Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.jeglichem Rechte Hohn sprach. Von verschiednen Höfen wurden Edikte erlassen, Schon seit langer Zeit war Friedrich Wilhelms Ange auf die Vorgänge jeglichem Rechte Hohn sprach. Von verschiednen Höfen wurden Edikte erlassen, Schon seit langer Zeit war Friedrich Wilhelms Ange auf die Vorgänge <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0142" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196876"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_400" prev="#ID_399"> jeglichem Rechte Hohn sprach. Von verschiednen Höfen wurden Edikte erlassen,<lb/> welche die bedrängten Reformirten in die glaubensverwandten Lande einluden.<lb/> Schon auf die erste Kunde von härtern Bedrückungen hin hatte Dänemark am<lb/> 3. Januar 1685 einen Aufruf erlassen. Die stolzen Worte Ludwigs vom<lb/> 18. Oktober beantwortete Friedrich Wilhelm der große Kurfürst mit dem Pots¬<lb/> damer Edikt vom 29. Oktober. Auch Englands König sah sich gemüßigt, unter<lb/> dem 5. März 1686 die Reformirten zu sich einzuladen und ihnen gastliche<lb/> Aufnahme zu versprechen. Friedrich Wilhelms Einschreiten war nicht veranlaßt<lb/> durch einen Gedanken, der über Nacht kommt und geht, ohne einen tieferen<lb/> Eindruck zurückzulassen, vielmehr bildete sein Vorgehen ein Glied in einer Kette,<lb/> an der schon lange geschmiedet war. Wie nun der schon früher gehegte Gedanke,<lb/> durch eine evangelische Allianz die vornehmsten in dieser Frage interessirten<lb/> Häupter zu vereinen, jetzt feste Gestalt annahm, das mag beim Anlaß der er¬<lb/> wähnten Säkulartage hier dargelegt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_401" next="#ID_402"> Schon seit langer Zeit war Friedrich Wilhelms Ange auf die Vorgänge<lb/> in Frankreich gerichtet; namentlich um die Mitte der achtziger Jahre beschäftigten<lb/> ihn dieselben eifrig. Drohende Allzeichen waren in diesen Jahren zur Geniige<lb/> erkennbar geworden, daß der evangelischen Welt ein gewaltiges Unwetter bevor¬<lb/> stünde. Auch dem blödesten Auge mußte die Gefahr klar werden. Daß 1682<lb/> in Frankreich der Gallikcmismus zur Staatsreligion erhoben wurde, gab den<lb/> Verfolgungen der Reformirten ein besondres Gepräge. Im Jahre 1685 schien<lb/> dann eine Hiobspost die andre zu jagen. Kaum hatte man sich von dem<lb/> Schrecken der einen erholt, so wurde schou wieder eine neue sichtbar, und ob<lb/> sie nicht noch schlimmeres brächte, war nie im voraus zu bestimmen. Dann<lb/> starb im Februar 1685 Karl der Zweite; den englischen Thron bestieg der<lb/> katholische Jakob der Zweite. Es schien sicher zu erwarten, daß der Papist<lb/> mit dem allerchristlichsten Könige gemeinschaftliche Sache machen würde. „Man<lb/> weiß fast nicht, schreibt ein Zeitgenosse, was man wünschen oder vor Gott<lb/> bitten soll. Denn wann der König in Engelland die Religion nicht tränket und<lb/> sich denen französischen Desseins mit Vigneur sollte opponiren wollen, so wäre<lb/> wohl zu wünschen, daß er seine Reiche in Ruhe besitzen möge, und würde seine<lb/> Religion mit seinem Tode aus sein. Wann es aber umschlage», und er nach<lb/> der Papisten Gewohnheit die Religion verfolgen, sich auch wohl gar zu dem<lb/> Ende mit dem König in Frankreich in Verbindung setzen sollte, so wäre allein<lb/> Ansehen nach ein fataler Perivdus vor die Religion vorhanden, doch kann Gott<lb/> helfen und seine Sache dcfcndiren, wann gleich menschliche Hilfe und Witz<lb/> eessiret." Wenige Wochen darauf „erscholl die Zeitung von des Mrfürsten zu<lb/> Pfalz Ableben." Sein erbberechtigter Nachfolger war der katholische Neuburger.<lb/> Die Katholischen im Reich gewcuinen dadurch eine Kurstimme mehr, und den<lb/> Evangelischen blieben nur noch zwei, von denen die sächsische schon damals nach<lb/> Rom hinblickte. Aber die Situation wurde dadurch uoch verwickelter, daß auch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0142]
jeglichem Rechte Hohn sprach. Von verschiednen Höfen wurden Edikte erlassen,
welche die bedrängten Reformirten in die glaubensverwandten Lande einluden.
