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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Um eine Perlo.

"in welches festlichen Anlasses willen, und sie haben sich heiser geschrieen in
Evvivas! Aber statt daß der Herzog sich gezeigt hätte, ist plötzlich ein un¬
geheurer Tanbeuschwarm hinter den Gittern des Schloßgartens aufgerauscht
-- wie ein Sturmwind klang es -- und hat sich über unsern Köpfen im Kreise
bewegt, und wie wir alle staunen, was das für ein Mirakel sei, da haben einige
unter uns schwarze oder braune Streifen Zeuges oder Leder in der Luft flat¬
tern sehen, und nun hieß es: IZsniWinro! eine Antwort Franeescos! und der
Zug löste sich auf, um einen oder den andern dieser wunderlichen Briefe zu er¬
wischen (ÄuMilo! Ich habe diesen hier gegen mein Banner eingetauscht, als
uach und nach die Enttäuschung immer größer wurde; denn man hatte Gold¬
stickerei und was weiß ich erwartet, wie eine herzogliche Botschaft freilich wohl
hätte aussehen müssen; und so hieß es denn: l?i! un". nM-iU mi ki. dillerii! und
man schämte sich, auf deu Schabernack eiues Spaßvogels hineingefallen zu sein.
Die verwischte weiße Kreideschrift zu enträtseln, hatten übrigens die wenigsten
vermocht, und ich weiß nicht, ob einer außer mir sich die Mühe gegeben hat,
es zu versuchen. Mir aber, Signor Antonio Maria, mir war es, als hätte
der Finger Gottes selber diese schlechten Fetzen beschrieben, ich starrte und starrte,
und mein Auge wurde sehend, Signor Antonio Maria, und jetzt weiset die
arme Medusa nicht grausam von Eurer Schwelle!

Sie sank von neuem auf die Kniee, von dem langen Reden erschöpft und
der Aufregung erliegend, welche ihr die ans sie eingestürmten Eindrücke bereitet
hatten.

Antonio Maria war allmählich zu ruhiger Besinnung gekommen. Die
schwer entzifferbaren Notrufe Giuseppes verloren die anfangs durch den Nach¬
folger Vitalianos ihnen zugetraute Verfäuglichkeit. Außer der Medusa mochte
in der That keiner der wenigen Lesekundigen in dem Handwerkerzuge von dem
Inhalt jener für eine Fopperei gehaltenen Tanbcnstcifette etwas ahnen. Nur
der überreizte Spürsinn der immer noch von ihrem Pflegling aus dem Bagno
ti Vesta erfüllten Neapolitanerin war ans die richtige Fährte gelangt.

Und kaun man denn mit einem so exaltirten Wesen, wie dn es bist, anders
verfahren, als ich es gethan habe? sagte Antonio Maria.

Also er lebt! rief Giacinta, und ihren Augen entstürzten Freudenthränen,

MW! Still!

Ich will ganz verständig sein.

Komm erst wieder zu Atem.

Sie beugte sich über seine Hand und küßte sie. O welches Glück! rief sie,
wo ist er? Laßt mich ihm den Ring bringen.

Welchen Ring? O richtig, ich besinne mich.

Antonio Maria hatte in der That schon nach einem Vorwande gesucht,
um sie mit dein, was er sonst ihr auftragen wollte, ohne dessen Mißtrauen zu
erregen, an das Bett des Kranken zu schicken.


Um eine Perlo.

»in welches festlichen Anlasses willen, und sie haben sich heiser geschrieen in
Evvivas! Aber statt daß der Herzog sich gezeigt hätte, ist plötzlich ein un¬
geheurer Tanbeuschwarm hinter den Gittern des Schloßgartens aufgerauscht
— wie ein Sturmwind klang es — und hat sich über unsern Köpfen im Kreise
bewegt, und wie wir alle staunen, was das für ein Mirakel sei, da haben einige
unter uns schwarze oder braune Streifen Zeuges oder Leder in der Luft flat¬
tern sehen, und nun hieß es: IZsniWinro! eine Antwort Franeescos! und der
Zug löste sich auf, um einen oder den andern dieser wunderlichen Briefe zu er¬
wischen (ÄuMilo! Ich habe diesen hier gegen mein Banner eingetauscht, als
uach und nach die Enttäuschung immer größer wurde; denn man hatte Gold¬
stickerei und was weiß ich erwartet, wie eine herzogliche Botschaft freilich wohl
hätte aussehen müssen; und so hieß es denn: l?i! un». nM-iU mi ki. dillerii! und
man schämte sich, auf deu Schabernack eiues Spaßvogels hineingefallen zu sein.
Die verwischte weiße Kreideschrift zu enträtseln, hatten übrigens die wenigsten
vermocht, und ich weiß nicht, ob einer außer mir sich die Mühe gegeben hat,
es zu versuchen. Mir aber, Signor Antonio Maria, mir war es, als hätte
der Finger Gottes selber diese schlechten Fetzen beschrieben, ich starrte und starrte,
und mein Auge wurde sehend, Signor Antonio Maria, und jetzt weiset die
arme Medusa nicht grausam von Eurer Schwelle!

