Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite


Um eine perle.
Roman von Robert Waldmüller (Ld, Duboc). (Fortsetzung.)

er Herzog öffnete die Thür und schrie mit seiner hohen Stimme
hinaus: Battista! Battista! Battista!
Keine Autwort erfolgte.

Wieder machte sich der Herzog in Selbstgesprächen und Verwün¬
schungen Luft.

Daun lief er auf einen Klingelzug zu, der von einem der Fenster aus bis
in die Wachtstube im Erdgeschoß hinabführte und den Kommandanten der kleinen
Kastellbesatznng für den Fall eines dringenden Geschäfts hcraufzuzitiren be¬
stimmt war.

Aber was soll ich mit dem gichtbrüchigen Stelzfuß? hielt er inne; kann
ich mit ihm, kann ich mit irgend jemand über die Sache reden? Euer Vetter
Giuseppe ist ja längst tot und bestattet, würde man mir antworten.

Er ließ den Glockenzug in Ruhe, öffnete von neuem den Schrank und zer¬
marterte sein Gedächtnis. Drei Wörter voll von Büchsen, Schachteln und
Flnschchen wurden durchgemustert. Nur der obere enthielt Gifte oder sollte sie
enthalten, denn die den Herzog auch bei seinen alchemistischen Experimenten so
häufig überkommende zornige Hast war Schuld, daß die Abteilungen immer
wieder in Unordnung gerieten. Der nächste Bort enthielt Proben des mon3trrwro
nvivsrsg,1v, welches nicht allein beim Anwenden auf die richtigen Stoffe diese
in Gold verwandeln, sondern auch, als Medizin eingenommen, den Körper von
allen Krankheitsstoffen säubern, ja sogar das aus demselben schon entwichene
Leben in ihn wieder zurückrufen sollte; je nach der Art der Mischung dieses
Universalmittels -- dessen Unfehlbarkeit aber noch nicht ganz feststand -- hieß
es, wie die Vignetten anch besagten, laxis xMosoxlwruni oder die rote Tinktur
oder das große Elixir oder endlich das große Magistcrium. Der letzte Bort




Um eine perle.
Roman von Robert Waldmüller (Ld, Duboc). (Fortsetzung.)

er Herzog öffnete die Thür und schrie mit seiner hohen Stimme
hinaus: Battista! Battista! Battista!
Keine Autwort erfolgte.

Wieder machte sich der Herzog in Selbstgesprächen und Verwün¬
schungen Luft.

Daun lief er auf einen Klingelzug zu, der von einem der Fenster aus bis
in die Wachtstube im Erdgeschoß hinabführte und den Kommandanten der kleinen
Kastellbesatznng für den Fall eines dringenden Geschäfts hcraufzuzitiren be¬
stimmt war.

Aber was soll ich mit dem gichtbrüchigen Stelzfuß? hielt er inne; kann
ich mit ihm, kann ich mit irgend jemand über die Sache reden? Euer Vetter
Giuseppe ist ja längst tot und bestattet, würde man mir antworten.

Er ließ den Glockenzug in Ruhe, öffnete von neuem den Schrank und zer¬
marterte sein Gedächtnis. Drei Wörter voll von Büchsen, Schachteln und
Flnschchen wurden durchgemustert. Nur der obere enthielt Gifte oder sollte sie
enthalten, denn die den Herzog auch bei seinen alchemistischen Experimenten so
häufig überkommende zornige Hast war Schuld, daß die Abteilungen immer
wieder in Unordnung gerieten. Der nächste Bort enthielt Proben des mon3trrwro
nvivsrsg,1v, welches nicht allein beim Anwenden auf die richtigen Stoffe diese
in Gold verwandeln, sondern auch, als Medizin eingenommen, den Körper von
allen Krankheitsstoffen säubern, ja sogar das aus demselben schon entwichene
Leben in ihn wieder zurückrufen sollte; je nach der Art der Mischung dieses
Universalmittels — dessen Unfehlbarkeit aber noch nicht ganz feststand — hieß
es, wie die Vignetten anch besagten, laxis xMosoxlwruni oder die rote Tinktur
oder das große Elixir oder endlich das große Magistcrium. Der letzte Bort