Schon auf die erste Kunde von härtern Bedrückungen hin hatte Dänemark am
3. Januar 1685 einen Aufruf erlassen. Die stolzen Worte Ludwigs vom
18. Oktober beantwortete Friedrich Wilhelm der große Kurfürst mit dem Pots¬
damer Edikt vom 29. Oktober. Auch Englands König sah sich gemüßigt, unter
dem 5. März 1686 die Reformirten zu sich einzuladen und ihnen gastliche
Aufnahme zu versprechen. Friedrich Wilhelms Einschreiten war nicht veranlaßt
durch einen Gedanken, der über Nacht kommt und geht, ohne einen tieferen
Eindruck zurückzulassen, vielmehr bildete sein Vorgehen ein Glied in einer Kette,
an der schon lange geschmiedet war. Wie nun der schon früher gehegte Gedanke,
durch eine evangelische Allianz die vornehmsten in dieser Frage interessirten
Häupter zu vereinen, jetzt feste Gestalt annahm, das mag beim Anlaß der er¬
wähnten Säkulartage hier dargelegt werden.
Schon seit langer Zeit war Friedrich Wilhelms Ange auf die Vorgänge
in Frankreich gerichtet; namentlich um die Mitte der achtziger Jahre beschäftigten
ihn dieselben eifrig. Drohende Allzeichen waren in diesen Jahren zur Geniige
erkennbar geworden, daß der evangelischen Welt ein gewaltiges Unwetter bevor¬
stünde. Auch dem blödesten Auge mußte die Gefahr klar werden. Daß 1682
in Frankreich der Gallikcmismus zur Staatsreligion erhoben wurde, gab den
Verfolgungen der Reformirten ein besondres Gepräge. Im Jahre 1685 schien
dann eine Hiobspost die andre zu jagen. Kaum hatte man sich von dem
Schrecken der einen erholt, so wurde schou wieder eine neue sichtbar, und ob
sie nicht noch schlimmeres brächte, war nie im voraus zu bestimmen. Dann
starb im Februar 1685 Karl der Zweite; den englischen Thron bestieg der
katholische Jakob der Zweite. Es schien sicher zu erwarten, daß der Papist
mit dem allerchristlichsten Könige gemeinschaftliche Sache machen würde. „Man
weiß fast nicht, schreibt ein Zeitgenosse, was man wünschen oder vor Gott
bitten soll. Denn wann der König in Engelland die Religion nicht tränket und
sich denen französischen Desseins mit Vigneur sollte opponiren wollen, so wäre
wohl zu wünschen, daß er seine Reiche in Ruhe besitzen möge, und würde seine
Religion mit seinem Tode aus sein. Wann es aber umschlage», und er nach
der Papisten Gewohnheit die Religion verfolgen, sich auch wohl gar zu dem
Ende mit dem König in Frankreich in Verbindung setzen sollte, so wäre allein
Ansehen nach ein fataler Perivdus vor die Religion vorhanden, doch kann Gott
helfen und seine Sache dcfcndiren, wann gleich menschliche Hilfe und Witz
eessiret." Wenige Wochen darauf „erscholl die Zeitung von des Mrfürsten zu
Pfalz Ableben." Sein erbberechtigter Nachfolger war der katholische Neuburger.
Die Katholischen im Reich gewcuinen dadurch eine Kurstimme mehr, und den
Evangelischen blieben nur noch zwei, von denen die sächsische schon damals nach
Rom hinblickte. Aber die Situation wurde dadurch uoch verwickelter, daß auch
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