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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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An selbständigen Denkmälern und solchen plastischen Werken, die als Teile
eines architektonischen Ganzen zu wirken bestimmt sind, ist in Wien heute kein
Mangel mehr. Die Plätze unsrer Stadt -- es giebt deren nicht sehr viele -- sind
entweder bereits mit Denkmälern geziert oder werden es doch im Laufe der
nächsten Jahre werden. Goethe und Mozart freilich haben bis jetzt weder
Standbilder, noch stehen solche in baldiger Aussicht, Hahdn aber, Grillparzer
und Tegetthvf werden nicht mehr lange zu warten brauchen. Der Komponist
der "Jahreszeiten" soll im Esterhazh-Garten, Tegetthvf vor dem Prater, Grill-
parzer vielleicht im Bolksgarten ein Denkmal bekommen. Es muß als ein
glücklicher Gedanke bezeichnet werden, Standbilder in Gärten aufzustellen. Mehr
als belebte und unruhige Plätze sind sie geeignet, Stimmung im Beschauer zu
wecken und zu erhalten, und keine andre Umgebung ist wohl imstande namentlich
dem Marmor so zu Hilfe zu kommen, wie das dunkle Laub der Bäume. Das
herrliche Schapersche Goethedenkmal in Berlin dünkt einen Teil seiner Wirkung
seinem Platze im Tiergarten, und unser Donauweibcheu im Stadtpark braucht
die Bäume so notwendig wie Fische das Wasser. Wäre nur die Gartenkunst
ein wenig mehr geneigt, mit der Architektur in nähere Beziehung zu treten! Wir
haben in Wien vor vielen großen Gebäuden Garteuaulcigen. Aber daß man bei
dem EntWurfe derselben an die Gebäude gedacht hätte, ist nirgends zu verspüren.
Die Wege schlängeln sich in Kurven dahin, die bloß den Zweck zu haben
scheinen, die Passanten zu recht großen Umwegen zu nötigen. Nur bei dem
Beethvvendenkmal ist ein harmonisches Zusammenwirken zwischen Monument
und Gartencinlagc angestrebt und anch so ziemlich erreicht worden.

Mit einer sehr schönen Einführung ist das Österreichische Museum voran¬
gegangen, und sein Beispiel verdient Nachahmung. Auf der Treppe, die vom
Erdgeschosse ins erste Stockwerk hinaufführt, hat man einer Anzahl von Männern,
die hervorragende Verdienste um die Anstalt haben, Büsten und Denksteine er¬
richtet. Ein solches L-unpo 8M,t>o sollten auch andre große Institute haben,
und man wird es wohl in unserm Parlament ebensowenig vergessen "nie im Rat¬
haus und in der Universität. In dem letztern dachte sich Ferstel wenigstens die
Arkaden des großen Hofes dnrch die Büsten verdienter akademischer Lehrer
ausgefüllt.

Fast alle künstlerischen Aufgaben, die innerhalb der letzten Jahre Wiener
Bildhauern gestellt wurden, hängen in irgendeiner Weise mit den großen Neu¬
bauten längs des Ringes zusammen. Sowohl die zwischen den Gebunden ent-
standnen Plätze, als auch die Gebäude selbst sind oder werden mit plastischen
Kunstwerken geschmückt. Die mindestens ihren Dimensionen nach bedeutendste
Schöpfung der Bildhauerei wird das Maria-Theresia-Monument, bestimmt, den
Platz zwischen deu beiden Museen zu zieren. Schon ist das Gerüst aufgeschlagen
und aus seiner Anlage kann man den Grundriß des Fundamentes erkennen,
das Standbild der Kaiserin hat bereits die Werkstätte Meister Znmbuschs mit


An selbständigen Denkmälern und solchen plastischen Werken, die als Teile
eines architektonischen Ganzen zu wirken bestimmt sind, ist in Wien heute kein
Mangel mehr. Die Plätze unsrer Stadt — es giebt deren nicht sehr viele — sind
entweder bereits mit Denkmälern geziert oder werden es doch im Laufe der
nächsten Jahre werden. Goethe und Mozart freilich haben bis jetzt weder
Standbilder, noch stehen solche in baldiger Aussicht, Hahdn aber, Grillparzer
und Tegetthvf werden nicht mehr lange zu warten brauchen. Der Komponist
der „Jahreszeiten" soll im Esterhazh-Garten, Tegetthvf vor dem Prater, Grill-
parzer vielleicht im Bolksgarten ein Denkmal bekommen. Es muß als ein
glücklicher Gedanke bezeichnet werden, Standbilder in Gärten aufzustellen. Mehr
als belebte und unruhige Plätze sind sie geeignet, Stimmung im Beschauer zu
wecken und zu erhalten, und keine andre Umgebung ist wohl imstande namentlich
dem Marmor so zu Hilfe zu kommen, wie das dunkle Laub der Bäume. Das
herrliche Schapersche Goethedenkmal in Berlin dünkt einen Teil seiner Wirkung
seinem Platze im Tiergarten, und unser Donauweibcheu im Stadtpark braucht
die Bäume so notwendig wie Fische das Wasser. Wäre nur die Gartenkunst
ein wenig mehr geneigt, mit der Architektur in nähere Beziehung zu treten! Wir
haben in Wien vor vielen großen Gebäuden Garteuaulcigen. Aber daß man bei
dem EntWurfe derselben an die Gebäude gedacht hätte, ist nirgends zu verspüren.
Die Wege schlängeln sich in Kurven dahin, die bloß den Zweck zu haben
scheinen, die Passanten zu recht großen Umwegen zu nötigen. Nur bei dem
Beethvvendenkmal ist ein harmonisches Zusammenwirken zwischen Monument
und Gartencinlagc angestrebt und anch so ziemlich erreicht worden.

