Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Auf der Leiter des Glücks. Aber man sitzt doch nicht immer im Sattel, Wie kann man sich zu Fuß So geh ins Kloster. Ich muß schreiben. Wie unglücklich ich bin! Und Hermione trat wieder ans Fenster, nicht Auf jeden Fall muß ich aus Bertholds eignem Munde hören, was er Auch in Betreff des Prinzen? warf Frau von Mockritz mit einem Achsel¬ Ich werde schon etwas ersinnen. Er ist die Offenheit selbst. Auch ich Es muß wohl seine Gründe haben, liebes Kind. Frau von Mockritz er¬ Also ehe wir auch nur sicher sind, daß nicht alles ein leeres Dienstboten¬ Ist es das gewesen, so hat dein Bräutigam morgen natürlich nichts Eili¬ So gieb mir das Brouillon, sagte Hermione, ich weiß mir ja nicht zu Sie versuchte zu schreiben, aber es ging nicht. Ihre Thränen tropften aus Werde nur erst wieder ruhig, sagte die Mutter; bedenke das Wort: ab¬ Auf der Leiter des Glücks. Aber man sitzt doch nicht immer im Sattel, Wie kann man sich zu Fuß So geh ins Kloster. Ich muß schreiben. Wie unglücklich ich bin! Und Hermione trat wieder ans Fenster, nicht Auf jeden Fall muß ich aus Bertholds eignem Munde hören, was er Auch in Betreff des Prinzen? warf Frau von Mockritz mit einem Achsel¬ Ich werde schon etwas ersinnen. Er ist die Offenheit selbst. Auch ich Es muß wohl seine Gründe haben, liebes Kind. Frau von Mockritz er¬ Also ehe wir auch nur sicher sind, daß nicht alles ein leeres Dienstboten¬ Ist es das gewesen, so hat dein Bräutigam morgen natürlich nichts Eili¬ So gieb mir das Brouillon, sagte Hermione, ich weiß mir ja nicht zu Sie versuchte zu schreiben, aber es ging nicht. Ihre Thränen tropften aus Werde nur erst wieder ruhig, sagte die Mutter; bedenke das Wort: ab¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0476" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/155359"/> <fw type="header" place="top"> Auf der Leiter des Glücks.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1895"> Aber man sitzt doch nicht immer im Sattel, Wie kann man sich zu Fuß<lb/> neben einem Zwerge sehen lassen! Vurgstadt müßte auf den Schemel steigen,<lb/> um mir etwas ins Ohr zu sagen. Und nun dagegen der Amerikaner! Sie<lb/> blickte in die Höhe und setzte mit unbewußter Komik hinzu: Berthold reichte mit<lb/> seinem Kopfwirbel bis an die Prismen unsers Kronleuchters!</p><lb/> <p xml:id="ID_1896"> So geh ins Kloster. Ich muß schreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1897"> Wie unglücklich ich bin! Und Hermione trat wieder ans Fenster, nicht<lb/> ohne im Spiegel desselben ihre in Unordnung gekommene Frisur mit einer<lb/> Wichtigkeit zu schlichten, als solle sie sich ihre beiden neuen Freier im nächsten<lb/> Augenblicke vorstellen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1898"> Auf jeden Fall muß ich aus Bertholds eignem Munde hören, was er<lb/> gegen mich hat, rief sie dann wieder, er hat mich mißverstanden, ich werde mich<lb/> rechtfertigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1899"> Auch in Betreff des Prinzen? warf Frau von Mockritz mit einem Achsel¬<lb/> zucken hin, ohne ihr Schreiben zu unterbrechen; es war ihr nicht entgangen,<lb/> daß Hermione für diese delikate Seite kein Ohr hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1900"> Ich werde schon etwas ersinnen. Er ist die Offenheit selbst. Auch ich<lb/> werde ganz offen gegen ihn sein. Laß mich nur machen. Ich habe mir nichts<lb/> vorzuwerfen, oder zum wenigsten — Sie nahm die Photographien in die Hand.<lb/> Denn ich bitte dich, Mama, fuhr sie fort, was soll ich mit jenen beiden? Der<lb/> eine will nur mit mir Staat machen, und der andre ist eifersüchtig, wie dn<lb/> mir selbst früher sagtest — bei fünf Fuß vier Zoll noch eifersüchtig zu sein! —,<lb/> ich begreife nicht, Mama, daß du nach so langer Kurzen mir keine bessern An¬<lb/> trage bringen konntest!