Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur Frage der innern Kolonisation in Deutschland.

und dann einen im Moor von Norden nach Süden laufenden Kanal schneiden,
mit holländischen Kanalsystemcn verbunden.

Die Kanalisirung des Burtanger Moores auf der deutschen Seite verfolgt
nun eben den Zweck, die Grundlage einer Moorknltur zu bilden, wie wir sie
in Holland sehen, und zwar auf einer Fläche, die sich auf etwa zehn Quadrat-
meilen anschlagen läßt. Man denke sich den Gewinn, den eine auf diesem
Raume durchgeführte Vecukolonisirung bedeuten würde! Die Anfänge sind
natürlich schwierig, und ob die deutschen Ansiedlungen so bald anch nur annähernd
den Glanz der holländischen erreichen werden, ist fraglich, da ihnen die Nach¬
barschaft großer Städte oder auch nur größerer Plätze sehlt. Doch läßt sich
hierüber noch wenig sagen, da erst abzuwarten ist, wie sich der Verkehr unsrer
künftigen neuen Moorkolonien mit den nicht zu fernen holländischen Grenzorten
und den unweit der Grenze gelegnen gvößcrn Städten entwickeln wird. Wenn
die in sehr befriedigenden Verhältnissen sich befindenden ostfriesischen Veen-
anlagen die Blute der holländischen nicht erreicht haben, so ist die Ursache davon
nur darin zu suchen, daß sie abseits vom großen Verkehr liegen. Sollten aber
die ncugeplantcn Anlagen auch keine höhere Stufe als die ostfriesischen erreichen
können, so müßte man sie dennoch als gelungen und als einen großen Gewinn
ansehen. An Kolonisten wird es nicht fehlen, sie finden sich zur Genüge in
den alten Gemeinden des Emslcmdes in den ncichgebvrncn Söhnen auf Bauer-
Höfen, Hcuerlingcn u. s. w.; selbst Holland wird deren liefern.

Über die Rechtsform, unter der die Veenplätze an unsern neuen Kanälen
verliehen werden sollen, steht unsers Wissens noch nichts fest. Die Plätze in
den obenerwähnten alten Kolonien sind von den Grundeigentümern, nämlich
der beteiligten Markgemeinden und dem Dvmauialherrn als Markenrichter, gegen
bestimmte, für unablösbar erklärte, jetzt freilich doch ablösbar gewordne Abgaben
zu vollem Eigentum verliehen worden. Vielleicht wählt man jetzt die Erbpacht,
obgleich dieses Rechtsinstitut in jener Gegend nicht heimisch ist. Viel wird
darauf ankommen, wie demnächst das hannoversche Landesdirektvrinm verfahren
wird, sobald dessen Vorlage wegen Ankaufs einer zur Vecnkultur bestimmten
Mvorflüche für 400 000 Mark, welche der diesjährige Provinziallandtag zu
näherer Ausführung und Begründung zurückgestellt hat, zur Annahme gelangt
und ausgeführt sein wird. Die Erbpacht hat unzweifelhaft ihre bedeutenden
Vorzüge und gewährt übrigens dem Erbpächter die Aussicht, daß mindestens
von seinen Nachkommen das Erbpachtgut im Wege der Ablösung in freies
Eigentum verwandelt werden kann.

Eine nähere Beschreibung der allmählichen Entwicklung der Vecnkolonieu
von ihren dürftigen Anfängen bis zu dem blühendsten Knltnrstande würde hier
zu weit führen. Wer den Übergang vou der Erdhütte des ersten Ansiedlers
bis zu den luxuriösen villcnartigen, von Parkanlagen umgebnen Gebäuden, aus
denen die Vceukolvuieu in den obengenannten holländischen Provinzen bestehen,


Zur Frage der innern Kolonisation in Deutschland.

und dann einen im Moor von Norden nach Süden laufenden Kanal schneiden,
mit holländischen Kanalsystemcn verbunden.

