Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.Um eine Perle. Degen und seinen Mantel vom Boden auf -- hier stehe ich und warte deines Sie lehnte sich an seine Schulter. Wie kann ich! wehklagte sie; heilige Ich habe nicht die Summe dessen, was ich sagte, gezogen, hob Giuseppe Fioritci hatte ihr Gesicht verhüllt, ihre Kniee wollten versagen. Halte Verbergt Euch, Signore! rief in diesem Augenblicke Eufcmia, man kommt. Gleichviel, ob man kommt; vorwärts! befahl Giuseppe, jetzt giebt es kein Er drängte sie mit den? Degenknanf wieder auf den eben von ihr ge¬ Aber noch war das Treppchen nicht erreicht, da rief es hinter ihm: Nicht Um eine Perle. Degen und seinen Mantel vom Boden auf — hier stehe ich und warte deines Sie lehnte sich an seine Schulter. Wie kann ich! wehklagte sie; heilige Ich habe nicht die Summe dessen, was ich sagte, gezogen, hob Giuseppe Fioritci hatte ihr Gesicht verhüllt, ihre Kniee wollten versagen. Halte Verbergt Euch, Signore! rief in diesem Augenblicke Eufcmia, man kommt. Gleichviel, ob man kommt; vorwärts! befahl Giuseppe, jetzt giebt es kein Er drängte sie mit den? Degenknanf wieder auf den eben von ihr ge¬ Aber noch war das Treppchen nicht erreicht, da rief es hinter ihm: Nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0325" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195714"/> <fw type="header" place="top"> Um eine Perle.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1116" prev="#ID_1115"> Degen und seinen Mantel vom Boden auf — hier stehe ich und warte deines<lb/> freien Entschlusses.</p><lb/> <p xml:id="ID_1117"> Sie lehnte sich an seine Schulter. Wie kann ich! wehklagte sie; heilige<lb/> Mutter Gottes, erleuchte wich!</p><lb/> <p xml:id="ID_1118"> Ich habe nicht die Summe dessen, was ich sagte, gezogen, hob Giuseppe<lb/> von neuem an, indem er, Florida an sich drückend, auf den Degen gestützt wie<lb/> einer dastand, der nun gefaßt dem Verhängnisse entgegenblickt, und sür den die.<lb/> Zeit nicht mehr mit Flügeln angethan ist. So vergöttert dich dein Vater, sagte<lb/> ich, so muß er dich vergöttern, so unentbehrlich bist du ihm, mußt du ihm<lb/> geworden sein. Jetzt laß mich das Fazit ziehen. Wird er, frage ich, wird er,<lb/> der mit solcher Liebe auf dich blickt, der ans deinen Augen Lebensfreudigkeit<lb/> saugt, dem dn Mond und Sonne und Frühlingsfächeln und Vogellied bist,<lb/> wird ers ertragen, dich hinwelken zu sehen, wie eine Knospe, in der ein Wurm<lb/> sein heimliches Zerstörungswerk betreibt? Wird er bei dem Blässerwerden<lb/> deiner Wangen sich nicht sagen: Das ist mein Werk, ich, ihr grausamer Vater,<lb/> vergiftete ihre Tage! Wird jeder deiner matter werdenden Blicke ihn nicht des<lb/> Raubes an dem Glücksanteile verklagen, den dir der Himmel zugedacht hatte!<lb/> Wirst du uicht Tag und Nacht seinen Geist mit Bildern des Entsetzens erfüllen!<lb/> Wird er in der einsamen Kammer sich nicht die Haare zerraufen und sich die<lb/> Brust zerschlagen: O Gott, warum ließest du es zu! O ihr Heiligen alle, warum<lb/> fielet ihr mir nicht in dem Arm! Wird er dort vor dem Bilde der schmerzens¬<lb/> reichem Himmelskönigin uicht deiner mit dem Reueschrei gedenken: Hier flehte<lb/> sie zur Gebenedeiten, schütze mich, schütze mich — vor meinem Vater! Und<lb/> wird der unselige Greis nicht zusammenbrechen unter der Wucht so furchtbarer<lb/> Selbstanklagen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1119"> Fioritci hatte ihr Gesicht verhüllt, ihre Kniee wollten versagen. Halte<lb/> mich, hauchte sie tonlos, die Madonna beschütze uns — ich bin die Deine.<lb/> Sie sank ohnmächtig in seine Arme. Er hob sie empor, daß ihr Haupt auf<lb/> seiner linken Schulter ruhte, und daß sein linker Arm sie trug, während die<lb/> mit dem Degen bewehrte Rechte den Weg, der nun angetreten werden sollte,<lb/> zu säubern bereit war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1120"> Verbergt Euch, Signore! rief in diesem Augenblicke Eufcmia, man kommt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1121"> Gleichviel, ob man kommt; vorwärts! befahl Giuseppe, jetzt giebt es kein<lb/> Kapituliren mehr.</p><lb/> <p xml:id="ID_1122"> Er drängte sie mit den? Degenknanf wieder auf den eben von ihr ge¬<lb/> räumten Korridor hinaus, zwang ihr die Blendlaterne in die Hand und schritt<lb/> der angstvoll seitwärts spähenden nach.</p><lb/> <p xml:id="ID_1123"> Aber noch war das Treppchen nicht erreicht, da rief es hinter ihm: Nicht<lb/> weiter! Und nochmals: Keinen Schritt weiter! Dieb, feiger Einschleicher,<lb/> nichtswürdiger Knecht! Und eine eiserne Faust hielt vou rückwärts den Mantel<lb/> fest, welcher um die Entführte und um des Entführers linken Arm ge¬<lb/> schlungen war.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0325]
Um eine Perle.
