Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Skizzen aus unserm heutigen Volksleben. 11. Die Pfarrwahl. usch-Fritze und sein Nachbar der Fenchel-Andres schauten, wie sie jeden "Er hat sich fortgemacht. "He? --" Fenchel-Andres war zwar nicht harthörig, es bedürfte aber immer "Der alte Herr hat sich fortgemacht. Fenchel-Andres folgte mit den Angen der Richtung, in der Rufes mit dem "Ein schönes Alter." "He?" "Er ist doch gut und gerne seine dreißig Jahre hier gewesen." "Dreißig Jahre ist er ganz gewiß hier gewesen." "Und was sein Sohn ist, der Rotkopf, Emil, der hat schon derbe Kinder, "Ja, es ist uns nur um die Pacht. "Das muß man sagen, gut war der alte Herr, und gedrückt hat er niemals "Wir werden ja sehen." Am Abend war die Bauernschaft in der Schenke versammelt, rauchte Tabak, "Das ist ja Wohl der Rebwitzer Pastor," sagte einer. "Ja, das ist er. Der kommt doch bloß wiegen der Abendorfer Stelle." "Der hätte auch warten können, bis sie den Herrn Pastor unter die Erde "Nu, warum denn? Wenn du einen Acker kaufen willst, läßt du dir einen "Aber so ein Mann sollte doch nicht so happig sein. "Ach was, Geschäft ist Geschäft. Nunmehr erschien der "Herr Schulze; das war so ein Halbgeschvrner, von Skizzen aus unserm heutigen Volksleben. 11. Die Pfarrwahl. usch-Fritze und sein Nachbar der Fenchel-Andres schauten, wie sie jeden „Er hat sich fortgemacht. „He? —" Fenchel-Andres war zwar nicht harthörig, es bedürfte aber immer „Der alte Herr hat sich fortgemacht. Fenchel-Andres folgte mit den Angen der Richtung, in der Rufes mit dem „Ein schönes Alter." „He?" „Er ist doch gut und gerne seine dreißig Jahre hier gewesen." „Dreißig Jahre ist er ganz gewiß hier gewesen." „Und was sein Sohn ist, der Rotkopf, Emil, der hat schon derbe Kinder, „Ja, es ist uns nur um die Pacht. „Das muß man sagen, gut war der alte Herr, und gedrückt hat er niemals „Wir werden ja sehen." Am Abend war die Bauernschaft in der Schenke versammelt, rauchte Tabak, „Das ist ja Wohl der Rebwitzer Pastor," sagte einer. „Ja, das ist er. Der kommt doch bloß wiegen der Abendorfer Stelle." „Der hätte auch warten können, bis sie den Herrn Pastor unter die Erde „Nu, warum denn? Wenn du einen Acker kaufen willst, läßt du dir einen „Aber so ein Mann sollte doch nicht so happig sein. „Ach was, Geschäft ist Geschäft. Nunmehr erschien der „Herr Schulze; das war so ein Halbgeschvrner, von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0159" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196893"/> </div> <div n="1"> <head> Skizzen aus unserm heutigen Volksleben.<lb/> 11. Die Pfarrwahl. </head><lb/> <p xml:id="ID_448"> usch-Fritze und sein Nachbar der Fenchel-Andres schauten, wie sie jeden<lb/> Morgen zu thun pflegten, über ihre beiderseitigen Gartcnzciune über<lb/> die Dorfgasse hinweg. 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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben.
11. Die Pfarrwahl.
usch-Fritze und sein Nachbar der Fenchel-Andres schauten, wie sie jeden
Morgen zu thun pflegten, über ihre beiderseitigen Gartcnzciune über
die Dorfgasse hinweg. Daß sie je zu einander „Guten Morgen"
gesagt hätten, ist historisch nicht beglaubigt, dagegen ist ausgemacht,
daß sie beide jeden Morgen die Tagesneuigkeiten, einschließlich des
Wetters, xar äiswnvo verhandelten. Den Anfang machte jedesmal
Rufes, und so auch heute:"
„Er hat sich fortgemacht.
„He? —" Fenchel-Andres war zwar nicht harthörig, es bedürfte aber immer
einer gewissen Zeit, ehe sich der Klang in seinem Ohre zu einem Begriffe gestaltete.
"
„Der alte Herr hat sich fortgemacht.
Fenchel-Andres folgte mit den Angen der Richtung, in der Rufes mit dem
Daumen über die Schulter wies, sah das offne Feuster im Pfarrhnusgiebel, das
lange verschlossen gewesen war, und begriff, daß der Herr Pastor gestorben sein müsse.
„Ein schönes Alter."
„He?"
„Er ist doch gut und gerne seine dreißig Jahre hier gewesen."
„Dreißig Jahre ist er ganz gewiß hier gewesen."
„Und was sein Sohn ist, der Rotkopf, Emil, der hat schon derbe Kinder,
lleberhaupt die Kinder sind ja soweit versorgt. Na, und die Fran Pastorn wirds
anch nicht mehr lauge machen." Pause, „'s ist mir nur um die Pacht."
"
„Ja, es ist uns nur um die Pacht.
„Das muß man sagen, gut war der alte Herr, und gedrückt hat er niemals
einen oder gar verklagt, wie der Schmalendorfcr Pastor."
„Wir werden ja sehen."
Am Abend war die Bauernschaft in der Schenke versammelt, rauchte Tabak,
trank Bier und sprach von allem Möglichen, nnr nicht von dem, was allen ans
der Zunge lag. Denn so ein wichtiges Thema zu berühren, ist eine Sache, die
viel Vorsicht braucht, und es ist immer gut, in der Hinterhand zu bleiben und ab¬
zuwarten, was die andern sagen. Da ging draußen am Fenster ein schwarzgeklei¬
deter Herr vorüber und trat in der Nebenstube ein.
„Das ist ja Wohl der Rebwitzer Pastor," sagte einer.
„Ja, das ist er. Der kommt doch bloß wiegen der Abendorfer Stelle."
„Der hätte auch warten können, bis sie den Herrn Pastor unter die Erde
hatten."
„Nu, warum denn? Wenn du einen Acker kaufen willst, läßt du dir einen
andern auch uicht vorkommen.""
„Aber so ein Mann sollte doch nicht so happig sein.
"
„Ach was, Geschäft ist Geschäft.
"
Nunmehr erschien der „Herr Schulze; das war so ein Halbgeschvrner, von
der Art, die man in Niederdeutschland messingisch nennt.
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