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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Zur Beruhigung in der Wcihrungsfrage.

leiten, ä) Möglichkeit eines solchen Anschlusses an die französische Konvention,
daß dadurch die Preisvariation vermieden wird, s) Möglichkeit eines gedeckten
eventuellen Rückzuges. ("Die Post" vom 5. Juni 1870.)

Durch die hohle Gasse der Doppelwährung muß jedes Volk zur Gold¬
währung hindurchgehen; uns ist durch glückliche äußere Umstände der Weg
verkürzt worden. Es erübrigt also nur, die angeblichen Nachteile der Gold¬
währung einer Besprechung zu unterziehen. Die Anhänger der Doppelwährung
stellen zwei Übelstände in den Vordergrund, die der Goldwährung anhaften
sollen und deren Beseitigung erwünschen ließen: den zunehmenden Gvldmangcl
und die Schädigung unsrer Landwirtschaft durch die Länder, die eine andre
Währung haben.

Der hohe Wert der edeln Metalle beruht nicht allein auf ihren geschätzten
Eigenschaften, auf ihrer Brauchbarkeit, sondern wesentlich ans ihrem beschränkten
Vorkommen. Käme Gold so häufig wie Eisen vor, so würde es eben keinen
Seltenheitswert besitzen. Letztereristes gerade, der dem Golde seine Bedeutung
als bequemes Tauschmittel verschafft und ihm vor dem Silber den Vorzug giebt.
Gold und Silber sind Waaren, die nicht nur zu Münzen, sondern in über¬
wiegender Menge zu Schmucksachen und zum technischen Gebrauch begehrt
werden und bei denen sich der Preis ebenso wie bei den andern Waaren nach
Angebot und Nachfrage, nämlich nach Produktion und Gebrauch richtet. Ebenso¬
wenig wie der Staat den Kornpreis auf die Dauer festzusetzen vermag, ebenso¬
wenig kann er den Preis dieser Metalle, ihre Kaufkraft im Umtausch mit andern
Waaren fixiren. Der Getreidepreis schwankt deshalb so sehr, weil die örtlichen
Getreideernten alljährlich so verschieden ausfallen und weil sich das Getreide
nicht wohl über zwei Jahre aufstapeln läßt. Gold und Silber dagegen ver¬
derben nicht und lassen sich Jahrhunderte lang aufbewahren, nutzen sich mir
ganz allmählich ab. Es muß sich der Goldpreis viel langsamer bewegen,
weil durch eine geringe oder große Jahresproduktion der aufgespeicherte Ge¬
samtvorrat an Gold (den man auf 40 000 Millionen Mark schätzt) sich ganz
unwesentlich ändert. Es ist aber wünschenswert, ein möglichst beständiges Wert¬
maß zu wählen, mit welchem wir die Preise aller Dinge messen -- und hierzu
ist das Gold am geeignetsten.

Vergleichen wir einmal die Gold- und Silberproduktion, so betrug dieselbe
nach Wcibezcchn:

in Thälern
JahrGoldSilber
1846SS 23!) 00068450000
184957387000104156 350
136062640000116812660
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186250 650 000221866460
18L366220000234783160

Zur Beruhigung in der Wcihrungsfrage.

leiten, ä) Möglichkeit eines solchen Anschlusses an die französische Konvention,
daß dadurch die Preisvariation vermieden wird, s) Möglichkeit eines gedeckten
eventuellen Rückzuges. („Die Post" vom 5. Juni 1870.)

Durch die hohle Gasse der Doppelwährung muß jedes Volk zur Gold¬
währung hindurchgehen; uns ist durch glückliche äußere Umstände der Weg
verkürzt worden. Es erübrigt also nur, die angeblichen Nachteile der Gold¬
währung einer Besprechung zu unterziehen. Die Anhänger der Doppelwährung
stellen zwei Übelstände in den Vordergrund, die der Goldwährung anhaften
sollen und deren Beseitigung erwünschen ließen: den zunehmenden Gvldmangcl
und die Schädigung unsrer Landwirtschaft durch die Länder, die eine andre
Währung haben.

