Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Die proportionale Borufsklassenwahl. allgemeinen Ideenaustausch hauptsächlich den Zweck, die gleichzeitige Aufstellung Die bcrufsftändischcn Wahlvereine werden ziemlich konstante Größen bilden. Die proportionale Borufsklassenwahl. allgemeinen Ideenaustausch hauptsächlich den Zweck, die gleichzeitige Aufstellung Die bcrufsftändischcn Wahlvereine werden ziemlich konstante Größen bilden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0126" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196860"/> <fw type="header" place="top"> Die proportionale Borufsklassenwahl.</fw><lb/> <p xml:id="ID_336" prev="#ID_335"> allgemeinen Ideenaustausch hauptsächlich den Zweck, die gleichzeitige Aufstellung<lb/> eines und desselben Kandidaten durch die gleichartigen Wnhlvereine verschieden¬<lb/> artiger Berufsklassen zu verhindern. Denn da ein solcher Kandidat nur eine<lb/> Berufsklasse vertreten kann, so würden ihm alle von den andern Berufsklassen<lb/> abgegebenen Stimmen verloren gehen. Im Nahmen der Bernfsklafse selbst<lb/> dagegen kommt, wie wir weiter unter sehen werden, jede für einen Partei¬<lb/> kandidaten abgegebene Stimme zur Geltung. Nur ist Bedacht darauf zu nehmen,<lb/> daß die Kandidatenliste möglichst lang sei und eine Reihe von Ersatzkandidaten<lb/> enthalte, denen der Stimmeuübcrschuß ihrer besonders begünstigten Kollegen zu<lb/> gute kommt. Unter der Ägide des Zentralwahlvercins stehen die über das<lb/> Reich verstreuten Lokalwahlvercine, welche in jeder großem Ortschaft zusammen¬<lb/> treten. Natürlich können anch Provinzialivahlvereine als Zwischenglieder ein-<lb/> geschoben werden. Im ganzen wird der Organismus unter einer zentralistischen<lb/> Leitung am besten funktioniren. Die Auswahl geeigneter Kandidaten wird durch<lb/> Wahlkongresse entschieden, zu welchen die Ortswahlvereine Delegirte entsenden.<lb/> Die schädlichen Einflüsse örtlicher Gevatterschaften sind gebrochen. Denn das<lb/> allgemeine Interesse des Wahlverbandes erfordert, daß auf der Kandidatenliste<lb/> Personen stehen, deren Name eine gewisse Zngkraf tcmsnbt, und daß anderseits<lb/> diese Personen in den Listen der andern befreundeten Wahlvereine fehlen. Dem<lb/> Vorstände des Zeutralwahlvcreins wird in dieser Hinsicht eine gewisse Initiative<lb/> und Direktive zugesprochen werden müssen. Aber die Führerrolle, die ihm<lb/> zufällt, ist wegen der weiten Ausdehnung des Vereinsgebietes durchaus ver¬<lb/> schieden von der Herrschaft, die jetzt der Caueus in den einzelnen Lvkalwahl-<lb/> vereinen ausübt.</p><lb/> <p xml:id="ID_337"> Die bcrufsftändischcn Wahlvereine werden ziemlich konstante Größen bilden.<lb/> Sie können eine numerische Veränderung nur aus zwei Gründen erleiden, entweder<lb/> dnrch eine größere Zu- oder Abnahme an Berufsgenossen überhaupt — und hier<lb/> werden Schwankungen sich nur in großen Zeiträumen bemerkbar machen —, oder<lb/> durch den politischen Meinungswechsel ihrer Mitglieder. Der letztere aber wird<lb/> seltener eintreten als bisher, da die Vertretung des Verufsinteresses ein- für<lb/> allemal gesichert ist. Das Motiv, die Berufsinteressen zur Geltung zu bringen,<lb/> das die Schwankungen in der heutigen Parteibildung sehr wesentlich, ja in den<lb/> unteren Ständen fast ausschließlich beeinflußt, kommt in Zukunft ganz in<lb/> Wegfall. Das Mitglied eines konservativ-landwirtschaftlichen Wahlvereins z. B-<lb/> hat nur dann Anlaß zum Austritt, wenn es entweder nicht mehr Landwirt oder<lb/> nicht mehr konservativ sein will. Ein Berufswechsel nach dem 25. Lebensjahre<lb/> aber gehört zu den seltnen Vorkommnissen und wird auch wohl dann nur in<lb/> vereinzelten Fallen durch politische Anschauungen bestimmt. Die sechste Klasse<lb/> der Berufslosen (Rentiers, Pensionäre :e.) ergänzt sich nach den allgemeinen<lb/> Gesetzen des Verbrauchs physischer Kräfte; deu Eintritt veranlassen Alter, Ge¬<lb/> brechlichkeit ?c., der Abgang wird durch die Sterblichkeitsziffer normirt.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0126]
Die proportionale Borufsklassenwahl.