Sie sank von neuem auf die Kniee, von dem langen Reden erschöpft und
der Aufregung erliegend, welche ihr die ans sie eingestürmten Eindrücke bereitet
hatten.

Antonio Maria war allmählich zu ruhiger Besinnung gekommen. Die
schwer entzifferbaren Notrufe Giuseppes verloren die anfangs durch den Nach¬
folger Vitalianos ihnen zugetraute Verfäuglichkeit. Außer der Medusa mochte
in der That keiner der wenigen Lesekundigen in dem Handwerkerzuge von dem
Inhalt jener für eine Fopperei gehaltenen Tanbcnstcifette etwas ahnen. Nur
der überreizte Spürsinn der immer noch von ihrem Pflegling aus dem Bagno
ti Vesta erfüllten Neapolitanerin war ans die richtige Fährte gelangt.

Und kaun man denn mit einem so exaltirten Wesen, wie dn es bist, anders
verfahren, als ich es gethan habe? sagte Antonio Maria.

Also er lebt! rief Giacinta, und ihren Augen entstürzten Freudenthränen,

MW! Still!

Ich will ganz verständig sein.

Komm erst wieder zu Atem.

Sie beugte sich über seine Hand und küßte sie. O welches Glück! rief sie,
wo ist er? Laßt mich ihm den Ring bringen.

Welchen Ring? O richtig, ich besinne mich.

Antonio Maria hatte in der That schon nach einem Vorwande gesucht,
um sie mit dein, was er sonst ihr auftragen wollte, ohne dessen Mißtrauen zu
erregen, an das Bett des Kranken zu schicken.


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[0095] Um eine Perlo. »in welches festlichen Anlasses willen, und sie haben sich heiser geschrieen in Evvivas! Aber statt daß der Herzog sich gezeigt hätte, ist plötzlich ein un¬ geheurer Tanbeuschwarm hinter den Gittern des Schloßgartens aufgerauscht — wie ein Sturmwind klang es — und hat sich über unsern Köpfen im Kreise bewegt, und wie wir alle staunen, was das für ein Mirakel sei, da haben einige unter uns schwarze oder braune Streifen Zeuges oder Leder in der Luft flat¬ tern sehen, und nun hieß es: IZsniWinro! eine Antwort Franeescos! und der Zug löste sich auf, um einen oder den andern dieser wunderlichen Briefe zu er¬ wischen (ÄuMilo! Ich habe diesen hier gegen mein Banner eingetauscht, als uach und nach die Enttäuschung immer größer wurde; denn man hatte Gold¬ stickerei und was weiß ich erwartet, wie eine herzogliche Botschaft freilich wohl hätte aussehen müssen; und so hieß es denn: l?i! un». nM-iU mi ki. dillerii! und man schämte sich, auf deu Schabernack eiues Spaßvogels hineingefallen zu sein. Die verwischte weiße Kreideschrift zu enträtseln, hatten übrigens die wenigsten vermocht, und ich weiß nicht, ob einer außer mir sich die Mühe gegeben hat, es zu versuchen. Mir aber, Signor Antonio Maria, mir war es, als hätte der Finger Gottes selber diese schlechten Fetzen beschrieben, ich starrte und starrte, und mein Auge wurde sehend, Signor Antonio Maria, und jetzt weiset die arme Medusa nicht grausam von Eurer Schwelle! Sie sank von neuem auf die Kniee, von dem langen Reden erschöpft und der Aufregung erliegend, welche ihr die ans sie eingestürmten Eindrücke bereitet hatten. Antonio Maria war allmählich zu ruhiger Besinnung gekommen. Die schwer entzifferbaren Notrufe Giuseppes verloren die anfangs durch den Nach¬ folger Vitalianos ihnen zugetraute Verfäuglichkeit. Außer der Medusa mochte in der That keiner der wenigen Lesekundigen in dem Handwerkerzuge von dem Inhalt jener für eine Fopperei gehaltenen Tanbcnstcifette etwas ahnen. Nur der überreizte Spürsinn der immer noch von ihrem Pflegling aus dem Bagno ti Vesta erfüllten Neapolitanerin war ans die richtige Fährte gelangt. Und kaun man denn mit einem so exaltirten Wesen, wie dn es bist, anders verfahren, als ich es gethan habe? sagte Antonio Maria. Also er lebt! rief Giacinta, und ihren Augen entstürzten Freudenthränen, MW! Still! Ich will ganz verständig sein. Komm erst wieder zu Atem. Sie beugte sich über seine Hand und küßte sie. O welches Glück! rief sie, wo ist er? Laßt mich ihm den Ring bringen. Welchen Ring? O richtig, ich besinne mich. Antonio Maria hatte in der That schon nach einem Vorwande gesucht, um sie mit dein, was er sonst ihr auftragen wollte, ohne dessen Mißtrauen zu erregen, an das Bett des Kranken zu schicken.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/95>, abgerufen am 22.11.2024.