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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Die Lucia-Bucht.

Artikel dieser Konvention vereinbarten Grenzen halten und ihr äußerstes thun,
um jeden ihrer Einwohner zu verhindern, daß er sich solcher Landstriche be¬
mächtige, die jenseits besagter Grenzen liegen. Die Regierung der "süd¬
afrikanischen Republik" wird an den östlichen und westlichen Grenzen Kommissare
ernennen, deren Pflicht es sein wird, sorgfältig über Unregelmäßigkeiten und
alle Verletzungen der Grenzen zu wachen. Die Negierung Ihrer Majestät
wird, salls es notwendig ist, in den Gebieten der Eingebornen jenseits
der Grenzen im Osten und im Westen der "südafrikanischen Republik"
Kommissare zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verhütung von
Überschreitungen einsetzen." Im vierten Artikel endlich wird bestimmt: "Die
"Südafrikanische Republik" wird weder mit einem ander"? Staate oder
Volke als dem Oranje-Freistaate einen Vertrag oder eine Verpflichtung ein¬
gehen, noch mit einem eingebornen Stamme östlich oder westlich von der
Republik, bis die Übereinkunft von Ihrer Majestät der Königin gebilligt
worden ist." Dieser Vertrag enthält kein Wort von einem einseitigen Pro¬
tektorate Großbritanniens über die eingebornen Stämme im Westen und im
Osten des Voernstaatcs, aber ebensowenig findet sich in ihm eine Klausel, welche
klar nud deutlich ein solches Protektorat der "südafrikanischen Republik" aus¬
spräche. Im Gegenteil bezweckt die Londoner Februarkonvention den Ausschluß
der Boers sowohl von den Gebieten der Betschuanen als von denen der Zulus
und verlangt für die Giltigkeit von Verträgen mit den einen oder den andern
vorherige Bestätigung derselben durch England. Der Vollsraad der Boers
nahm den von seinen Delegirten Krüger, Sinn und Dudon unterzeichneten
Vertrag nur mit lebhaftem Widerstreben an, und bald nachher begann eine
Bewegung, welche zu einer Verletzung der angeführten Bestimmungen im
Betschuanen- wie im Zululande führte. Sowohl dort als hier brachen Frei-
scharcn von Boers in das Land ein und gründeten neue Republiken, dort
Gösen, hier die "Nieuve Republik," und die Boernregierung übernahm die Schutz¬
herrschaft über Zululnnd. Nur zögernd zog sich die Regierung in Pretoria
von dieser Bewegung zurück, und vermutlich geschah dies mit Vorbehalt. England
aber rüstete die Warrcnsche Expedition gegen die Boers im Betschuauengebiete
aus, und da diese nach den neuesten Berichten Widerstand zu leisten entschlossen
sind, scheint es dort zum Kampfe kommen zu sollen. Von einem ähnlichen
Vorgehen der Engländer gegen die Boers im Osten war bis jetzt nicht die
Rede. Sollte man in London Gründe haben, davon abzusehen? Jedenfalls
darf man es mit der "National-Zeitung" bemerkenswert finden, "daß das
offiziöse Organ des deutschen Reichskanzlers in einem Augenblicke, wo allem
Anscheine nach eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Boeren, Engländern
und Eingebornen bevorsteht, das von den Engländern nicht nur nicht aner¬
kannte, sondern durch den oben charakterisirten Londoner Vertrag geradezu
beseitigte soir würden sagen, abgeschwächte, geteilte, auch England in gewissem


Die Lucia-Bucht.

Artikel dieser Konvention vereinbarten Grenzen halten und ihr äußerstes thun,
um jeden ihrer Einwohner zu verhindern, daß er sich solcher Landstriche be¬
mächtige, die jenseits besagter Grenzen liegen. Die Regierung der „süd¬
afrikanischen Republik" wird an den östlichen und westlichen Grenzen Kommissare
ernennen, deren Pflicht es sein wird, sorgfältig über Unregelmäßigkeiten und
alle Verletzungen der Grenzen zu wachen. Die Negierung Ihrer Majestät
wird, salls es notwendig ist, in den Gebieten der Eingebornen jenseits
der Grenzen im Osten und im Westen der „südafrikanischen Republik"
Kommissare zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verhütung von
Überschreitungen einsetzen." Im vierten Artikel endlich wird bestimmt: „Die
»Südafrikanische Republik« wird weder mit einem ander»? Staate oder
Volke als dem Oranje-Freistaate einen Vertrag oder eine Verpflichtung ein¬
gehen, noch mit einem eingebornen Stamme östlich oder westlich von der
Republik, bis die Übereinkunft von Ihrer Majestät der Königin gebilligt
worden ist." Dieser Vertrag enthält kein Wort von einem einseitigen Pro¬
tektorate Großbritanniens über die eingebornen Stämme im Westen und im
Osten des Voernstaatcs, aber ebensowenig findet sich in ihm eine Klausel, welche
klar nud deutlich ein solches Protektorat der „südafrikanischen Republik" aus¬
spräche. Im Gegenteil bezweckt die Londoner Februarkonvention den Ausschluß
der Boers sowohl von den Gebieten der Betschuanen als von denen der Zulus
und verlangt für die Giltigkeit von Verträgen mit den einen oder den andern
vorherige Bestätigung derselben durch England. Der Vollsraad der Boers
nahm den von seinen Delegirten Krüger, Sinn und Dudon unterzeichneten
Vertrag nur mit lebhaftem Widerstreben an, und bald nachher begann eine
Bewegung, welche zu einer Verletzung der angeführten Bestimmungen im
Betschuanen- wie im Zululande führte. Sowohl dort als hier brachen Frei-
scharcn von Boers in das Land ein und gründeten neue Republiken, dort
Gösen, hier die „Nieuve Republik," und die Boernregierung übernahm die Schutz¬
herrschaft über Zululnnd. Nur zögernd zog sich die Regierung in Pretoria
von dieser Bewegung zurück, und vermutlich geschah dies mit Vorbehalt. England
aber rüstete die Warrcnsche Expedition gegen die Boers im Betschuauengebiete
aus, und da diese nach den neuesten Berichten Widerstand zu leisten entschlossen
sind, scheint es dort zum Kampfe kommen zu sollen. Von einem ähnlichen
Vorgehen der Engländer gegen die Boers im Osten war bis jetzt nicht die
Rede. Sollte man in London Gründe haben, davon abzusehen? Jedenfalls
darf man es mit der „National-Zeitung" bemerkenswert finden, „daß das
offiziöse Organ des deutschen Reichskanzlers in einem Augenblicke, wo allem
Anscheine nach eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Boeren, Engländern
und Eingebornen bevorsteht, das von den Engländern nicht nur nicht aner¬
kannte, sondern durch den oben charakterisirten Londoner Vertrag geradezu
beseitigte soir würden sagen, abgeschwächte, geteilte, auch England in gewissem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/180>, abgerufen am 22.07.2024.