Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.Um eine Perle. Eltern eine Anweisung auf ein rundes Jahrhundert ewiger Verjüngung mit auf Bitaliano that desgleichen. Dann schenkte er sein Glas halb voll, schad Der Pocken wegen? Der Lakai rückte etwas von Bitaliano fort. Habt keine Sorgen, sagte Bitaliano; ich komme zwar aus Venedig, habe Verzeiht, Signor superiore, sagte der Lakai, aber ich begreife nicht -- Warum ich in diesem Aufputz reiste? Ihr haltet die Venetianer wohl für 0t> dollii! Spione sollen wir wohl nicht hängen dürfe"? Bitaliano zupfte sich am linken Ohr, das Mantuauer Abkürzungszeichen Ich verstehe, sagte der Lakai, Ihr meint: darauf kam es nicht an. Natür¬ Und vor allem doch wohl um die Beruhigung unsers gnädigen Herrn -- Der Lakai gab Auskunft über die Gespräche, die er hie und da in den Um eine Perle. Eltern eine Anweisung auf ein rundes Jahrhundert ewiger Verjüngung mit auf Bitaliano that desgleichen. Dann schenkte er sein Glas halb voll, schad Der Pocken wegen? Der Lakai rückte etwas von Bitaliano fort. Habt keine Sorgen, sagte Bitaliano; ich komme zwar aus Venedig, habe Verzeiht, Signor superiore, sagte der Lakai, aber ich begreife nicht — Warum ich in diesem Aufputz reiste? Ihr haltet die Venetianer wohl für 0t> dollii! Spione sollen wir wohl nicht hängen dürfe»? Bitaliano zupfte sich am linken Ohr, das Mantuauer Abkürzungszeichen Ich verstehe, sagte der Lakai, Ihr meint: darauf kam es nicht an. Natür¬ Und vor allem doch wohl um die Beruhigung unsers gnädigen Herrn — Der Lakai gab Auskunft über die Gespräche, die er hie und da in den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195489"/> <fw type="header" place="top"> Um eine Perle.</fw><lb/> <p xml:id="ID_330" prev="#ID_329"> Eltern eine Anweisung auf ein rundes Jahrhundert ewiger Verjüngung mit auf<lb/> den Lebensweg, dem andern vererbten die seinen, was weiß ich? die fallende<lb/> Sucht, den schwarzen Tod, die Packen. Er bekreuzte sich.</p><lb/> <p xml:id="ID_331"> Bitaliano that desgleichen. Dann schenkte er sein Glas halb voll, schad<lb/> es aber, ohne zu trinken, beiseite. Der Pocken wegen stecke ich in diesen Lumpen,<lb/> sagte er unwirsch.</p><lb/> <p xml:id="ID_332"> Der Pocken wegen? Der Lakai rückte etwas von Bitaliano fort.</p><lb/> <p xml:id="ID_333"> Habt keine Sorgen, sagte Bitaliano; ich komme zwar aus Venedig, habe<lb/> mich aber nur eine Stunde dort aufgehalten und bin über die Sanna della<lb/> Miserieordia nicht hinausgekommen. Das ist ja wohl so ziemlich das Nord-<lb/> ende der Stadt, und der Wind blies von den Alpen herüber. Das Miasma<lb/> geht beim Nordwinde in der Richtung der Gindccca. Ich danke! Dem Herzog<lb/> hätte das freilich keinen Kummer gemacht, der wäre auch imstande gewesen,<lb/> mich <i'riU,<i, Ä'M.0 in die schlimmsten Pvckengnartiere hineiuzuschickeu. Aber<lb/> ob ich mich hätte schicken lasse» — das ist eine andre Frage. Er griff nach<lb/> seinem Glase und leerte es auf einen Zug.</p><lb/> <p xml:id="ID_334"> Verzeiht, Signor superiore, sagte der Lakai, aber ich begreife nicht —</p><lb/> <p xml:id="ID_335"> Warum ich in diesem Aufputz reiste? Ihr haltet die Venetianer wohl für<lb/> sehr schwach von Gedächtnis? 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Es handelte sich um die Einschüchterung etwaiger wirklicher Spione,<lb/> die man in Mantua vermutete —</p><lb/> <p xml:id="ID_339"> Und vor allem doch wohl um die Beruhigung unsers gnädigen Herrn —<lb/> Ihr stellt Euch zuweilen, Antonio Maria, als hättet Ihr noch nie durch ein<lb/> Schlüsselloch geguckt. Aber ich weiß, das ist so Eure Manier; der eine hat<lb/> die, der andre hat jene. Trinkt aus, wir wollen gehen. Stellt Euch nur ein¬<lb/> fältig, auch selbst Bitaliano gegenüber, dann kommt Ihr uicht aus der Übung.<lb/> Ist irgend etwas zu berichten?</p><lb/> <p xml:id="ID_340"> Der Lakai gab Auskunft über die Gespräche, die er hie und da in den<lb/> Weinhäusern erlnufcht hatte.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
Um eine Perle.