Die Kanalisirung des Burtanger Moores auf der deutschen Seite verfolgt
nun eben den Zweck, die Grundlage einer Moorknltur zu bilden, wie wir sie
in Holland sehen, und zwar auf einer Fläche, die sich auf etwa zehn Quadrat-
meilen anschlagen läßt. Man denke sich den Gewinn, den eine auf diesem
Raume durchgeführte Vecukolonisirung bedeuten würde! Die Anfänge sind
natürlich schwierig, und ob die deutschen Ansiedlungen so bald anch nur annähernd
den Glanz der holländischen erreichen werden, ist fraglich, da ihnen die Nach¬
barschaft großer Städte oder auch nur größerer Plätze sehlt. Doch läßt sich
hierüber noch wenig sagen, da erst abzuwarten ist, wie sich der Verkehr unsrer
künftigen neuen Moorkolonien mit den nicht zu fernen holländischen Grenzorten
und den unweit der Grenze gelegnen gvößcrn Städten entwickeln wird. Wenn
die in sehr befriedigenden Verhältnissen sich befindenden ostfriesischen Veen-
anlagen die Blute der holländischen nicht erreicht haben, so ist die Ursache davon
nur darin zu suchen, daß sie abseits vom großen Verkehr liegen. Sollten aber
die ncugeplantcn Anlagen auch keine höhere Stufe als die ostfriesischen erreichen
können, so müßte man sie dennoch als gelungen und als einen großen Gewinn
ansehen. An Kolonisten wird es nicht fehlen, sie finden sich zur Genüge in
den alten Gemeinden des Emslcmdes in den ncichgebvrncn Söhnen auf Bauer-
Höfen, Hcuerlingcn u. s. w.; selbst Holland wird deren liefern.

Über die Rechtsform, unter der die Veenplätze an unsern neuen Kanälen
verliehen werden sollen, steht unsers Wissens noch nichts fest. Die Plätze in
den obenerwähnten alten Kolonien sind von den Grundeigentümern, nämlich
der beteiligten Markgemeinden und dem Dvmauialherrn als Markenrichter, gegen
bestimmte, für unablösbar erklärte, jetzt freilich doch ablösbar gewordne Abgaben
zu vollem Eigentum verliehen worden. Vielleicht wählt man jetzt die Erbpacht,
obgleich dieses Rechtsinstitut in jener Gegend nicht heimisch ist. Viel wird
darauf ankommen, wie demnächst das hannoversche Landesdirektvrinm verfahren
wird, sobald dessen Vorlage wegen Ankaufs einer zur Vecnkultur bestimmten
Mvorflüche für 400 000 Mark, welche der diesjährige Provinziallandtag zu
näherer Ausführung und Begründung zurückgestellt hat, zur Annahme gelangt
und ausgeführt sein wird. Die Erbpacht hat unzweifelhaft ihre bedeutenden
Vorzüge und gewährt übrigens dem Erbpächter die Aussicht, daß mindestens
von seinen Nachkommen das Erbpachtgut im Wege der Ablösung in freies
Eigentum verwandelt werden kann.