Der hohe Wert der edeln Metalle beruht nicht allein auf ihren geschätzten
Eigenschaften, auf ihrer Brauchbarkeit, sondern wesentlich ans ihrem beschränkten
Vorkommen. Käme Gold so häufig wie Eisen vor, so würde es eben keinen
Seltenheitswert besitzen. Letztereristes gerade, der dem Golde seine Bedeutung
als bequemes Tauschmittel verschafft und ihm vor dem Silber den Vorzug giebt.
Gold und Silber sind Waaren, die nicht nur zu Münzen, sondern in über¬
wiegender Menge zu Schmucksachen und zum technischen Gebrauch begehrt
werden und bei denen sich der Preis ebenso wie bei den andern Waaren nach
Angebot und Nachfrage, nämlich nach Produktion und Gebrauch richtet. Ebenso¬
wenig wie der Staat den Kornpreis auf die Dauer festzusetzen vermag, ebenso¬
wenig kann er den Preis dieser Metalle, ihre Kaufkraft im Umtausch mit andern
Waaren fixiren. Der Getreidepreis schwankt deshalb so sehr, weil die örtlichen
Getreideernten alljährlich so verschieden ausfallen und weil sich das Getreide
nicht wohl über zwei Jahre aufstapeln läßt. Gold und Silber dagegen ver¬
derben nicht und lassen sich Jahrhunderte lang aufbewahren, nutzen sich mir
ganz allmählich ab. Es muß sich der Goldpreis viel langsamer bewegen,
weil durch eine geringe oder große Jahresproduktion der aufgespeicherte Ge¬
samtvorrat an Gold (den man auf 40 000 Millionen Mark schätzt) sich ganz
unwesentlich ändert. Es ist aber wünschenswert, ein möglichst beständiges Wert¬
maß zu wählen, mit welchem wir die Preise aller Dinge messen — und hierzu
ist das Gold am geeignetsten.

Vergleichen wir einmal die Gold- und Silberproduktion, so betrug dieselbe
nach Wcibezcchn:

in Thälern
JahrGoldSilber
1846SS 23!) 00068450000
184957387000104156 350
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[0457] Zur Beruhigung in der Wcihrungsfrage. leiten, ä) Möglichkeit eines solchen Anschlusses an die französische Konvention, daß dadurch die Preisvariation vermieden wird, s) Möglichkeit eines gedeckten eventuellen Rückzuges. („Die Post" vom 5. Juni 1870.) Durch die hohle Gasse der Doppelwährung muß jedes Volk zur Gold¬ währung hindurchgehen; uns ist durch glückliche äußere Umstände der Weg verkürzt worden. Es erübrigt also nur, die angeblichen Nachteile der Gold¬ währung einer Besprechung zu unterziehen. Die Anhänger der Doppelwährung stellen zwei Übelstände in den Vordergrund, die der Goldwährung anhaften sollen und deren Beseitigung erwünschen ließen: den zunehmenden Gvldmangcl und die Schädigung unsrer Landwirtschaft durch die Länder, die eine andre Währung haben. Der hohe Wert der edeln Metalle beruht nicht allein auf ihren geschätzten Eigenschaften, auf ihrer Brauchbarkeit, sondern wesentlich ans ihrem beschränkten Vorkommen. Käme Gold so häufig wie Eisen vor, so würde es eben keinen Seltenheitswert besitzen. Letztereristes gerade, der dem Golde seine Bedeutung als bequemes Tauschmittel verschafft und ihm vor dem Silber den Vorzug giebt. Gold und Silber sind Waaren, die nicht nur zu Münzen, sondern in über¬ wiegender Menge zu Schmucksachen und zum technischen Gebrauch begehrt werden und bei denen sich der Preis ebenso wie bei den andern Waaren nach Angebot und Nachfrage, nämlich nach Produktion und Gebrauch richtet. Ebenso¬ wenig wie der Staat den Kornpreis auf die Dauer festzusetzen vermag, ebenso¬ wenig kann er den Preis dieser Metalle, ihre Kaufkraft im Umtausch mit andern Waaren fixiren. Der Getreidepreis schwankt deshalb so sehr, weil die örtlichen Getreideernten alljährlich so verschieden ausfallen und weil sich das Getreide nicht wohl über zwei Jahre aufstapeln läßt. Gold und Silber dagegen ver¬ derben nicht und lassen sich Jahrhunderte lang aufbewahren, nutzen sich mir ganz allmählich ab. Es muß sich der Goldpreis viel langsamer bewegen, weil durch eine geringe oder große Jahresproduktion der aufgespeicherte Ge¬ samtvorrat an Gold (den man auf 40 000 Millionen Mark schätzt) sich ganz unwesentlich ändert. Es ist aber wünschenswert, ein möglichst beständiges Wert¬ maß zu wählen, mit welchem wir die Preise aller Dinge messen — und hierzu ist das Gold am geeignetsten. Vergleichen wir einmal die Gold- und Silberproduktion, so betrug dieselbe nach Wcibezcchn: in Thälern JahrGoldSilber 1846SS 23!) 00068450000 184957387000104156 350 136062640000116812660 18S160300000138021300 186250 650 000221866460 18L366220000234783160

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/457>, abgerufen am 22.07.2024.