Degen und seinen Mantel vom Boden auf — hier stehe ich und warte deines
freien Entschlusses.
Sie lehnte sich an seine Schulter. Wie kann ich! wehklagte sie; heilige
Mutter Gottes, erleuchte wich!
Ich habe nicht die Summe dessen, was ich sagte, gezogen, hob Giuseppe
von neuem an, indem er, Florida an sich drückend, auf den Degen gestützt wie
einer dastand, der nun gefaßt dem Verhängnisse entgegenblickt, und sür den die.
Zeit nicht mehr mit Flügeln angethan ist. So vergöttert dich dein Vater, sagte
ich, so muß er dich vergöttern, so unentbehrlich bist du ihm, mußt du ihm
geworden sein. Jetzt laß mich das Fazit ziehen. Wird er, frage ich, wird er,
der mit solcher Liebe auf dich blickt, der ans deinen Augen Lebensfreudigkeit
saugt, dem dn Mond und Sonne und Frühlingsfächeln und Vogellied bist,
wird ers ertragen, dich hinwelken zu sehen, wie eine Knospe, in der ein Wurm
sein heimliches Zerstörungswerk betreibt? Wird er bei dem Blässerwerden
deiner Wangen sich nicht sagen: Das ist mein Werk, ich, ihr grausamer Vater,
vergiftete ihre Tage! Wird jeder deiner matter werdenden Blicke ihn nicht des
Raubes an dem Glücksanteile verklagen, den dir der Himmel zugedacht hatte!
Wirst du uicht Tag und Nacht seinen Geist mit Bildern des Entsetzens erfüllen!
Wird er in der einsamen Kammer sich nicht die Haare zerraufen und sich die
Brust zerschlagen: O Gott, warum ließest du es zu! O ihr Heiligen alle, warum
fielet ihr mir nicht in dem Arm! Wird er dort vor dem Bilde der schmerzens¬
reichem Himmelskönigin uicht deiner mit dem Reueschrei gedenken: Hier flehte
sie zur Gebenedeiten, schütze mich, schütze mich — vor meinem Vater! Und
wird der unselige Greis nicht zusammenbrechen unter der Wucht so furchtbarer
Selbstanklagen?
Fioritci hatte ihr Gesicht verhüllt, ihre Kniee wollten versagen. Halte
mich, hauchte sie tonlos, die Madonna beschütze uns — ich bin die Deine.
Sie sank ohnmächtig in seine Arme. Er hob sie empor, daß ihr Haupt auf
seiner linken Schulter ruhte, und daß sein linker Arm sie trug, während die
mit dem Degen bewehrte Rechte den Weg, der nun angetreten werden sollte,
zu säubern bereit war.
Verbergt Euch, Signore! rief in diesem Augenblicke Eufcmia, man kommt.
Gleichviel, ob man kommt; vorwärts! befahl Giuseppe, jetzt giebt es kein
Kapituliren mehr.
Er drängte sie mit den? Degenknanf wieder auf den eben von ihr ge¬
räumten Korridor hinaus, zwang ihr die Blendlaterne in die Hand und schritt
der angstvoll seitwärts spähenden nach.
Aber noch war das Treppchen nicht erreicht, da rief es hinter ihm: Nicht
weiter! Und nochmals: Keinen Schritt weiter! Dieb, feiger Einschleicher,
nichtswürdiger Knecht! Und eine eiserne Faust hielt vou rückwärts den Mantel
fest, welcher um die Entführte und um des Entführers linken Arm ge¬
schlungen war.
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