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0196" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196296"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341841_196099/figures/grenzboten_341841_196099_196296_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Um eine perle.<lb/><note type="byline"> Roman von Robert Waldmüller (Ld, Duboc).</note> (Fortsetzung.) </head><lb/>
          <p xml:id="ID_737"> er Herzog öffnete die Thür und schrie mit seiner hohen Stimme<lb/>
hinaus: Battista! Battista! Battista!<lb/>
Keine Autwort erfolgte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_738"> Wieder machte sich der Herzog in Selbstgesprächen und Verwün¬<lb/>
schungen Luft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_739"> Daun lief er auf einen Klingelzug zu, der von einem der Fenster aus bis<lb/>
in die Wachtstube im Erdgeschoß hinabführte und den Kommandanten der kleinen<lb/>
Kastellbesatznng für den Fall eines dringenden Geschäfts hcraufzuzitiren be¬<lb/>
stimmt war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_740"> Aber was soll ich mit dem gichtbrüchigen Stelzfuß? hielt er inne; kann<lb/>
ich mit ihm, kann ich mit irgend jemand über die Sache reden? Euer Vetter<lb/>
Giuseppe ist ja längst tot und bestattet, würde man mir antworten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_741" next="#ID_742"> Er ließ den Glockenzug in Ruhe, öffnete von neuem den Schrank und zer¬<lb/>
marterte sein Gedächtnis. Drei Wörter voll von Büchsen, Schachteln und<lb/>
Flnschchen wurden durchgemustert. Nur der obere enthielt Gifte oder sollte sie<lb/>
enthalten, denn die den Herzog auch bei seinen alchemistischen Experimenten so<lb/>
häufig überkommende zornige Hast war Schuld, daß die Abteilungen immer<lb/>
wieder in Unordnung gerieten. Der nächste Bort enthielt Proben des mon3trrwro<lb/>
nvivsrsg,1v, welches nicht allein beim Anwenden auf die richtigen Stoffe diese<lb/>
in Gold verwandeln, sondern auch, als Medizin eingenommen, den Körper von<lb/>
allen Krankheitsstoffen säubern, ja sogar das aus demselben schon entwichene<lb/>
Leben in ihn wieder zurückrufen sollte; je nach der Art der Mischung dieses<lb/>
Universalmittels &#x2014; dessen Unfehlbarkeit aber noch nicht ganz feststand &#x2014; hieß<lb/>
es, wie die Vignetten anch besagten, laxis xMosoxlwruni oder die rote Tinktur<lb/>
oder das große Elixir oder endlich das große Magistcrium.  Der letzte Bort</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0196] [Abbildung] Um eine perle. Roman von Robert Waldmüller (Ld, Duboc). (Fortsetzung.) er Herzog öffnete die Thür und schrie mit seiner hohen Stimme hinaus: Battista! Battista! Battista! Keine Autwort erfolgte. Wieder machte sich der Herzog in Selbstgesprächen und Verwün¬ schungen Luft. Daun lief er auf einen Klingelzug zu, der von einem der Fenster aus bis in die Wachtstube im Erdgeschoß hinabführte und den Kommandanten der kleinen Kastellbesatznng für den Fall eines dringenden Geschäfts hcraufzuzitiren be¬ stimmt war. Aber was soll ich mit dem gichtbrüchigen Stelzfuß? hielt er inne; kann ich mit ihm, kann ich mit irgend jemand über die Sache reden? Euer Vetter Giuseppe ist ja längst tot und bestattet, würde man mir antworten. Er ließ den Glockenzug in Ruhe, öffnete von neuem den Schrank und zer¬ marterte sein Gedächtnis. Drei Wörter voll von Büchsen, Schachteln und Flnschchen wurden durchgemustert. Nur der obere enthielt Gifte oder sollte sie enthalten, denn die den Herzog auch bei seinen alchemistischen Experimenten so häufig überkommende zornige Hast war Schuld, daß die Abteilungen immer wieder in Unordnung gerieten. Der nächste Bort enthielt Proben des mon3trrwro nvivsrsg,1v, welches nicht allein beim Anwenden auf die richtigen Stoffe diese in Gold verwandeln, sondern auch, als Medizin eingenommen, den Körper von allen Krankheitsstoffen säubern, ja sogar das aus demselben schon entwichene Leben in ihn wieder zurückrufen sollte; je nach der Art der Mischung dieses Universalmittels — dessen Unfehlbarkeit aber noch nicht ganz feststand — hieß es, wie die Vignetten anch besagten, laxis xMosoxlwruni oder die rote Tinktur oder das große Elixir oder endlich das große Magistcrium. Der letzte Bort

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/196
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/196>, abgerufen am 24.11.2024.