Eine nähere Beschreibung der allmählichen Entwicklung der Vecnkolonieu
von ihren dürftigen Anfängen bis zu dem blühendsten Knltnrstande würde hier
zu weit führen. Wer den Übergang vou der Erdhütte des ersten Ansiedlers
bis zu den luxuriösen villcnartigen, von Parkanlagen umgebnen Gebäuden, aus
denen die Vceukolvuieu in den obengenannten holländischen Provinzen bestehen,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0354" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196454"/>
          <fw type="header" place="top"> Zur Frage der innern Kolonisation in Deutschland.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1444" prev="#ID_1443"> und dann einen im Moor von Norden nach Süden laufenden Kanal schneiden,<lb/>
mit holländischen Kanalsystemcn verbunden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1445"> Die Kanalisirung des Burtanger Moores auf der deutschen Seite verfolgt<lb/>
nun eben den Zweck, die Grundlage einer Moorknltur zu bilden, wie wir sie<lb/>
in Holland sehen, und zwar auf einer Fläche, die sich auf etwa zehn Quadrat-<lb/>
meilen anschlagen läßt. Man denke sich den Gewinn, den eine auf diesem<lb/>
Raume durchgeführte Vecukolonisirung bedeuten würde! Die Anfänge sind<lb/>
natürlich schwierig, und ob die deutschen Ansiedlungen so bald anch nur annähernd<lb/>
den Glanz der holländischen erreichen werden, ist fraglich, da ihnen die Nach¬<lb/>
barschaft großer Städte oder auch nur größerer Plätze sehlt. Doch läßt sich<lb/>
hierüber noch wenig sagen, da erst abzuwarten ist, wie sich der Verkehr unsrer<lb/>
künftigen neuen Moorkolonien mit den nicht zu fernen holländischen Grenzorten<lb/>
und den unweit der Grenze gelegnen gvößcrn Städten entwickeln wird. Wenn<lb/>
die in sehr befriedigenden Verhältnissen sich befindenden ostfriesischen Veen-<lb/>
anlagen die Blute der holländischen nicht erreicht haben, so ist die Ursache davon<lb/>
nur darin zu suchen, daß sie abseits vom großen Verkehr liegen. Sollten aber<lb/>
die ncugeplantcn Anlagen auch keine höhere Stufe als die ostfriesischen erreichen<lb/>
können, so müßte man sie dennoch als gelungen und als einen großen Gewinn<lb/>
ansehen. An Kolonisten wird es nicht fehlen, sie finden sich zur Genüge in<lb/>
den alten Gemeinden des Emslcmdes in den ncichgebvrncn Söhnen auf Bauer-<lb/>
Höfen, Hcuerlingcn u. s. w.; selbst Holland wird deren liefern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1446"> Über die Rechtsform, unter der die Veenplätze an unsern neuen Kanälen<lb/>
verliehen werden sollen, steht unsers Wissens noch nichts fest. Die Plätze in<lb/>
den obenerwähnten alten Kolonien sind von den Grundeigentümern, nämlich<lb/>
der beteiligten Markgemeinden und dem Dvmauialherrn als Markenrichter, gegen<lb/>
bestimmte, für unablösbar erklärte, jetzt freilich doch ablösbar gewordne Abgaben<lb/>
zu vollem Eigentum verliehen worden. Vielleicht wählt man jetzt die Erbpacht,<lb/>
obgleich dieses Rechtsinstitut in jener Gegend nicht heimisch ist. Viel wird<lb/>
darauf ankommen, wie demnächst das hannoversche Landesdirektvrinm verfahren<lb/>
wird, sobald dessen Vorlage wegen Ankaufs einer zur Vecnkultur bestimmten<lb/>
Mvorflüche für 400 000 Mark, welche der diesjährige Provinziallandtag zu<lb/>
näherer Ausführung und Begründung zurückgestellt hat, zur Annahme gelangt<lb/>
und ausgeführt sein wird. Die Erbpacht hat unzweifelhaft ihre bedeutenden<lb/>
Vorzüge und gewährt übrigens dem Erbpächter die Aussicht, daß mindestens<lb/>
von seinen Nachkommen das Erbpachtgut im Wege der Ablösung in freies<lb/>
Eigentum verwandelt werden kann.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1447" next="#ID_1448"> Eine nähere Beschreibung der allmählichen Entwicklung der Vecnkolonieu<lb/>
