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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Das Programm des Torykabinets.

le neuen Minister haben in voriger Woche im Parlament die
Politik, die sie zu verfolgen gewillt sind, in großen Zügen ent¬
wickelt, und wir wissen nun wenigstens, was sie in innern und
auswärtigen Fragen zunächst vorhaben. Von besondrer Be¬
deutung ist dabei die Rede, welche der Premier Marquis Salis-
bury am 6. d. M. im Oberhause hielt, und in dieser wieder nehmen die Aus-
einandersetzungen die erste Stelle ein, die der neue Premier in betreff seiner
Ansichten und Absichten in den auswärtigen Fragen des Tages machte.

Für die wichtigste unter den letztern sieht er diejenige an, welche die Unter¬
handlungen mit Nußland über das nordwestliche Afghanistan hervorrief, und
seine Erklärung läuft hier in der Hauptsache auf folgende Gedanken und Vor¬
sätze hinaus. Wir müssen fürs erste die Politik unsrer Vorgänger an der
Stelle wieder aufnehmen, bis zu der sie damit gelaugt siud, und uns bemühen,
sie zu einem Ergebnisse zu bringen, welches den Interessen Englands entspricht.
Unsre Erklärungen und unser Handeln sind wesentlich durch den Umstand be¬
schränkt, daß wir die von unsern Amtsvorgängern eingegangenen Verpflichtungen
zu erfüllen haben. Die hauptsächlichste Meinungsverschiedenheit ist hier der
Paß von Zalfikar, hinsichtlich dessen England dem Emir Abdurrachman die
Zusage erteilt hat, er solle bei der Greuzbestimmuug den Afghanen verbleiben.
Das ist für uns eine Lebensfrage, und so können wir davon nicht abgehen;
allen, die uns ihr Vertrauen zuwenden, muß bewiesen werden, daß England
bei seinen Versprechungen Wort hält. Allerdings ist hier die Zusage euglischer-
scits erst erfolgt, nachdem Nußland in London ein gleiches versprochen hatte,
und es sind dann Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Ausführung ent¬
standen, über welche noch unterhandelt wird; indes waltet dabei auf beiden


Grenzboten III. 1L8S. 13


Das Programm des Torykabinets.

le neuen Minister haben in voriger Woche im Parlament die
Politik, die sie zu verfolgen gewillt sind, in großen Zügen ent¬
wickelt, und wir wissen nun wenigstens, was sie in innern und
auswärtigen Fragen zunächst vorhaben. Von besondrer Be¬
deutung ist dabei die Rede, welche der Premier Marquis Salis-
bury am 6. d. M. im Oberhause hielt, und in dieser wieder nehmen die Aus-
einandersetzungen die erste Stelle ein, die der neue Premier in betreff seiner
Ansichten und Absichten in den auswärtigen Fragen des Tages machte.

Für die wichtigste unter den letztern sieht er diejenige an, welche die Unter¬
handlungen mit Nußland über das nordwestliche Afghanistan hervorrief, und
seine Erklärung läuft hier in der Hauptsache auf folgende Gedanken und Vor¬
sätze hinaus. Wir müssen fürs erste die Politik unsrer Vorgänger an der
Stelle wieder aufnehmen, bis zu der sie damit gelaugt siud, und uns bemühen,
sie zu einem Ergebnisse zu bringen, welches den Interessen Englands entspricht.
Unsre Erklärungen und unser Handeln sind wesentlich durch den Umstand be¬
schränkt, daß wir die von unsern Amtsvorgängern eingegangenen Verpflichtungen
zu erfüllen haben. Die hauptsächlichste Meinungsverschiedenheit ist hier der
Paß von Zalfikar, hinsichtlich dessen England dem Emir Abdurrachman die
Zusage erteilt hat, er solle bei der Greuzbestimmuug den Afghanen verbleiben.
Das ist für uns eine Lebensfrage, und so können wir davon nicht abgehen;
allen, die uns ihr Vertrauen zuwenden, muß bewiesen werden, daß England
bei seinen Versprechungen Wort hält. Allerdings ist hier die Zusage euglischer-
scits erst erfolgt, nachdem Nußland in London ein gleiches versprochen hatte,
und es sind dann Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Ausführung ent¬
standen, über welche noch unterhandelt wird; indes waltet dabei auf beiden


Grenzboten III. 1L8S. 13
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[0105] [Abbildung] Das Programm des Torykabinets. le neuen Minister haben in voriger Woche im Parlament die Politik, die sie zu verfolgen gewillt sind, in großen Zügen ent¬ wickelt, und wir wissen nun wenigstens, was sie in innern und auswärtigen Fragen zunächst vorhaben. Von besondrer Be¬ deutung ist dabei die Rede, welche der Premier Marquis Salis- bury am 6. d. M. im Oberhause hielt, und in dieser wieder nehmen die Aus- einandersetzungen die erste Stelle ein, die der neue Premier in betreff seiner Ansichten und Absichten in den auswärtigen Fragen des Tages machte. Für die wichtigste unter den letztern sieht er diejenige an, welche die Unter¬ handlungen mit Nußland über das nordwestliche Afghanistan hervorrief, und seine Erklärung läuft hier in der Hauptsache auf folgende Gedanken und Vor¬ sätze hinaus. Wir müssen fürs erste die Politik unsrer Vorgänger an der Stelle wieder aufnehmen, bis zu der sie damit gelaugt siud, und uns bemühen, sie zu einem Ergebnisse zu bringen, welches den Interessen Englands entspricht. Unsre Erklärungen und unser Handeln sind wesentlich durch den Umstand be¬ schränkt, daß wir die von unsern Amtsvorgängern eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen haben. Die hauptsächlichste Meinungsverschiedenheit ist hier der Paß von Zalfikar, hinsichtlich dessen England dem Emir Abdurrachman die Zusage erteilt hat, er solle bei der Greuzbestimmuug den Afghanen verbleiben. Das ist für uns eine Lebensfrage, und so können wir davon nicht abgehen; allen, die uns ihr Vertrauen zuwenden, muß bewiesen werden, daß England bei seinen Versprechungen Wort hält. Allerdings ist hier die Zusage euglischer- scits erst erfolgt, nachdem Nußland in London ein gleiches versprochen hatte, und es sind dann Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Ausführung ent¬ standen, über welche noch unterhandelt wird; indes waltet dabei auf beiden Grenzboten III. 1L8S. 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/105>, abgerufen am 24.11.2024.