Mit einer sehr schönen Einführung ist das Österreichische Museum voran¬
gegangen, und sein Beispiel verdient Nachahmung. Auf der Treppe, die vom
Erdgeschosse ins erste Stockwerk hinaufführt, hat man einer Anzahl von Männern,
die hervorragende Verdienste um die Anstalt haben, Büsten und Denksteine er¬
richtet. Ein solches L-unpo 8M,t>o sollten auch andre große Institute haben,
und man wird es wohl in unserm Parlament ebensowenig vergessen »nie im Rat¬
haus und in der Universität. In dem letztern dachte sich Ferstel wenigstens die
Arkaden des großen Hofes dnrch die Büsten verdienter akademischer Lehrer
ausgefüllt.

Fast alle künstlerischen Aufgaben, die innerhalb der letzten Jahre Wiener
Bildhauern gestellt wurden, hängen in irgendeiner Weise mit den großen Neu¬
bauten längs des Ringes zusammen. Sowohl die zwischen den Gebunden ent-
standnen Plätze, als auch die Gebäude selbst sind oder werden mit plastischen
Kunstwerken geschmückt. Die mindestens ihren Dimensionen nach bedeutendste
Schöpfung der Bildhauerei wird das Maria-Theresia-Monument, bestimmt, den
Platz zwischen deu beiden Museen zu zieren. Schon ist das Gerüst aufgeschlagen
und aus seiner Anlage kann man den Grundriß des Fundamentes erkennen,
das Standbild der Kaiserin hat bereits die Werkstätte Meister Znmbuschs mit


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[0368] An selbständigen Denkmälern und solchen plastischen Werken, die als Teile eines architektonischen Ganzen zu wirken bestimmt sind, ist in Wien heute kein Mangel mehr. Die Plätze unsrer Stadt — es giebt deren nicht sehr viele — sind entweder bereits mit Denkmälern geziert oder werden es doch im Laufe der nächsten Jahre werden. Goethe und Mozart freilich haben bis jetzt weder Standbilder, noch stehen solche in baldiger Aussicht, Hahdn aber, Grillparzer und Tegetthvf werden nicht mehr lange zu warten brauchen. Der Komponist der „Jahreszeiten" soll im Esterhazh-Garten, Tegetthvf vor dem Prater, Grill- parzer vielleicht im Bolksgarten ein Denkmal bekommen. Es muß als ein glücklicher Gedanke bezeichnet werden, Standbilder in Gärten aufzustellen. Mehr als belebte und unruhige Plätze sind sie geeignet, Stimmung im Beschauer zu wecken und zu erhalten, und keine andre Umgebung ist wohl imstande namentlich dem Marmor so zu Hilfe zu kommen, wie das dunkle Laub der Bäume. Das herrliche Schapersche Goethedenkmal in Berlin dünkt einen Teil seiner Wirkung seinem Platze im Tiergarten, und unser Donauweibcheu im Stadtpark braucht die Bäume so notwendig wie Fische das Wasser. Wäre nur die Gartenkunst ein wenig mehr geneigt, mit der Architektur in nähere Beziehung zu treten! Wir haben in Wien vor vielen großen Gebäuden Garteuaulcigen. Aber daß man bei dem EntWurfe derselben an die Gebäude gedacht hätte, ist nirgends zu verspüren. Die Wege schlängeln sich in Kurven dahin, die bloß den Zweck zu haben scheinen, die Passanten zu recht großen Umwegen zu nötigen. Nur bei dem Beethvvendenkmal ist ein harmonisches Zusammenwirken zwischen Monument und Gartencinlagc angestrebt und anch so ziemlich erreicht worden. Mit einer sehr schönen Einführung ist das Österreichische Museum voran¬ gegangen, und sein Beispiel verdient Nachahmung. Auf der Treppe, die vom Erdgeschosse ins erste Stockwerk hinaufführt, hat man einer Anzahl von Männern, die hervorragende Verdienste um die Anstalt haben, Büsten und Denksteine er¬ richtet. Ein solches L-unpo 8M,t>o sollten auch andre große Institute haben, und man wird es wohl in unserm Parlament ebensowenig vergessen »nie im Rat¬ haus und in der Universität. In dem letztern dachte sich Ferstel wenigstens die Arkaden des großen Hofes dnrch die Büsten verdienter akademischer Lehrer ausgefüllt. Fast alle künstlerischen Aufgaben, die innerhalb der letzten Jahre Wiener Bildhauern gestellt wurden, hängen in irgendeiner Weise mit den großen Neu¬ bauten längs des Ringes zusammen. Sowohl die zwischen den Gebunden ent- standnen Plätze, als auch die Gebäude selbst sind oder werden mit plastischen Kunstwerken geschmückt. Die mindestens ihren Dimensionen nach bedeutendste Schöpfung der Bildhauerei wird das Maria-Theresia-Monument, bestimmt, den Platz zwischen deu beiden Museen zu zieren. Schon ist das Gerüst aufgeschlagen und aus seiner Anlage kann man den Grundriß des Fundamentes erkennen, das Standbild der Kaiserin hat bereits die Werkstätte Meister Znmbuschs mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/368>, abgerufen am 01.09.2024.