von ihren dürftigen Anfängen bis zu dem blühendsten Knltnrstande würde hier<lb/>
zu weit führen. Wer den Übergang vou der Erdhütte des ersten Ansiedlers<lb/>
bis zu den luxuriösen villcnartigen, von Parkanlagen umgebnen Gebäuden, aus<lb/>
denen die Vceukolvuieu in den obengenannten holländischen Provinzen bestehen,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0354] Zur Frage der innern Kolonisation in Deutschland. und dann einen im Moor von Norden nach Süden laufenden Kanal schneiden, mit holländischen Kanalsystemcn verbunden. Die Kanalisirung des Burtanger Moores auf der deutschen Seite verfolgt nun eben den Zweck, die Grundlage einer Moorknltur zu bilden, wie wir sie in Holland sehen, und zwar auf einer Fläche, die sich auf etwa zehn Quadrat- meilen anschlagen läßt. Man denke sich den Gewinn, den eine auf diesem Raume durchgeführte Vecukolonisirung bedeuten würde! Die Anfänge sind natürlich schwierig, und ob die deutschen Ansiedlungen so bald anch nur annähernd den Glanz der holländischen erreichen werden, ist fraglich, da ihnen die Nach¬ barschaft großer Städte oder auch nur größerer Plätze sehlt. Doch läßt sich hierüber noch wenig sagen, da erst abzuwarten ist, wie sich der Verkehr unsrer künftigen neuen Moorkolonien mit den nicht zu fernen holländischen Grenzorten und den unweit der Grenze gelegnen gvößcrn Städten entwickeln wird. Wenn die in sehr befriedigenden Verhältnissen sich befindenden ostfriesischen Veen- anlagen die Blute der holländischen nicht erreicht haben, so ist die Ursache davon nur darin zu suchen, daß sie abseits vom großen Verkehr liegen. Sollten aber die ncugeplantcn Anlagen auch keine höhere Stufe als die ostfriesischen erreichen können, so müßte man sie dennoch als gelungen und als einen großen Gewinn ansehen. An Kolonisten wird es nicht fehlen, sie finden sich zur Genüge in den alten Gemeinden des Emslcmdes in den ncichgebvrncn Söhnen auf Bauer- Höfen, Hcuerlingcn u. s. w.; selbst Holland wird deren liefern. Über die Rechtsform, unter der die Veenplätze an unsern neuen Kanälen verliehen werden sollen, steht unsers Wissens noch nichts fest. Die Plätze in den obenerwähnten alten Kolonien sind von den Grundeigentümern, nämlich der beteiligten Markgemeinden und dem Dvmauialherrn als Markenrichter, gegen bestimmte, für unablösbar erklärte, jetzt freilich doch ablösbar gewordne Abgaben zu vollem Eigentum verliehen worden. Vielleicht wählt man jetzt die Erbpacht, obgleich dieses Rechtsinstitut in jener Gegend nicht heimisch ist. Viel wird darauf ankommen, wie demnächst das hannoversche Landesdirektvrinm verfahren wird, sobald dessen Vorlage wegen Ankaufs einer zur Vecnkultur bestimmten Mvorflüche für 400 000 Mark, welche der diesjährige Provinziallandtag zu näherer Ausführung und Begründung zurückgestellt hat, zur Annahme gelangt und ausgeführt sein wird. Die Erbpacht hat unzweifelhaft ihre bedeutenden Vorzüge und gewährt übrigens dem Erbpächter die Aussicht, daß mindestens von seinen Nachkommen das Erbpachtgut im Wege der Ablösung in freies Eigentum verwandelt werden kann. Eine nähere Beschreibung der allmählichen Entwicklung der Vecnkolonieu von ihren dürftigen Anfängen bis zu dem blühendsten Knltnrstande würde hier zu weit führen. Wer den Übergang vou der Erdhütte des ersten Ansiedlers bis zu den luxuriösen villcnartigen, von Parkanlagen umgebnen Gebäuden, aus denen die Vceukolvuieu in den obengenannten holländischen Provinzen bestehen,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/354
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/354>, abgerufen am 27.07.2024.