allgemeinen Ideenaustausch hauptsächlich den Zweck, die gleichzeitige Aufstellung
eines und desselben Kandidaten durch die gleichartigen Wnhlvereine verschieden¬
artiger Berufsklassen zu verhindern. Denn da ein solcher Kandidat nur eine
Berufsklasse vertreten kann, so würden ihm alle von den andern Berufsklassen
abgegebenen Stimmen verloren gehen. Im Nahmen der Bernfsklafse selbst
dagegen kommt, wie wir weiter unter sehen werden, jede für einen Partei¬
kandidaten abgegebene Stimme zur Geltung. Nur ist Bedacht darauf zu nehmen,
daß die Kandidatenliste möglichst lang sei und eine Reihe von Ersatzkandidaten
enthalte, denen der Stimmeuübcrschuß ihrer besonders begünstigten Kollegen zu
gute kommt. Unter der Ägide des Zentralwahlvercins stehen die über das
Reich verstreuten Lokalwahlvercine, welche in jeder großem Ortschaft zusammen¬
treten. Natürlich können anch Provinzialivahlvereine als Zwischenglieder ein-
geschoben werden. Im ganzen wird der Organismus unter einer zentralistischen
Leitung am besten funktioniren. Die Auswahl geeigneter Kandidaten wird durch
Wahlkongresse entschieden, zu welchen die Ortswahlvereine Delegirte entsenden.
Die schädlichen Einflüsse örtlicher Gevatterschaften sind gebrochen. Denn das
allgemeine Interesse des Wahlverbandes erfordert, daß auf der Kandidatenliste
Personen stehen, deren Name eine gewisse Zngkraf tcmsnbt, und daß anderseits
diese Personen in den Listen der andern befreundeten Wahlvereine fehlen. Dem
Vorstände des Zeutralwahlvcreins wird in dieser Hinsicht eine gewisse Initiative
und Direktive zugesprochen werden müssen. Aber die Führerrolle, die ihm
zufällt, ist wegen der weiten Ausdehnung des Vereinsgebietes durchaus ver¬
schieden von der Herrschaft, die jetzt der Caueus in den einzelnen Lvkalwahl-
vereinen ausübt.
Die bcrufsftändischcn Wahlvereine werden ziemlich konstante Größen bilden.
Sie können eine numerische Veränderung nur aus zwei Gründen erleiden, entweder
dnrch eine größere Zu- oder Abnahme an Berufsgenossen überhaupt — und hier
werden Schwankungen sich nur in großen Zeiträumen bemerkbar machen —, oder
durch den politischen Meinungswechsel ihrer Mitglieder. Der letztere aber wird
seltener eintreten als bisher, da die Vertretung des Verufsinteresses ein- für
allemal gesichert ist. Das Motiv, die Berufsinteressen zur Geltung zu bringen,
das die Schwankungen in der heutigen Parteibildung sehr wesentlich, ja in den
unteren Ständen fast ausschließlich beeinflußt, kommt in Zukunft ganz in
Wegfall. Das Mitglied eines konservativ-landwirtschaftlichen Wahlvereins z. B-
hat nur dann Anlaß zum Austritt, wenn es entweder nicht mehr Landwirt oder
nicht mehr konservativ sein will. Ein Berufswechsel nach dem 25. Lebensjahre
aber gehört zu den seltnen Vorkommnissen und wird auch wohl dann nur in
vereinzelten Fallen durch politische Anschauungen bestimmt. Die sechste Klasse
der Berufslosen (Rentiers, Pensionäre :e.) ergänzt sich nach den allgemeinen
Gesetzen des Verbrauchs physischer Kräfte; deu Eintritt veranlassen Alter, Ge¬
brechlichkeit ?c., der Abgang wird durch die Sterblichkeitsziffer normirt.
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