Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Skizzen ans unserm heutigen Volksleben, über die Genealogie des ältern Herodes. Ein andrer zeigte überall seine roten, Trotz alledem hatte besonders Pastor Käufer bei Rufes und Genossen Eindruck Das war fein gegeben, ein unanständiges und streng verbotenes Versprechen Nächstdem hatte die meisten Chancen ein gewisser Pastor Ziegeling, welcher Es waren also zwei, ans die sich die Augen richten konnten; wer aber war "Meine Herren," sagte der Schulze in der Kvmmuuversammlung, wo diese Skizzen ans unserm heutigen Volksleben, über die Genealogie des ältern Herodes. Ein andrer zeigte überall seine roten, Trotz alledem hatte besonders Pastor Käufer bei Rufes und Genossen Eindruck Das war fein gegeben, ein unanständiges und streng verbotenes Versprechen Nächstdem hatte die meisten Chancen ein gewisser Pastor Ziegeling, welcher Es waren also zwei, ans die sich die Augen richten konnten; wer aber war „Meine Herren," sagte der Schulze in der Kvmmuuversammlung, wo diese <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0162" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196896"/> <fw type="header" place="top"> Skizzen ans unserm heutigen Volksleben,</fw><lb/> <p xml:id="ID_495" prev="#ID_494"> über die Genealogie des ältern Herodes. Ein andrer zeigte überall seine roten,<lb/> dicken Hände und verfehlte nicht, hinzuzusetzen, daß er sie ans dem Filialwege er¬<lb/> froren habe. Ein dritter schrieb an die verwitwete Frau Pastorin, es sei offenbar<lb/> Gottes Wille, daß er speziell für die Abendorfer Pfründe bestimmt sei; die Frau<lb/> Pastorin möchte doch ihren gewiß großen Einfluß in diesem Sinne für ihn geltend<lb/> macheu. Noch ein andrer hob hervor, daß er schon in einer frühern Stelle der Nach¬<lb/> folger des Verstorbenen gewesen sei, woraus folge, daß mau ihn auch diesmal<lb/> wieder wählen müsse.</p><lb/> <p xml:id="ID_496"> Trotz alledem hatte besonders Pastor Käufer bei Rufes und Genossen Eindruck<lb/> gemacht. Denn dieser war auf die Pachtfrngc zu sprechen gekommen und hatte<lb/> auf eine ausholende Frage Nuschs, wie er es denn mit den Pachter halten würde,<lb/> mit den: Tone des Biedermanns geantwortet: „Mein lieber Rufes, das bleibt alles,<lb/> wie es war. Wir sind das doch dem pietätvollen Andenken des lieben Toten<lb/> schuldig. Nicht wahr? Ich würde auch uicht so genau auf den Groschen sehen.<lb/> Ein Knufmaun oder ein Geschäftsmann mag das thun — uicht wahr? —, aber<lb/> ein Pastor muß nobel sein, das fordert doch der Pastorale Anstand."</p><lb/> <p xml:id="ID_497"> Das war fein gegeben, ein unanständiges und streng verbotenes Versprechen<lb/> unter der Firma Pastoralen Auslandes! Wo aber ein Bauer einen Vorteil für sich<lb/> wittert, schweige» alle andern Rücksichten. Pastor Käufer war bei alleu Pächtern<lb/> des Pfarrackers der Maun des Tages, ein liebevoller Mann, ein „galanter" Mann,<lb/> den man wählen müsse.</p><lb/> <p xml:id="ID_498"> Nächstdem hatte die meisten Chancen ein gewisser Pastor Ziegeling, welcher<lb/> der Loge angehörte. Es ist ja kein Dörflein so kleine, ein Logenbrnder muß darin<lb/> seine. In Abendorf waren der Wirt und der Amtmann Freimaurer, natürlich<lb/> waren diese für Ziegeling. Und noch mehr wirkte der städtische Einfluß. Kam<lb/> der Abeudvrfer Bauer zum Bankier, der Logenbrnder ist, so fragte dieser natürlich:<lb/> „Wie steht es denn bei Euch mit der Wahl? Wer hat sich denn gemeldet?<lb/> Ziegeling? Das ist ein Mann, den müßt ihr wählen." Dasselbe Lied erklang<lb/> beim Kaufmann, beim Rechtsanwalt, beim Zuckcrfabriksdirektor und an vielen<lb/> andern Orten und verfehlte zuletzt auch uicht seine Wirkung.</p><lb/> <p xml:id="ID_499"> Es waren also zwei, ans die sich die Augen richten konnten; wer aber war<lb/> von all den siebenundfünfzig noch zu berücksichtige»?</p><lb/> <p xml:id="ID_500" next="#ID_501"> „Meine Herren," sagte der Schulze in der Kvmmuuversammlung, wo diese<lb/> Sache, obwohl sie dort garnicht hingehörte, verhandelt wurde, „wir lassen sie alle<lb/> siebenundfünfzig predigen, dann werden wir ja sehen." Hierauf erfolgte auf der<lb/> einen Seite Schütteln des Kopfes, weil das gegen das Herkommen war, auf der<lb/> andern Seite Zustimmung, denn man hatte ja das Recht, jeden predigen zu lasse»,<lb/> der sich gemeldet hatte, und die Herren wollten es ja auch selber gerne; warum<lb/> also nicht? Hierauf kam ein findiger Kopf zu dem Ergebnisse, daß man dann<lb/> uicht allein ein ganzes Jahr lang predigen lassen, sondern auch ein ganzes Jahr<lb/> laug regelmäßig