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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Um eine perle.

Ich weiß, fuhr Florida fort, Ihr verachtet das schwankende Urteil der
Menge; es sei darum, sie ist nicht fähig, die Tagesereignisse anders als nach
dem trüglichen äußern Scheine zu bemessen; sie hatte über Primatiecios Be¬
rufung gejubelt, und heute schwört sie auf die höher" Verdienste der neuen
Nöte; Fernando ist heute ihr Abgott, wer weiß, ob sie ihn nicht morgen steinigen
möchte! Ich will jene Herzlichkeit, mit der man mir begegnet, nicht für mehr
gelten lassen als für den Ausdruck des natürlichsten Gefühls, welches Gott in
die Brust des Meuscheu legte, das des Mitempfindens. Aber daß Ihr dies
Gefühl in Eurer Brust ersticket -- warum? um eines politischen Hasses, um
eines vermeinten Sonderrechtes, um eines Wappenkultus willen --, o mein
Vater, glaubt Ihr damit in Wahrheit Euch hoherzustellen als jene von
warmen Antrieben blindlings beherrschte Menge? Wenn sie Zeuge gewesen
wäre der Worte, mit welchen Ihr Eurer Tochter vor wenigen Augenblicken das
Blut aus den Wangen erlebet, die Menge würde jenen Haß, jenen Nechtsdünkel,
jenen Wappenknltns, dem zuliebe Ihr so hart und unversöhnlich wurdet, mit
dem Worte Götzendienst gebrandmarkt haben, und diesmal hätte Gott selber
durch ihren Mund gesprochen.

Marcello ballte zornig die Faust, aber er biß nur die Zähne zusammen,
er redete nicht.

Ich soll unser Wappen in den Staub getreten haben? hob Florida von
neuem an. Es prangt zwar in Stein gehauen über unsrer Thür, und jeder
bezeugt ihm Achtung. Aber Ihr sagt, ich trat es in den Staub, und ich will
annehmen, daß dies nach Eurer Auffassung durch meine" Bund mit einem
Gonzaga geschah. Aber was bedeutet das Wappen der Buouaeolsi in der
Stadt, die sie einst als Gebieter beherrschten? Bedeutet es uicht den unver-
jährbaren Anspruch auf ein Wicderbcsteigen des Thrones von Menkera? Nun,
es ist ein Gonzaga gewesen -- wie dort in Eurer Chronik zu lesen steht --,
der den letzten Regenten unsers Stammes mit dem Schwerte durchbohrte,
warum sollte es nicht wieder ein Gonzaga sein, der jenen Frevel rächte? Aber
Ihr sagt vielleicht: so handelt ein Gonzaga, ein Buouaeolsi steht dafür zu hoch.
Da antworte ich: Hat denn jener erste kecke Lg.Mg.no Asusrals, der den Namen
Buonacolsi mit der Fürstenkrone schmückte, hat denn Pinamvnte Buouaeolsi
Bedeuten getragen, durch Verrat und blutige Straßenkampfe sich den Weg zum
Throne zu bahnen? Wenn Eure Chronisten nicht lügen, so watete er im Blut.
Und haben wir uns dieses Gründers unsrer Dynastie jemals geschämt? des¬
wegen geschämt? Dort im Saale hängt seine Rüstung, und alljährlich mußte
ich bisher für seinen Helm ein Lorberreis brechen.

Marcello schüttelte unmutig die silbernen Locken, aber sein Mund blieb
geschlossn.

Unehrenhaft, fuhr Florida fort, ist es also nicht im Sinne der Bnonacolsi,
eine Negierung auf dem Wege der Gewalt an sich zu reißen, und unehrenhaft


Um eine perle.

Ich weiß, fuhr Florida fort, Ihr verachtet das schwankende Urteil der
Menge; es sei darum, sie ist nicht fähig, die Tagesereignisse anders als nach
dem trüglichen äußern Scheine zu bemessen; sie hatte über Primatiecios Be¬
rufung gejubelt, und heute schwört sie auf die höher» Verdienste der neuen
Nöte; Fernando ist heute ihr Abgott, wer weiß, ob sie ihn nicht morgen steinigen
möchte! Ich will jene Herzlichkeit, mit der man mir begegnet, nicht für mehr
gelten lassen als für den Ausdruck des natürlichsten Gefühls, welches Gott in
die Brust des Meuscheu legte, das des Mitempfindens. Aber daß Ihr dies
Gefühl in Eurer Brust ersticket — warum? um eines politischen Hasses, um
eines vermeinten Sonderrechtes, um eines Wappenkultus willen —, o mein
Vater, glaubt Ihr damit in Wahrheit Euch hoherzustellen als jene von
warmen Antrieben blindlings beherrschte Menge? Wenn sie Zeuge gewesen
wäre der Worte, mit welchen Ihr Eurer Tochter vor wenigen Augenblicken das
Blut aus den Wangen erlebet, die Menge würde jenen Haß, jenen Nechtsdünkel,
jenen Wappenknltns, dem zuliebe Ihr so hart und unversöhnlich wurdet, mit
dem Worte Götzendienst gebrandmarkt haben, und diesmal hätte Gott selber
durch ihren Mund gesprochen.

Marcello ballte zornig die Faust, aber er biß nur die Zähne zusammen,
er redete nicht.

Ich soll unser Wappen in den Staub getreten haben? hob Florida von
neuem an. Es prangt zwar in Stein gehauen über unsrer Thür, und jeder
bezeugt ihm Achtung. Aber Ihr sagt, ich trat es in den Staub, und ich will
annehmen, daß dies nach Eurer Auffassung durch meine» Bund mit einem
Gonzaga geschah. Aber was bedeutet das Wappen der Buouaeolsi in der
Stadt, die sie einst als Gebieter beherrschten? Bedeutet es uicht den unver-
jährbaren Anspruch auf ein Wicderbcsteigen des Thrones von Menkera? Nun,
es ist ein Gonzaga gewesen — wie dort in Eurer Chronik zu lesen steht —,
der den letzten Regenten unsers Stammes mit dem Schwerte durchbohrte,
warum sollte es nicht wieder ein Gonzaga sein, der jenen Frevel rächte? Aber
Ihr sagt vielleicht: so handelt ein Gonzaga, ein Buouaeolsi steht dafür zu hoch.
Da antworte ich: Hat denn jener erste kecke Lg.Mg.no Asusrals, der den Namen
Buonacolsi mit der Fürstenkrone schmückte, hat denn Pinamvnte Buouaeolsi
Bedeuten getragen, durch Verrat und blutige Straßenkampfe sich den Weg zum
Throne zu bahnen? Wenn Eure Chronisten nicht lügen, so watete er im Blut.
Und haben wir uns dieses Gründers unsrer Dynastie jemals geschämt? des¬
wegen geschämt? Dort im Saale hängt seine Rüstung, und alljährlich mußte
ich bisher für seinen Helm ein Lorberreis brechen.

Marcello schüttelte unmutig die silbernen Locken, aber sein Mund blieb
geschlossn.

Unehrenhaft, fuhr Florida fort, ist es also nicht im Sinne der Bnonacolsi,
eine Negierung auf dem Wege der Gewalt an sich zu reißen, und unehrenhaft


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[0426] Um eine perle. Ich weiß, fuhr Florida fort, Ihr verachtet das schwankende Urteil der Menge; es sei darum, sie ist nicht fähig, die Tagesereignisse anders als nach dem trüglichen äußern Scheine zu bemessen; sie hatte über Primatiecios Be¬ rufung gejubelt, und heute schwört sie auf die höher» Verdienste der neuen Nöte; Fernando ist heute ihr Abgott, wer weiß, ob sie ihn nicht morgen steinigen möchte! Ich will jene Herzlichkeit, mit der man mir begegnet, nicht für mehr gelten lassen als für den Ausdruck des natürlichsten Gefühls, welches Gott in die Brust des Meuscheu legte, das des Mitempfindens. Aber daß Ihr dies Gefühl in Eurer Brust ersticket — warum? um eines politischen Hasses, um eines vermeinten Sonderrechtes, um eines Wappenkultus willen —, o mein Vater, glaubt Ihr damit in Wahrheit Euch hoherzustellen als jene von warmen Antrieben blindlings beherrschte Menge? Wenn sie Zeuge gewesen wäre der Worte, mit welchen Ihr Eurer Tochter vor wenigen Augenblicken das Blut aus den Wangen erlebet, die Menge würde jenen Haß, jenen Nechtsdünkel, jenen Wappenknltns, dem zuliebe Ihr so hart und unversöhnlich wurdet, mit dem Worte Götzendienst gebrandmarkt haben, und diesmal hätte Gott selber durch ihren Mund gesprochen. Marcello ballte zornig die Faust, aber er biß nur die Zähne zusammen, er redete nicht. Ich soll unser Wappen in den Staub getreten haben? hob Florida von neuem an. Es prangt zwar in Stein gehauen über unsrer Thür, und jeder bezeugt ihm Achtung. Aber Ihr sagt, ich trat es in den Staub, und ich will annehmen, daß dies nach Eurer Auffassung durch meine» Bund mit einem Gonzaga geschah. Aber was bedeutet das Wappen der Buouaeolsi in der Stadt, die sie einst als Gebieter beherrschten? Bedeutet es uicht den unver- jährbaren Anspruch auf ein Wicderbcsteigen des Thrones von Menkera? Nun, es ist ein Gonzaga gewesen — wie dort in Eurer Chronik zu lesen steht —, der den letzten Regenten unsers Stammes mit dem Schwerte durchbohrte, warum sollte es nicht wieder ein Gonzaga sein, der jenen Frevel rächte? Aber Ihr sagt vielleicht: so handelt ein Gonzaga, ein Buouaeolsi steht dafür zu hoch. Da antworte ich: Hat denn jener erste kecke Lg.Mg.no Asusrals, der den Namen Buonacolsi mit der Fürstenkrone schmückte, hat denn Pinamvnte Buouaeolsi Bedeuten getragen, durch Verrat und blutige Straßenkampfe sich den Weg zum Throne zu bahnen? Wenn Eure Chronisten nicht lügen, so watete er im Blut. Und haben wir uns dieses Gründers unsrer Dynastie jemals geschämt? des¬ wegen geschämt? Dort im Saale hängt seine Rüstung, und alljährlich mußte ich bisher für seinen Helm ein Lorberreis brechen. Marcello schüttelte unmutig die silbernen Locken, aber sein Mund blieb geschlossn. Unehrenhaft, fuhr Florida fort, ist es also nicht im Sinne der Bnonacolsi, eine Negierung auf dem Wege der Gewalt an sich zu reißen, und unehrenhaft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/426>, abgerufen am 25.11.2024.