Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Deutsches Aiinstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Icihrhnndert. Befreiung wieder in Jena einzieht. Und hinter dem, was die Fürsten thaten, Länger dauerte es, bis auch vonseiten der Gelehrten die Künstler die Und es ist kein Zufall, daß alle diese Gelehrten hauptsächlich von den Deutsches Aiinstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Icihrhnndert. Befreiung wieder in Jena einzieht. Und hinter dem, was die Fürsten thaten, Länger dauerte es, bis auch vonseiten der Gelehrten die Künstler die Und es ist kein Zufall, daß alle diese Gelehrten hauptsächlich von den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0035" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196135"/> <fw type="header" place="top"> Deutsches Aiinstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Icihrhnndert.</fw><lb/> <p xml:id="ID_93" prev="#ID_92"> Befreiung wieder in Jena einzieht. Und hinter dem, was die Fürsten thaten,<lb/> durften natürlich auch die Städte nicht zurückstehen. So sehen wir, wie Cranach<lb/> von der Stadt Wittenberg zum Kämmerer des Rates und zum Bürgermeister<lb/> gewählt wird, wie Dürer, Altdorfer, Hans Waldung, Hans Asper als Rats¬<lb/> herren angesehene Stellungen in ihrer Vaterstadt einnehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_94"> Länger dauerte es, bis auch vonseiten der Gelehrten die Künstler die<lb/> gebührende Anerkennung fanden, und es wird von Lübke in der „Geschichte<lb/> der Renaissance" mit Recht hervorgehoben, wie gleichgiltig sich die deutschen<lb/> Humanisten im allgemeinen der Kunst gegenüber verhielten, wie namentlich das<lb/> Haupt derselben, Erasmus, in seinen künstlerischen Anschauungen noch ganz auf<lb/> dem Boden des Mittelalters stand. Gleichwohl ist der Unterschied gegenüber<lb/> dem fünfzehnten Jahrhundert bemerkenswert. Aus ihren antiken Studien er¬<lb/> fuhren die Humanisten, wie einflußreich die Stellung der Künstler im Altertum<lb/> gewesen war, wie in Rom sogar vornehme Patrizier in die Reihen der Maler<lb/> eingetreten waren; auf der andern Seite durchbrachen die Künstler selbst die<lb/> Schranken, die sie von den Gelehrten trennten, indem sie wie Dürer nach dem<lb/> Vorgänge ihrer italienische» Genossen als Schriftsteller über die Gegenstände<lb/> ihres Berufes auftraten. So erreichten sie es, daß sie in der zeitgenössischen<lb/> Literatur doch allmählich Beachtung fanden. Schon 1526 stellt Beatns Rhe-<lb/> nanus in seinen bei Froben in Basel erschienenen Emendationen zu Plinins die<lb/> Meister zusammen, die auch wir noch als die größten des Reformations¬<lb/> zeitalters bezeichnen: „Bei den Deutschen sind in erster Linie berühmt Albrecht<lb/> Dürer in Nürnberg, in Straßburg Haus Waldung, in Sachsen Lukas Cranach,<lb/> in der Schweiz Haus Holbein." Sie alle wurden, wenigstens in ihren<lb/> spätern Jahren, ausnahmslos in ihrer Bedeutung erkannt. Wir finden<lb/> Dürer schon 1505 von Wimpheling als den „vorzüglichsten Meister" genannt,<lb/> „dessen Tafeln von den Händlern nach Italien und andern Ländern ausgeführt<lb/> werden, wo sie bei den trefflichsten Künstlern so hoch angesehen sind wie die<lb/> Werte des Parrhasivs und Apelles"; Peutinger nennt ihn später seinen „guten<lb/> frundt"; Lazarus Spengler widmet ihm seine „Ermahnung und Unterweisung<lb/> zu einem tugendhaften Wandel"; die Reformatoren Luther und Melanchthon<lb/> verfolgen mit reger Teilnahme sein künstlerisches Schaffen; 1528 wird er sogar<lb/> von dem spröden Erasmus als „der Apelles unsrer Tage" gefeiert. Haus<lb/> Baldungs Ruhm wurde 1321 in den Reimen des gelehrten Kanonikus von<lb/> Toul, Johannes Viator, verbreitet; Cranach fand in dem Wittenberger Pro¬<lb/> fessor Christoph Scheurl seinen Lobredner, der ihn schon 1508 als den „größten<lb/> deutschen Meister nächst Dürer" verherrlicht; Holbein endlich stand 1538 beim<lb/> Erscheinen seines Totentanzes auf der Höhe seines Ruhmes und wurde von<lb/> Nikolaus Bourbon als „größer denn Apelles" gepriesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_95" next="#ID_96"> Und es ist kein Zufall, daß alle diese Gelehrten hauptsächlich von den<lb/> Holzschnitten und Kupferstichen der Künstler zu reden wissen, daß sie immer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
Deutsches Aiinstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Icihrhnndert.