in die Kirche gehen müsse; das ging doch unmöglich an. Also<lb/> bloß sieben, so bestimmte es der Herr Superintendent. Aber welche sieben denn? Etliche<lb/> waren von vornherein unmöglich, so Pastor Freitag, der kurzsichtig war, in der<lb/> Dorfstraße in ein Schnmtzloch getreten hatte, das doch jedes Abeudorfer Kind<lb/> kannte und vermied, und deshalb in der Schenke verlacht worden war. Ebenso<lb/> unmöglich war Pastor Ernst, welcher unglücklicherweise genau so einen Rock an¬<lb/> hatte wie der verrückte Sander in der Wiesenmtthle. Pastor Giesecke hatte es ver¬<lb/> schüttet, weil er schon ans der Visitentour angefangen hatte, Kirchenzucht zu üben,<lb/> als es ihm nicht gelang, zwei streitende Nachbarn zu versöhnen. Auch Pastor</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0162]
Skizzen ans unserm heutigen Volksleben,
über die Genealogie des ältern Herodes. Ein andrer zeigte überall seine roten,
dicken Hände und verfehlte nicht, hinzuzusetzen, daß er sie ans dem Filialwege er¬
froren habe. Ein dritter schrieb an die verwitwete Frau Pastorin, es sei offenbar
Gottes Wille, daß er speziell für die Abendorfer Pfründe bestimmt sei; die Frau
Pastorin möchte doch ihren gewiß großen Einfluß in diesem Sinne für ihn geltend
macheu. Noch ein andrer hob hervor, daß er schon in einer frühern Stelle der Nach¬
folger des Verstorbenen gewesen sei, woraus folge, daß mau ihn auch diesmal
wieder wählen müsse.
Trotz alledem hatte besonders Pastor Käufer bei Rufes und Genossen Eindruck
gemacht. Denn dieser war auf die Pachtfrngc zu sprechen gekommen und hatte
auf eine ausholende Frage Nuschs, wie er es denn mit den Pachter halten würde,
mit den: Tone des Biedermanns geantwortet: „Mein lieber Rufes, das bleibt alles,
wie es war. Wir sind das doch dem pietätvollen Andenken des lieben Toten
schuldig. Nicht wahr? Ich würde auch uicht so genau auf den Groschen sehen.
Ein Knufmaun oder ein Geschäftsmann mag das thun — uicht wahr? —, aber
ein Pastor muß nobel sein, das fordert doch der Pastorale Anstand."
Das war fein gegeben, ein unanständiges und streng verbotenes Versprechen
unter der Firma Pastoralen Auslandes! Wo aber ein Bauer einen Vorteil für sich
wittert, schweige» alle andern Rücksichten. Pastor Käufer war bei alleu Pächtern
des Pfarrackers der Maun des Tages, ein liebevoller Mann, ein „galanter" Mann,
den man wählen müsse.
Nächstdem hatte die meisten Chancen ein gewisser Pastor Ziegeling, welcher
der Loge angehörte. Es ist ja kein Dörflein so kleine, ein Logenbrnder muß darin
seine. In Abendorf waren der Wirt und der Amtmann Freimaurer, natürlich
waren diese für Ziegeling. Und noch mehr wirkte der städtische Einfluß. Kam
der Abeudvrfer Bauer zum Bankier, der Logenbrnder ist, so fragte dieser natürlich:
„Wie steht es denn bei Euch mit der Wahl? Wer hat sich denn gemeldet?
Ziegeling? Das ist ein Mann, den müßt ihr wählen." Dasselbe Lied erklang
beim Kaufmann, beim Rechtsanwalt, beim Zuckcrfabriksdirektor und an vielen
andern Orten und verfehlte zuletzt auch uicht seine Wirkung.
Es waren also zwei, ans die sich die Augen richten konnten; wer aber war
von all den siebenundfünfzig noch zu berücksichtige»?
„Meine Herren," sagte der Schulze in der Kvmmuuversammlung, wo diese
Sache, obwohl sie dort garnicht hingehörte, verhandelt wurde, „wir lassen sie alle
siebenundfünfzig predigen, dann werden wir ja sehen." Hierauf erfolgte auf der
einen Seite Schütteln des Kopfes, weil das gegen das Herkommen war, auf der
andern Seite Zustimmung, denn man hatte ja das Recht, jeden predigen zu lasse»,
der sich gemeldet hatte, und die Herren wollten es ja auch selber gerne; warum
also nicht? Hierauf kam ein findiger Kopf zu dem Ergebnisse, daß man dann
uicht allein ein ganzes Jahr lang predigen lassen, sondern auch ein ganzes Jahr
laug regelmäßig in die Kirche gehen müsse; das ging doch unmöglich an. Also
bloß sieben, so bestimmte es der Herr Superintendent. Aber welche sieben denn? Etliche
waren von vornherein unmöglich, so Pastor Freitag, der kurzsichtig war, in der
Dorfstraße in ein Schnmtzloch getreten hatte, das doch jedes Abeudorfer Kind
kannte und vermied, und deshalb in der Schenke verlacht worden war. Ebenso
unmöglich war Pastor Ernst, welcher unglücklicherweise genau so einen Rock an¬
hatte wie der verrückte Sander in der Wiesenmtthle. Pastor Giesecke hatte es ver¬
schüttet, weil er schon ans der Visitentour angefangen hatte, Kirchenzucht zu üben,
als es ihm nicht gelang, zwei streitende Nachbarn zu versöhnen. Auch Pastor
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