Eltern eine Anweisung auf ein rundes Jahrhundert ewiger Verjüngung mit auf
den Lebensweg, dem andern vererbten die seinen, was weiß ich? die fallende
Sucht, den schwarzen Tod, die Packen. Er bekreuzte sich.
Bitaliano that desgleichen. Dann schenkte er sein Glas halb voll, schad
es aber, ohne zu trinken, beiseite. Der Pocken wegen stecke ich in diesen Lumpen,
sagte er unwirsch.
Der Pocken wegen? Der Lakai rückte etwas von Bitaliano fort.
Habt keine Sorgen, sagte Bitaliano; ich komme zwar aus Venedig, habe
mich aber nur eine Stunde dort aufgehalten und bin über die Sanna della
Miserieordia nicht hinausgekommen. Das ist ja wohl so ziemlich das Nord-
ende der Stadt, und der Wind blies von den Alpen herüber. Das Miasma
geht beim Nordwinde in der Richtung der Gindccca. Ich danke! Dem Herzog
hätte das freilich keinen Kummer gemacht, der wäre auch imstande gewesen,
mich <i'riU,<i, Ä'M.0 in die schlimmsten Pvckengnartiere hineiuzuschickeu. Aber
ob ich mich hätte schicken lasse» — das ist eine andre Frage. Er griff nach
seinem Glase und leerte es auf einen Zug.
Verzeiht, Signor superiore, sagte der Lakai, aber ich begreife nicht —
Warum ich in diesem Aufputz reiste? Ihr haltet die Venetianer wohl für
sehr schwach von Gedächtnis? Und Barbasi, den wir — wann war es? — als
venetianischen Spion anfknüpften, ward wohl nicht von Bitaliano gefaßt? Vor
Barbasi hatte Bitaliano die drei Gelbschnäbel einstecken lassen — mir entfallen
ihre Namen — Vrcmeacei hieß der eine, leider ein Sproß der Florentiner
Brancaceis, was mir Verdruß genug bereitet hat — aber zwei waren richtige
Laguneuratteu, und mögen die Burschen auch die Stricke nicht wert gewesen
sein, die wir ihnen spendirten, sie waren Venetianer und der alte Doge Donato
hatte auf ihre Auslieferung bestanden.
0t> dollii! Spione sollen wir wohl nicht hängen dürfe»?
Bitaliano zupfte sich am linken Ohr, das Mantuauer Abkürzungszeichen
für „Einfaltspinsel, der Ihr seid!"
Ich verstehe, sagte der Lakai, Ihr meint: darauf kam es nicht an. Natür¬
lich brauchten es uicht gerade Spione zu sein. Die lassen sich nicht so leicht
erwischen. Es handelte sich um die Einschüchterung etwaiger wirklicher Spione,
die man in Mantua vermutete —
Und vor allem doch wohl um die Beruhigung unsers gnädigen Herrn —
Ihr stellt Euch zuweilen, Antonio Maria, als hättet Ihr noch nie durch ein
Schlüsselloch geguckt. Aber ich weiß, das ist so Eure Manier; der eine hat
die, der andre hat jene. Trinkt aus, wir wollen gehen. Stellt Euch nur ein¬
fältig, auch selbst Bitaliano gegenüber, dann kommt Ihr uicht aus der Übung.
Ist irgend etwas zu berichten?
Der Lakai gab Auskunft über die Gespräche, die er hie und da in den
Weinhäusern erlnufcht hatte.
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