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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Deutsches Aünstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert.

viertel bögele. Item hab aus Kunst gelöst 2 Philippsguldm 2 Stüber. Item
hab 100 Stüber aus Kunst gelöst.' Meister Marx Goldschmiede hat mir 3 si
zu lösen geben. Mehr hab ich aus Kunst gelöst 3 si 20 Stüber. Ich hab ein
Holzpassion verkauft um 12 Stüber und um 4 Stüber ein Adam Eva. Item
der Felix Hauptmann und Lautenschläger hat mir abgekauft einen ganzen
Kupferdruck, ein Holzpassion, mehr ein Kupferpassion, 2 halb Bögen, 2 Viertel
Bögen um 3 Goldgulden. Ich hab 4 si aus Kunst gelöst." So kann er von
Seite zu Seite berichten. Und da offenbar Goldgulden gemeint sind, würde
sich der Preis des Guldens auf 5 mal 17 Groschen, d. i. 8^/" Mark in unserm
Gelde stellen.

Zu diesen Einnahmen der Künstler für gelieferte Werke kamen dann bei
einigen noch die ebenfalls sehr anständigen Besoldungen vonseiten der Fürsten.
Cranach bezog schon seit 1504 von Friedrich dem Weisen 100 Gulden nebst
"Sommer- und Winterhoffkleydung uff sein leib," Dürer seit 1516 100 Gulden
jährlich vom Kaiser Maximilian -- ein Einkommen, das durchaus nicht zu
unterschätzen war in einer Zeit, wo der Unterhalt eines Bürgers auf jährlich
50 Gulden angeschlagen wurde, wo die drei ersten Doktoren der Theologie an
der Universität Wittenberg nur je 200 Gulden Jahrgehalt bezogen und das
höchste Gehalt, das des kaiserlichen Schultheißen, nicht mehr als 600 Gulden
betrug.

So waren im Reformationszeitalter die Künstler verhältnismäßig gut ge¬
stellt. Nur wenige unpraktische Geister, wie Michael Osteudvrfer in Regens¬
burg oder Georg Penz in Nürnberg, vermochten nie auf einen grünen Zweig
zu kommen, während die meisten imstande waren, sich ein geordnetes Familien¬
leben zu gründen.

Fast alle treten uns als Besitzer großer Bürgerhäuser entgegen. Dürer
taufte 1509 das geräumige Eckhaus in der Zistelgasse in Nürnberg, das heute
sogenannte Dürerhaus, für 275 rheinische Gulden "an bar dargelegten Geld,"
und war, da er 1518 dem Bruder Andreas seinen Anteil an dem väterlichen
Hause herausbezahlte, seitdem der alleinige Besitzer zweier heute noch ansehn¬
lichen Bürgerhäuser in Nürnberg. Cranach war seit 1513 im Besitze des statt¬
lichen Hauses an der Schloß- und Elbgassenecke in Wittenberg, welches schon
damals eins der größten der Stadt war, und zu welchem ihm Kurfürst Friedrich
eine anstoßende Waldparzelle zur Anlegung eines Gartens schenkte. A. Alt-
dorfer kaufte in demselben Jahre eine "eigne Behausung samt Turin und Hof¬
statt" in Regensburg, die uoch jetzt zu deu stattlichsten Bürgerhäusern der Stadt
zählt, und erwarb dazu 1532 noch ein zweites Haus mit großem Garten, das
er während der Sommermonate als Gartenwohnung benutzte.

Die Künstler brauchten auch nicht mehr wie früher nnr auf deu Brot¬
erwerb bedacht zu sein, sondern waren imstande, Liebhabereien nachzuhängen und
sich Sammlungen anzulegen. Dürer war in den Niederlanden fortwährend be-


Deutsches Aünstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert.

viertel bögele. Item hab aus Kunst gelöst 2 Philippsguldm 2 Stüber. Item
hab 100 Stüber aus Kunst gelöst.' Meister Marx Goldschmiede hat mir 3 si
zu lösen geben. Mehr hab ich aus Kunst gelöst 3 si 20 Stüber. Ich hab ein
Holzpassion verkauft um 12 Stüber und um 4 Stüber ein Adam Eva. Item
der Felix Hauptmann und Lautenschläger hat mir abgekauft einen ganzen
Kupferdruck, ein Holzpassion, mehr ein Kupferpassion, 2 halb Bögen, 2 Viertel
Bögen um 3 Goldgulden. Ich hab 4 si aus Kunst gelöst." So kann er von
Seite zu Seite berichten. Und da offenbar Goldgulden gemeint sind, würde
sich der Preis des Guldens auf 5 mal 17 Groschen, d. i. 8^/» Mark in unserm
Gelde stellen.

Zu diesen Einnahmen der Künstler für gelieferte Werke kamen dann bei
einigen noch die ebenfalls sehr anständigen Besoldungen vonseiten der Fürsten.
Cranach bezog schon seit 1504 von Friedrich dem Weisen 100 Gulden nebst
„Sommer- und Winterhoffkleydung uff sein leib," Dürer seit 1516 100 Gulden
jährlich vom Kaiser Maximilian — ein Einkommen, das durchaus nicht zu
unterschätzen war in einer Zeit, wo der Unterhalt eines Bürgers auf jährlich
50 Gulden angeschlagen wurde, wo die drei ersten Doktoren der Theologie an
der Universität Wittenberg nur je 200 Gulden Jahrgehalt bezogen und das
höchste Gehalt, das des kaiserlichen Schultheißen, nicht mehr als 600 Gulden
betrug.

So waren im Reformationszeitalter die Künstler verhältnismäßig gut ge¬
stellt. Nur wenige unpraktische Geister, wie Michael Osteudvrfer in Regens¬
burg oder Georg Penz in Nürnberg, vermochten nie auf einen grünen Zweig
zu kommen, während die meisten imstande waren, sich ein geordnetes Familien¬
leben zu gründen.

Fast alle treten uns als Besitzer großer Bürgerhäuser entgegen. Dürer
taufte 1509 das geräumige Eckhaus in der Zistelgasse in Nürnberg, das heute
sogenannte Dürerhaus, für 275 rheinische Gulden „an bar dargelegten Geld,"
und war, da er 1518 dem Bruder Andreas seinen Anteil an dem väterlichen
Hause herausbezahlte, seitdem der alleinige Besitzer zweier heute noch ansehn¬
lichen Bürgerhäuser in Nürnberg. Cranach war seit 1513 im Besitze des statt¬
lichen Hauses an der Schloß- und Elbgassenecke in Wittenberg, welches schon
damals eins der größten der Stadt war, und zu welchem ihm Kurfürst Friedrich
eine anstoßende Waldparzelle zur Anlegung eines Gartens schenkte. A. Alt-
dorfer kaufte in demselben Jahre eine „eigne Behausung samt Turin und Hof¬
statt" in Regensburg, die uoch jetzt zu deu stattlichsten Bürgerhäusern der Stadt
zählt, und erwarb dazu 1532 noch ein zweites Haus mit großem Garten, das
er während der Sommermonate als Gartenwohnung benutzte.

Die Künstler brauchten auch nicht mehr wie früher nnr auf deu Brot¬
erwerb bedacht zu sein, sondern waren imstande, Liebhabereien nachzuhängen und
sich Sammlungen anzulegen. Dürer war in den Niederlanden fortwährend be-


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[0032] Deutsches Aünstlerleben im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert. viertel bögele. Item hab aus Kunst gelöst 2 Philippsguldm 2 Stüber. Item hab 100 Stüber aus Kunst gelöst.' Meister Marx Goldschmiede hat mir 3 si zu lösen geben. Mehr hab ich aus Kunst gelöst 3 si 20 Stüber. Ich hab ein Holzpassion verkauft um 12 Stüber und um 4 Stüber ein Adam Eva. Item der Felix Hauptmann und Lautenschläger hat mir abgekauft einen ganzen Kupferdruck, ein Holzpassion, mehr ein Kupferpassion, 2 halb Bögen, 2 Viertel Bögen um 3 Goldgulden. Ich hab 4 si aus Kunst gelöst." So kann er von Seite zu Seite berichten. Und da offenbar Goldgulden gemeint sind, würde sich der Preis des Guldens auf 5 mal 17 Groschen, d. i. 8^/» Mark in unserm Gelde stellen. Zu diesen Einnahmen der Künstler für gelieferte Werke kamen dann bei einigen noch die ebenfalls sehr anständigen Besoldungen vonseiten der Fürsten. Cranach bezog schon seit 1504 von Friedrich dem Weisen 100 Gulden nebst „Sommer- und Winterhoffkleydung uff sein leib," Dürer seit 1516 100 Gulden jährlich vom Kaiser Maximilian — ein Einkommen, das durchaus nicht zu unterschätzen war in einer Zeit, wo der Unterhalt eines Bürgers auf jährlich 50 Gulden angeschlagen wurde, wo die drei ersten Doktoren der Theologie an der Universität Wittenberg nur je 200 Gulden Jahrgehalt bezogen und das höchste Gehalt, das des kaiserlichen Schultheißen, nicht mehr als 600 Gulden betrug. So waren im Reformationszeitalter die Künstler verhältnismäßig gut ge¬ stellt. Nur wenige unpraktische Geister, wie Michael Osteudvrfer in Regens¬ burg oder Georg Penz in Nürnberg, vermochten nie auf einen grünen Zweig zu kommen, während die meisten imstande waren, sich ein geordnetes Familien¬ leben zu gründen. Fast alle treten uns als Besitzer großer Bürgerhäuser entgegen. Dürer taufte 1509 das geräumige Eckhaus in der Zistelgasse in Nürnberg, das heute sogenannte Dürerhaus, für 275 rheinische Gulden „an bar dargelegten Geld," und war, da er 1518 dem Bruder Andreas seinen Anteil an dem väterlichen Hause herausbezahlte, seitdem der alleinige Besitzer zweier heute noch ansehn¬ lichen Bürgerhäuser in Nürnberg. Cranach war seit 1513 im Besitze des statt¬ lichen Hauses an der Schloß- und Elbgassenecke in Wittenberg, welches schon damals eins der größten der Stadt war, und zu welchem ihm Kurfürst Friedrich eine anstoßende Waldparzelle zur Anlegung eines Gartens schenkte. A. Alt- dorfer kaufte in demselben Jahre eine „eigne Behausung samt Turin und Hof¬ statt" in Regensburg, die uoch jetzt zu deu stattlichsten Bürgerhäusern der Stadt zählt, und erwarb dazu 1532 noch ein zweites Haus mit großem Garten, das er während der Sommermonate als Gartenwohnung benutzte. Die Künstler brauchten auch nicht mehr wie früher nnr auf deu Brot¬ erwerb bedacht zu sein, sondern waren imstande, Liebhabereien nachzuhängen und sich Sammlungen anzulegen. Dürer war in den Niederlanden fortwährend be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/32>, abgerufen am 24.11.2024.