</p><lb/> <p xml:id="ID_1901"> Es muß wohl seine Gründe haben, liebes Kind. Frau von Mockritz er¬<lb/> hob sich. Hier, setze dich, sagte sie; du brauchst das Brouillon nur ins Reine<lb/> zu schreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1902"> Also ehe wir auch nur sicher sind, daß nicht alles ein leeres Dienstboten¬<lb/> gerede war?</p><lb/> <p xml:id="ID_1903"> Ist es das gewesen, so hat dein Bräutigam morgen natürlich nichts Eili¬<lb/> geres zu thun, als hierher zu eilen, um dich fußfällig um Zurücknahme deines<lb/> Entschlusses zu bitten. Der Brief ist so abgefaßt, daß nicht alle Brücken ab¬<lb/> gebrochen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1904"> So gieb mir das Brouillon, sagte Hermione, ich weiß mir ja nicht zu<lb/> raten, Mama. Bedenke doch meine Lage!</p><lb/> <p xml:id="ID_1905"> Sie versuchte zu schreiben, aber es ging nicht. Ihre Thränen tropften aus<lb/> jedes neue Blatt, das sie zu beschreiben begann. Er war so gut gegen mich!<lb/> rief sie dazwischen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1906"> Werde nur erst wieder ruhig, sagte die Mutter; bedenke das Wort: ab¬<lb/> gewiesen! Man würde ihm irgend einen unsrer militärischen Vettern auf den<lb/> Hals schicken müssen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0476]
Auf der Leiter des Glücks.
Aber man sitzt doch nicht immer im Sattel, Wie kann man sich zu Fuß
neben einem Zwerge sehen lassen! Vurgstadt müßte auf den Schemel steigen,
um mir etwas ins Ohr zu sagen. Und nun dagegen der Amerikaner! Sie
blickte in die Höhe und setzte mit unbewußter Komik hinzu: Berthold reichte mit
seinem Kopfwirbel bis an die Prismen unsers Kronleuchters!
So geh ins Kloster. Ich muß schreiben.
Wie unglücklich ich bin! Und Hermione trat wieder ans Fenster, nicht
ohne im Spiegel desselben ihre in Unordnung gekommene Frisur mit einer
Wichtigkeit zu schlichten, als solle sie sich ihre beiden neuen Freier im nächsten
Augenblicke vorstellen lassen.
Auf jeden Fall muß ich aus Bertholds eignem Munde hören, was er
gegen mich hat, rief sie dann wieder, er hat mich mißverstanden, ich werde mich
rechtfertigen.
Auch in Betreff des Prinzen? warf Frau von Mockritz mit einem Achsel¬
zucken hin, ohne ihr Schreiben zu unterbrechen; es war ihr nicht entgangen,
daß Hermione für diese delikate Seite kein Ohr hatte.
Ich werde schon etwas ersinnen. Er ist die Offenheit selbst. Auch ich
werde ganz offen gegen ihn sein. Laß mich nur machen. Ich habe mir nichts
vorzuwerfen, oder zum wenigsten — Sie nahm die Photographien in die Hand.
Denn ich bitte dich, Mama, fuhr sie fort, was soll ich mit jenen beiden? Der
eine will nur mit mir Staat machen, und der andre ist eifersüchtig, wie dn
mir selbst früher sagtest — bei fünf Fuß vier Zoll noch eifersüchtig zu sein! —,
ich begreife nicht, Mama, daß du nach so langer Kurzen mir keine bessern An¬
trage bringen konntest!
Es muß wohl seine Gründe haben, liebes Kind. Frau von Mockritz er¬
hob sich. Hier, setze dich, sagte sie; du brauchst das Brouillon nur ins Reine
zu schreiben.
Also ehe wir auch nur sicher sind, daß nicht alles ein leeres Dienstboten¬
gerede war?
Ist es das gewesen, so hat dein Bräutigam morgen natürlich nichts Eili¬
geres zu thun, als hierher zu eilen, um dich fußfällig um Zurücknahme deines
Entschlusses zu bitten. Der Brief ist so abgefaßt, daß nicht alle Brücken ab¬
gebrochen werden.
So gieb mir das Brouillon, sagte Hermione, ich weiß mir ja nicht zu
raten, Mama. Bedenke doch meine Lage!
Sie versuchte zu schreiben, aber es ging nicht. Ihre Thränen tropften aus
jedes neue Blatt, das sie zu beschreiben begann. Er war so gut gegen mich!
rief sie dazwischen.
Werde nur erst wieder ruhig, sagte die Mutter; bedenke das Wort: ab¬
gewiesen! Man würde ihm irgend einen unsrer militärischen Vettern auf den
Hals schicken müssen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |