/> dessen zusammenbrechen wie das Ministerium Ferrh. Man bemerkte ferner,<lb/> daß neben den Monarchisten auch deren Antipoden, die Radikalen, durch die<lb/> Wahl auf Kosten der Opportunisten Sitze, und zwar ebenfalls viel mehr Sitze<lb/> in der Kammer genommen hatten, als sie bis jetzt besessen. Die einzige Partei,<lb/> welche verloren hatte, war die, welche in den letzten zehn Jahren die Gewalt<lb/> in den Händen gehabt und davon einen Gebrauch gemacht hatte, welcher der<lb/> Mehrheit derer, die am 4. Oktober an den Stimmurnen erschienen, nicht gesiel,<lb/> und welcher in der That nach vielen Richtungen hin Ausstellungen zuließ.<lb/> Wenn man sah, daß die Wählerschaften fast über ganz Frankreich hin in großer<lb/> Zahl ihre Stimmen für Gegner des Kabinets Brisson abgaben, die einen,<lb/> weil sie Konservative, die andern, weil sie Radikale waren, so mußte man<lb/> wohl schließen, daß bei den einen wie bei den andern der Verdruß über die<lb/> Irrwege, Mißgriffe und Niederlagen, über die ganze innere und äußere Politik<lb/> der opportunistischen Minister mehr mit dem Ergebnisse der Wahl zu thun hatte<lb/> als die Erwartung irgendwelcher Vorteile Vonseiten ihrer Nachfolger, mochten<lb/> sie diesen oder jenen politischen Glauben zur Herrschaft bringen. Natürlich lag<lb/> Vorliebe für die monarchische Staats- und Regierungsform zu gründe, wenn<lb/> viele Kandidaten gewählt wurden, welche ihre Hinneigung zu einem oder dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0226]
dauernd teilt, sind: die stvckkvnservativc Masse des Landvolkes, der gebildete und
wohlhabende Bürgerstand der Provinz, der immer oppositionelle Pariser von
mehr oder minder Bildung und Geist, endlich die destruktive Masse der Arbeiter
in Paris und andern großen Städten. Der Zahl nach — und dies ist wichtig
in einem Lande des allgemeinen Stimmrechts — ist die konservative Masse die
bedeutendste, ihr folgt die destruktive, dieser die liberal-konservative, die wenigst
zahlreiche ist die der Pariser Opposition."
Das gilt noch heute, und darnach haben wir das Resultat des 4. und des
18. Oktober zu beurteilen. Die ersten Wahlen wurden allgemein als ein mäch¬
tiger Sieg der Konservativen, der vereinigten monarchischen Parteien aufgefaßt,
die sich zum großen Teil der Unterstützung der Geistlichkeit erfreuen, welche in
manchen Departements das Landvolk beinahe ausschließlich beeinflußt und am
Bande führt. Der konservative und kirchlich gesinnte französische Bauer ließ
fühlen, daß er auch noch da, und daß er mit dem neuen Mittel des Listen-
strutiniums in der Hand gewillt sei, seiner Meinung und seinen Wünschen bei
der Gesetzgebung und Regierung mehr Stimme und Gehör zu verschaffen, als
man ihm bis jetzt zugestehen mußte. Näher betrachtet, blieb der Ausgang der
Abstimmung vom 4. Oktober zwar ein sehr erheblicher Erfolg der Monarchisten,
aber er sah doch mehr wie eine Niederlage des Ministeriums und der be¬
stimmte!? Partei aus, welche durch dasselbe regierte und Vorteile für sich daraus
zog. Man erfuhr, daß mehrere Mitglieder des Kabinets des Präsidenten Grcvy
bei ihrer Bewerbung um ein Mandat durchgefallen seien, und erwartete, andre
würden dasselbe Schicksal haben, und das Ministerium Brisson werde infolge¬
dessen zusammenbrechen wie das Ministerium Ferrh. Man bemerkte ferner,
daß neben den Monarchisten auch deren Antipoden, die Radikalen, durch die
Wahl auf Kosten der Opportunisten Sitze, und zwar ebenfalls viel mehr Sitze
in der Kammer genommen hatten, als sie bis jetzt besessen. Die einzige Partei,
welche verloren hatte, war die, welche in den letzten zehn Jahren die Gewalt
in den Händen gehabt und davon einen Gebrauch gemacht hatte, welcher der
Mehrheit derer, die am 4. Oktober an den Stimmurnen erschienen, nicht gesiel,
und welcher in der That nach vielen Richtungen hin Ausstellungen zuließ.
Wenn man sah, daß die Wählerschaften fast über ganz Frankreich hin in großer
Zahl ihre Stimmen für Gegner des Kabinets Brisson abgaben, die einen,
weil sie Konservative, die andern, weil sie Radikale waren, so mußte man
wohl schließen, daß bei den einen wie bei den andern der Verdruß über die
Irrwege, Mißgriffe und Niederlagen, über die ganze innere und äußere Politik
der opportunistischen Minister mehr mit dem Ergebnisse der Wahl zu thun hatte
als die Erwartung irgendwelcher Vorteile Vonseiten ihrer Nachfolger, mochten
sie diesen oder jenen politischen Glauben zur Herrschaft bringen. Natürlich lag
Vorliebe für die monarchische Staats- und Regierungsform zu gründe, wenn
viele Kandidaten gewählt wurden, welche ihre Hinneigung zu einem oder dem
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