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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Die Enthüllung der Küsten des dunkeln Erdteils.

Teil in die allerfrühesten Zeiten zurückführen. Wir meinen die Erschließung
Afrikas, an der teilzunehmen schon einmal ein Hohenzoller, der Große Kurfürst,
deu Versuch machte. Heute siud die Erwerbungen in Afrika: Dubrecka, Ka-
merun, Angra Pequena, Usagara und wie sie sonst heiße" mögen, in aller
Munde, heute koustitnirt sich in diesem vor kurzem noch so unbekannten Erd¬
teile der Kongostaat, der unter den Auspizien des dentschen Kaisers Lust und
Leben erhalten hat. Amerika, im fernen Westen jenseits des Ozeans gelegen,
ist schon längst in allen seinen Teilen der Kultur erschlossen; Afrika, fast mit
unserm Erdteile zusammengrenzend und in seinen nördlichen Teilen bekannt, so
lange es eine Geschichte giebt, hat hinsichtlich der Erforschung des Südens so¬
wohl im Innern als auch an den Küsten dem menschlichen Unternehmungsgeiste
unendliche Schwierigkeiten bereitet. Dreitausend Jahre sind nötig gewesen, um
nur die Küsten des dunkeln Erdteils ans dem nebligen Meere auftauchen zu
sehen und in das Licht der Geschichte zu bringen. Da diese Küstenentdecknng
gewissermaßen der historische Nahmen ist, in den sich unsre gegenwärtigen Be¬
strebungen einfügen, und einen Begriff von der Größe der Aufgabe giebt, in
welche das deutsche Volk unter der Leitung seines großen Kanzlers eingetreten
ist, so wollen wir sie hier in ihren Hauptmomenten bis zu ihrem Abschlüsse
verfolgen.")

Der erste Entdecker war der große Ramses, der Sesostris des Herodot,
welcher um das Jahr 1400 vor Christo Ägypten beherrschte. Er befuhr auf
"langen" Schiffen (d. h. auf Kriegsschiffen) das Rote Meer, um Eroberungen
zu machen. Es heißt bei Herodot (II, 102), er sei soweit nach Süden ge¬
kommen, daß seichte Stellen sein weiteres Vordringen verhindert hätten. Nähere
Angaben fehlen. Sesostris machte auch den ersten Versuch, das Rote Meer
mit dem Mittelmeer durch einen Kanal zu verbinden. Um das Jahr 1000 be-
fuhr der jüdische König Salomo durch phönizische Seeleute von der Nordost-
ecke, dem Meerbusen von Akabah, aus das Rote Meer, trieb auch mit afrika¬
nischen Völkerschaften Handel. Die Königin von Saba, welche ihn in Jerusalem
besuchte, hatte wohl in der Nähe des heutigen Massaua ihr Reich. Uns Jahr
600 war König Necho von Ägypten ein berühmter Seefahrer. Er soll durch
Phöuizische Seeleute Afrika umfahren haben, irgendwelche Spuren von einer
solchen Seereise haben sich aber nicht gezeigt. Sicher ist, daß er die Kanal¬
bauten nach dem Roten Meere weiter fortsetzte; er unterließ es aber, den letzten
Spatenstich zu thun, weil ein Orcckelsprnch ihm für den Fall der Vollendung
des Kanals mit einem Barbarcneinfall drohte. Erst der Perserkönig Darius
Hystaspis -- Ägypten war dnrch Kambyses eine persische Provinz geworden --



*) Wer sich eingehender über den Gegenstand unterrichten will, der nehme die "Geschichte
der Entdeckungen" von OSknr Peschel zur Hand (in zweiter Auslage 1877 bei Cotta er¬
schienen.)
Die Enthüllung der Küsten des dunkeln Erdteils.

Teil in die allerfrühesten Zeiten zurückführen. Wir meinen die Erschließung
Afrikas, an der teilzunehmen schon einmal ein Hohenzoller, der Große Kurfürst,
deu Versuch machte. Heute siud die Erwerbungen in Afrika: Dubrecka, Ka-
merun, Angra Pequena, Usagara und wie sie sonst heiße» mögen, in aller
Munde, heute koustitnirt sich in diesem vor kurzem noch so unbekannten Erd¬
teile der Kongostaat, der unter den Auspizien des dentschen Kaisers Lust und
Leben erhalten hat. Amerika, im fernen Westen jenseits des Ozeans gelegen,
ist schon längst in allen seinen Teilen der Kultur erschlossen; Afrika, fast mit
unserm Erdteile zusammengrenzend und in seinen nördlichen Teilen bekannt, so
lange es eine Geschichte giebt, hat hinsichtlich der Erforschung des Südens so¬
wohl im Innern als auch an den Küsten dem menschlichen Unternehmungsgeiste
unendliche Schwierigkeiten bereitet. Dreitausend Jahre sind nötig gewesen, um
nur die Küsten des dunkeln Erdteils ans dem nebligen Meere auftauchen zu
sehen und in das Licht der Geschichte zu bringen. Da diese Küstenentdecknng
gewissermaßen der historische Nahmen ist, in den sich unsre gegenwärtigen Be¬
strebungen einfügen, und einen Begriff von der Größe der Aufgabe giebt, in
welche das deutsche Volk unter der Leitung seines großen Kanzlers eingetreten
ist, so wollen wir sie hier in ihren Hauptmomenten bis zu ihrem Abschlüsse
verfolgen.")

