Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Arabische Rriegführunz. Natürlich sind diese Wüstenkrieger mit ihren unvollkommenen Waffen und Arabische Rriegführunz. Natürlich sind diese Wüstenkrieger mit ihren unvollkommenen Waffen und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0631" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/155514"/> <fw type="header" place="top"> Arabische Rriegführunz.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2500"> Natürlich sind diese Wüstenkrieger mit ihren unvollkommenen Waffen und<lb/> ihrer elementarischen Kriegführung für Truppen zivilisirter Völker, wenn die<lb/> betreffende Gegend sich nicht zu Hinterhalten und Überfällen eignet, trotz ihrer<lb/> Todesverachtung nicht sehr gefährliche Gegner. Ihr wildes Äußere und ihr<lb/> furchtbares Geschrei beim Angriffe jagte wohl die kaum gedrillten und gründlich<lb/> feigen Ägypter Bakers ins Bockshorn, aber nicht die „schwarze Wache" und<lb/> die Fünfundsechziger Gradaus. Mit unglaublicher Schnelligkeit und, wie es<lb/> schien, mit verzweifelter Entschlossenheit stürmten sie gegen die englischen Hoch¬<lb/> länder und Rotröcke heran, aber rasch aufeinanderfolgende Salven hemmten<lb/> bald ihren Lauf, und vor dem Anblicke eines wohlgeformten Karrees prallten<lb/> sie zurück, um sich zur Flucht zu wenden. Ähnlich erging es bei andern Zu¬<lb/> sammenstößen orientalischer Krieger mit modernen Truppe». In Afghanistan<lb/> stürzten sich muslimische Fanatiker, angetrieben von ihren Heiligen und Der¬<lb/> wischen, mit erstaunlicher Begeisterung in die Schlacht, aber ein kräftiger Em¬<lb/> pfang mit Infanterie- und Artilleriefeucr verwandelte gewöhnlich den Sturm in<lb/> Flucht und die religiöse Glut in panischen Schrecken. In Algerien ferner<lb/> schlugen die Franzosen den Aufstand der Araber, da sie besser bewaffnet als<lb/> diese und etwa gleichstark an Zahl waren, zuletzt nieder. Aber die Niederlage<lb/> der Engländer bei Kandahar ist noch unvergessen, und in Algerien währte der<lb/> Kampf, allerdings auch infolge der Natur und des Klimas des Landes, Jahr'<lb/> zehnte hindurch. Wenige Heere haben eine so große Unerschrockenheit und Aus¬<lb/> dauer an den Tag gelegt als die Scharen Abd el Katers gegenüber den Fran¬<lb/> zosen, und die Lektion, die damals den Europäern erteilt wurde, sollte in<lb/> England auch nach Gradaus Sieg unvergessen bleiben. Osman Digna mag<lb/> kein so energischer Charakter sein wie andre Feldherrn der muslimischen Welt,<lb/> aber die Leute, die er befehligt, gleichen doch in vielen ihrer Zügen denen,<lb/> welche wiederholt die tapfersten französischen Truppen bis an die Sceküste zurück¬<lb/> trieben, und sie scheinen von derselben Glaubensschwärmerei beseelt zu sein,<lb/> welche die grüne Fahne des Propheten triumphirend von Land zu Land, bis<lb/> nach Spanien und Indien trug und Europa zwei Jahrhunderte mit Furcht und<lb/> Schrecken erfüllte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0631]
Arabische Rriegführunz.
Natürlich sind diese Wüstenkrieger mit ihren unvollkommenen Waffen und
ihrer elementarischen Kriegführung für Truppen zivilisirter Völker, wenn die
betreffende Gegend sich nicht zu Hinterhalten und Überfällen eignet, trotz ihrer
Todesverachtung nicht sehr gefährliche Gegner. Ihr wildes Äußere und ihr
furchtbares Geschrei beim Angriffe jagte wohl die kaum gedrillten und gründlich
feigen Ägypter Bakers ins Bockshorn, aber nicht die „schwarze Wache" und
die Fünfundsechziger Gradaus. Mit unglaublicher Schnelligkeit und, wie es
schien, mit verzweifelter Entschlossenheit stürmten sie gegen die englischen Hoch¬
länder und Rotröcke heran, aber rasch aufeinanderfolgende Salven hemmten
bald ihren Lauf, und vor dem Anblicke eines wohlgeformten Karrees prallten
sie zurück, um sich zur Flucht zu wenden. Ähnlich erging es bei andern Zu¬
sammenstößen orientalischer Krieger mit modernen Truppe». In Afghanistan
stürzten sich muslimische Fanatiker, angetrieben von ihren Heiligen und Der¬
wischen, mit erstaunlicher Begeisterung in die Schlacht, aber ein kräftiger Em¬
pfang mit Infanterie- und Artilleriefeucr verwandelte gewöhnlich den Sturm in
Flucht und die religiöse Glut in panischen Schrecken. In Algerien ferner
schlugen die Franzosen den Aufstand der Araber, da sie besser bewaffnet als
diese und etwa gleichstark an Zahl waren, zuletzt nieder. Aber die Niederlage
der Engländer bei Kandahar ist noch unvergessen, und in Algerien währte der
Kampf, allerdings auch infolge der Natur und des Klimas des Landes, Jahr'
zehnte hindurch. Wenige Heere haben eine so große Unerschrockenheit und Aus¬
dauer an den Tag gelegt als die Scharen Abd el Katers gegenüber den Fran¬
zosen, und die Lektion, die damals den Europäern erteilt wurde, sollte in
England auch nach Gradaus Sieg unvergessen bleiben. Osman Digna mag
kein so energischer Charakter sein wie andre Feldherrn der muslimischen Welt,
aber die Leute, die er befehligt, gleichen doch in vielen ihrer Zügen denen,
welche wiederholt die tapfersten französischen Truppen bis an die Sceküste zurück¬
trieben, und sie scheinen von derselben Glaubensschwärmerei beseelt zu sein,
welche die grüne Fahne des Propheten triumphirend von Land zu Land, bis
nach Spanien und Indien trug und Europa zwei Jahrhunderte mit Furcht und
Schrecken erfüllte.
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