Befreiung wieder in Jena einzieht. Und hinter dem, was die Fürsten thaten,
durften natürlich auch die Städte nicht zurückstehen. So sehen wir, wie Cranach
von der Stadt Wittenberg zum Kämmerer des Rates und zum Bürgermeister
gewählt wird, wie Dürer, Altdorfer, Hans Waldung, Hans Asper als Rats¬
herren angesehene Stellungen in ihrer Vaterstadt einnehmen.
Länger dauerte es, bis auch vonseiten der Gelehrten die Künstler die
gebührende Anerkennung fanden, und es wird von Lübke in der „Geschichte
der Renaissance" mit Recht hervorgehoben, wie gleichgiltig sich die deutschen
Humanisten im allgemeinen der Kunst gegenüber verhielten, wie namentlich das
Haupt derselben, Erasmus, in seinen künstlerischen Anschauungen noch ganz auf
dem Boden des Mittelalters stand. Gleichwohl ist der Unterschied gegenüber
dem fünfzehnten Jahrhundert bemerkenswert. Aus ihren antiken Studien er¬
fuhren die Humanisten, wie einflußreich die Stellung der Künstler im Altertum
gewesen war, wie in Rom sogar vornehme Patrizier in die Reihen der Maler
eingetreten waren; auf der andern Seite durchbrachen die Künstler selbst die
Schranken, die sie von den Gelehrten trennten, indem sie wie Dürer nach dem
Vorgänge ihrer italienische» Genossen als Schriftsteller über die Gegenstände
ihres Berufes auftraten. So erreichten sie es, daß sie in der zeitgenössischen
Literatur doch allmählich Beachtung fanden. Schon 1526 stellt Beatns Rhe-
nanus in seinen bei Froben in Basel erschienenen Emendationen zu Plinins die
Meister zusammen, die auch wir noch als die größten des Reformations¬
zeitalters bezeichnen: „Bei den Deutschen sind in erster Linie berühmt Albrecht
Dürer in Nürnberg, in Straßburg Haus Waldung, in Sachsen Lukas Cranach,
in der Schweiz Haus Holbein." Sie alle wurden, wenigstens in ihren
spätern Jahren, ausnahmslos in ihrer Bedeutung erkannt. Wir finden
Dürer schon 1505 von Wimpheling als den „vorzüglichsten Meister" genannt,
„dessen Tafeln von den Händlern nach Italien und andern Ländern ausgeführt
werden, wo sie bei den trefflichsten Künstlern so hoch angesehen sind wie die
Werte des Parrhasivs und Apelles"; Peutinger nennt ihn später seinen „guten
frundt"; Lazarus Spengler widmet ihm seine „Ermahnung und Unterweisung
zu einem tugendhaften Wandel"; die Reformatoren Luther und Melanchthon
verfolgen mit reger Teilnahme sein künstlerisches Schaffen; 1528 wird er sogar
von dem spröden Erasmus als „der Apelles unsrer Tage" gefeiert. Haus
Baldungs Ruhm wurde 1321 in den Reimen des gelehrten Kanonikus von
Toul, Johannes Viator, verbreitet; Cranach fand in dem Wittenberger Pro¬
fessor Christoph Scheurl seinen Lobredner, der ihn schon 1508 als den „größten
deutschen Meister nächst Dürer" verherrlicht; Holbein endlich stand 1538 beim
Erscheinen seines Totentanzes auf der Höhe seines Ruhmes und wurde von
Nikolaus Bourbon als „größer denn Apelles" gepriesen.
Und es ist kein Zufall, daß alle diese Gelehrten hauptsächlich von den
Holzschnitten und Kupferstichen der Künstler zu reden wissen, daß sie immer
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