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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Richter, dein wir, wie Springer sagt, die "Einkehr in das deutsche Volkstum"
verdanken. Der Popularität Ludwig Richters -- das Wort im besten Sinne
genommen -- entspricht jedoch keineswegs das geringe Maß dessen, was wir
über die Entwicklung und die persönlichen Eigenschaften des Künstlers wissen.
Alle biographischen Darstellungen von Ludwig Richters Leben sind zurückzu¬
führen auf die grundlegende Schilderung, welche Otto Jahr zuerst in diesen
Blättern (Grenzboten 1852, Ur. 5) und dann in überarbeiteter Fassung in der
dritten und den folgenden Auflagen des Richter-Albums gegeben hat.")

Jcihu schöpfte seine Angaben zum Teil aus persönlicher Bekanntschaft mit
dem Meister und dessen Verleger Georg Wigand, zum Teil folgte er jedoch
auch den Mitteilungen des bekannten Kunstfreundes von Quandt. welcher im
Jahre 1848 in einem Schreibe" an Ernst Förster "Nachrichten über Ludwig
Richter" veröffentlicht hatte."") Nicht viel mehr als Jahu konnte Hermann Steinfeld
bieten, als er im Jahre 1877 Hvffs sorgfältiger Zusammenstellung von Richters
Ölgemälden und Radirungen eine kurze Lebcnsskizze des Künstlers vorausschickte.
Dies war bis vor kurzem das einzige biographische Material, welches demjenigen
zu gehste stand, der den Künstler Ludwig Richter durch seine Arbeiten lieb
gewonnen hatte und deshalb auch den Menschen kennen lernen wollte.

Unter Otto Jahns Angaben war diejenige wohl die wertvollste, welche auf
den Ursprung von Richters eigentümlicher Auffassung der engen Zusammen¬
gehörigkeit von Natur- und Menschenleben in dem Landschaftsbilde aufmerksam
machte. Diese Auffassung hatte sich dem Künstler in dem Umgänge mit seinem
Freunde Julius Schuorr von Carolsfeld aufgedrängt und war durch eine
Staffage des letzteren für Richters Bild von Amalfi zu einem bleibenden
künstlerischen Grundsatze geworden, den er fortan in allen seinen Arbeiten fest¬
hielt. Da ist es nun von Bedeutung, daß wir seit kurzer Zeit noch einen
weiteren Beleg für die innige Freundschaft haben, die Richter für Schuorr hegte.
Derselbe ist enthalten in einem Briefe Richters an Schmorr aus der Zeit seines
Meißener Aufenthaltes. Leider an einer Stelle zum Abdruck gelaugt, wo ihn
niemand sucht, in dem ersten Hefte der Mitteilungen des Vereins für Geschichte
der Stadt Meißen (Meißen. 1882. S. 117 bis 119), ist er bis jetzt nicht in
der Weise bekannt geworden, wie er es um seiner Bedeutung willen verdient.
Wir sehen aus demselben nicht nur, welchen großen Einfluß Schmorrs Land-
schaftszeichnuiigen auf Richters eigne Arbeite" gehabt haben,""") so"der" finden





Jetzt am bequemsten und in nochmals erweiterter Gestalt zu lesen in Jahns Bio¬
graphischen Aufsätzen. (Leipzig, 1866, S. 221 bis 28S.) Es ist charakteristisch, daß Ueber
diese Arbeit Jahns nicht kennt, und sich begnügt, den betreffenden Abschnitt aus Pechts
Biographien zu zitiren.
") Vergl. Kunstblatt 1848. Ur, 60. S. 239 bis 240.
""") -- ..ich möchte gern ein Jahr mit eine (!) Deiner Schüler tauschen, an noch etwas
Rechts zu lernen, denn Deine schonen Landschaftszeichnungen gehen mir noch im Kopfe herum,

Richter, dein wir, wie Springer sagt, die „Einkehr in das deutsche Volkstum"
verdanken. Der Popularität Ludwig Richters — das Wort im besten Sinne
genommen — entspricht jedoch keineswegs das geringe Maß dessen, was wir
über die Entwicklung und die persönlichen Eigenschaften des Künstlers wissen.
Alle biographischen Darstellungen von Ludwig Richters Leben sind zurückzu¬
führen auf die grundlegende Schilderung, welche Otto Jahr zuerst in diesen
Blättern (Grenzboten 1852, Ur. 5) und dann in überarbeiteter Fassung in der
dritten und den folgenden Auflagen des Richter-Albums gegeben hat.")

Jcihu schöpfte seine Angaben zum Teil aus persönlicher Bekanntschaft mit
dem Meister und dessen Verleger Georg Wigand, zum Teil folgte er jedoch
auch den Mitteilungen des bekannten Kunstfreundes von Quandt. welcher im
Jahre 1848 in einem Schreibe» an Ernst Förster „Nachrichten über Ludwig
Richter" veröffentlicht hatte."") Nicht viel mehr als Jahu konnte Hermann Steinfeld
bieten, als er im Jahre 1877 Hvffs sorgfältiger Zusammenstellung von Richters
Ölgemälden und Radirungen eine kurze Lebcnsskizze des Künstlers vorausschickte.
Dies war bis vor kurzem das einzige biographische Material, welches demjenigen
zu gehste stand, der den Künstler Ludwig Richter durch seine Arbeiten lieb
gewonnen hatte und deshalb auch den Menschen kennen lernen wollte.

Unter Otto Jahns Angaben war diejenige wohl die wertvollste, welche auf
den Ursprung von Richters eigentümlicher Auffassung der engen Zusammen¬
gehörigkeit von Natur- und Menschenleben in dem Landschaftsbilde aufmerksam
machte. Diese Auffassung hatte sich dem Künstler in dem Umgänge mit seinem
Freunde Julius Schuorr von Carolsfeld aufgedrängt und war durch eine
Staffage des letzteren für Richters Bild von Amalfi zu einem bleibenden
künstlerischen Grundsatze geworden, den er fortan in allen seinen Arbeiten fest¬
hielt. Da ist es nun von Bedeutung, daß wir seit kurzer Zeit noch einen
weiteren Beleg für die innige Freundschaft haben, die Richter für Schuorr hegte.
Derselbe ist enthalten in einem Briefe Richters an Schmorr aus der Zeit seines
Meißener Aufenthaltes. Leider an einer Stelle zum Abdruck gelaugt, wo ihn
niemand sucht, in dem ersten Hefte der Mitteilungen des Vereins für Geschichte
der Stadt Meißen (Meißen. 1882. S. 117 bis 119), ist er bis jetzt nicht in
der Weise bekannt geworden, wie er es um seiner Bedeutung willen verdient.
Wir sehen aus demselben nicht nur, welchen großen Einfluß Schmorrs Land-
schaftszeichnuiigen auf Richters eigne Arbeite» gehabt haben,""") so»der» finden





Jetzt am bequemsten und in nochmals erweiterter Gestalt zu lesen in Jahns Bio¬
graphischen Aufsätzen. (Leipzig, 1866, S. 221 bis 28S.) Es ist charakteristisch, daß Ueber
diese Arbeit Jahns nicht kennt, und sich begnügt, den betreffenden Abschnitt aus Pechts
Biographien zu zitiren.
«) Vergl. Kunstblatt 1848. Ur, 60. S. 239 bis 240.
""") -- ..ich möchte gern ein Jahr mit eine (!) Deiner Schüler tauschen, an noch etwas
Rechts zu lernen, denn Deine schonen Landschaftszeichnungen gehen mir noch im Kopfe herum,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/199>, abgerufen am 22.07.2024.