Der erste Entdecker war der große Ramses, der Sesostris des Herodot,
welcher um das Jahr 1400 vor Christo Ägypten beherrschte. Er befuhr auf
„langen" Schiffen (d. h. auf Kriegsschiffen) das Rote Meer, um Eroberungen
zu machen. Es heißt bei Herodot (II, 102), er sei soweit nach Süden ge¬
kommen, daß seichte Stellen sein weiteres Vordringen verhindert hätten. Nähere
Angaben fehlen. Sesostris machte auch den ersten Versuch, das Rote Meer
mit dem Mittelmeer durch einen Kanal zu verbinden. Um das Jahr 1000 be-
fuhr der jüdische König Salomo durch phönizische Seeleute von der Nordost-
ecke, dem Meerbusen von Akabah, aus das Rote Meer, trieb auch mit afrika¬
nischen Völkerschaften Handel. Die Königin von Saba, welche ihn in Jerusalem
besuchte, hatte wohl in der Nähe des heutigen Massaua ihr Reich. Uns Jahr
600 war König Necho von Ägypten ein berühmter Seefahrer. Er soll durch
Phöuizische Seeleute Afrika umfahren haben, irgendwelche Spuren von einer
solchen Seereise haben sich aber nicht gezeigt. Sicher ist, daß er die Kanal¬
bauten nach dem Roten Meere weiter fortsetzte; er unterließ es aber, den letzten
Spatenstich zu thun, weil ein Orcckelsprnch ihm für den Fall der Vollendung
des Kanals mit einem Barbarcneinfall drohte. Erst der Perserkönig Darius
Hystaspis — Ägypten war dnrch Kambyses eine persische Provinz geworden —



*) Wer sich eingehender über den Gegenstand unterrichten will, der nehme die „Geschichte
der Entdeckungen" von OSknr Peschel zur Hand (in zweiter Auslage 1877 bei Cotta er¬
schienen.)
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[0228] Die Enthüllung der Küsten des dunkeln Erdteils. Teil in die allerfrühesten Zeiten zurückführen. Wir meinen die Erschließung Afrikas, an der teilzunehmen schon einmal ein Hohenzoller, der Große Kurfürst, deu Versuch machte. Heute siud die Erwerbungen in Afrika: Dubrecka, Ka- merun, Angra Pequena, Usagara und wie sie sonst heiße» mögen, in aller Munde, heute koustitnirt sich in diesem vor kurzem noch so unbekannten Erd¬ teile der Kongostaat, der unter den Auspizien des dentschen Kaisers Lust und Leben erhalten hat. Amerika, im fernen Westen jenseits des Ozeans gelegen, ist schon längst in allen seinen Teilen der Kultur erschlossen; Afrika, fast mit unserm Erdteile zusammengrenzend und in seinen nördlichen Teilen bekannt, so lange es eine Geschichte giebt, hat hinsichtlich der Erforschung des Südens so¬ wohl im Innern als auch an den Küsten dem menschlichen Unternehmungsgeiste unendliche Schwierigkeiten bereitet. Dreitausend Jahre sind nötig gewesen, um nur die Küsten des dunkeln Erdteils ans dem nebligen Meere auftauchen zu sehen und in das Licht der Geschichte zu bringen. Da diese Küstenentdecknng gewissermaßen der historische Nahmen ist, in den sich unsre gegenwärtigen Be¬ strebungen einfügen, und einen Begriff von der Größe der Aufgabe giebt, in welche das deutsche Volk unter der Leitung seines großen Kanzlers eingetreten ist, so wollen wir sie hier in ihren Hauptmomenten bis zu ihrem Abschlüsse verfolgen.") Der erste Entdecker war der große Ramses, der Sesostris des Herodot, welcher um das Jahr 1400 vor Christo Ägypten beherrschte. Er befuhr auf „langen" Schiffen (d. h. auf Kriegsschiffen) das Rote Meer, um Eroberungen zu machen. Es heißt bei Herodot (II, 102), er sei soweit nach Süden ge¬ kommen, daß seichte Stellen sein weiteres Vordringen verhindert hätten. Nähere Angaben fehlen. Sesostris machte auch den ersten Versuch, das Rote Meer mit dem Mittelmeer durch einen Kanal zu verbinden. Um das Jahr 1000 be- fuhr der jüdische König Salomo durch phönizische Seeleute von der Nordost- ecke, dem Meerbusen von Akabah, aus das Rote Meer, trieb auch mit afrika¬ nischen Völkerschaften Handel. Die Königin von Saba, welche ihn in Jerusalem besuchte, hatte wohl in der Nähe des heutigen Massaua ihr Reich. Uns Jahr 600 war König Necho von Ägypten ein berühmter Seefahrer. Er soll durch Phöuizische Seeleute Afrika umfahren haben, irgendwelche Spuren von einer solchen Seereise haben sich aber nicht gezeigt. Sicher ist, daß er die Kanal¬ bauten nach dem Roten Meere weiter fortsetzte; er unterließ es aber, den letzten Spatenstich zu thun, weil ein Orcckelsprnch ihm für den Fall der Vollendung des Kanals mit einem Barbarcneinfall drohte. Erst der Perserkönig Darius Hystaspis — Ägypten war dnrch Kambyses eine persische Provinz geworden — *) Wer sich eingehender über den Gegenstand unterrichten will, der nehme die „Geschichte der Entdeckungen" von OSknr Peschel zur Hand (in zweiter Auslage 1877 bei Cotta er¬ schienen.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/228>, abgerufen am 22.07.2024.